Rehabilitation (Stuttg) 2009; 48(4): 247-251
DOI: 10.1055/s-0029-1233484
Aus der DVfR

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Die Nutzung der ICF bei der Ausgestaltung der Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben (berufliche Rehabilitation) – Empfehlung der Deutschen Vereinigung für Rehabilitation vom 31.3.2009

Use of the ICF in Shaping Benefits for Participation in Working Life (Vocational Rehabilitation) – Recommendations of the German Society for Rehabilitation, DVfR as of March 31, 2009Deutsche Vereinigung für Rehabilitation1
  • Deutsche Vereinigung für Rehabilitation e. V. (DVfR), Heidelberg
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Publication History

Publication Date:
17 August 2009 (online)

Präambel

Der Hauptvorstand der Deutschen Vereinigung für Rehabilitation (DVfR) hat im Oktober 2007 ein Positionspapier zur „Anwendung der ICF in der beruflichen Rehabilitation” verabschiedet.[1] Zugleich hat er einen Ad-hoc-Ausschuss eingesetzt und diesem die Aufgabe übertragen, Empfehlungen zur Nutzung der ICF in der beruflichen Rehabilitation zu erarbeiten. Dem von Prof. Dr. Wolfgang Seyd, Hamburg, geleiteten Ausschuss gehörten Mitglieder aus allen relevanten Bereichen der beruflichen Rehabilitation an: Vertreter der Rehabilitationsträger, des Startseite vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS), der Leistungserbringer, der Leistungsberechtigten wie auch der Wissenschaft.[2]

Die nun vorgelegte Empfehlung der DVfR soll dazu beitragen, die Internationale Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit (ICF) zukünftig im gesamten Bereich der beruflichen Rehabilitation zu nutzen. Leistungen sollen mit Hilfe der ICF an den Bedürfnissen der Leistungsberechtigten ausgerichtet und qualitativ verbessert werden.[2]

Langfristig wären einheitliche und standardisierte Nutzungsformen der ICF sinnvoll; diese müssen zunächst noch entwickelt und anschließend in der Praxis systematisch erprobt werden. Denn die ICF stellt ein Modell dar, keine Methode. Sie ist kein Assessment, kann aber für die Entwicklung von Assessments genutzt werden. Mit der ICF kann sowohl die Person des Leistungsberechtigten und deren Situation mehrdimensional („bio-psycho-sozial”) abgebildet als auch die Entwicklung ihrer Persönlichkeit, ihrer Qualifikationen und Kompetenzen dargestellt werden.

Eine breite Anwendung der ICF unterstützt Interdisziplinarität und wechselseitige Transparenz, sowohl unter den Akteuren in der beruflichen Rehabilitation als auch zwischen Mitarbeitern der Leistungserbringer, der Rehabilitationsträger und nicht zuletzt den Leistungsberechtigten.

Buchbesprechung

Irgendjemand lacht in mir

S. Ramos-Bulik

Aus dem Schizophrenen übersetzt von Susan Schmidt Berlin: Mensch & Buch, 2008; 2., überarb. u. verkürzte Auflage; 14,90 EUR ISBN 3-86664-187-7 / 978-3-86664-187-7

„Irgendjemand lacht (sozusagen zum zweiten Mal) in mir” ; das Buch von Sven Ramos-Bulik und Susan Schmidt hat eine zweite Aufl age erfahren und zeigt ergänzend ab Seite 123 einige Bilder von Ramos. Der Autor nennt sich nach seinem kubanischen Vater Ramos, nicht Sven – vielleicht weil Sven „junger Mann”, „ Junge” (Wikipedia) heißt, er sich aber männlich fühlt, fühlen will(?). Ramos, das klingt anders als Sven, klingt nach Abenteuer und wie Musik, Rumba, Habanera, Salsa. So wie das klingt, scheint er sich auf Seite 129 zu präsentieren: Ein Mann, ein ganzer Kerl, „groß und kräftig” (S. 105). „Was kostet die Welt? Ich stehe mitten drin!”, so mutet mich das Bild auf den ersten Blick an.

Etwas länger hin gesehen, kippt der Eindruck. Er steht, obwohl breitbeinig, nicht standfest, das linke Bein kaum mit Bodenhaftung; die Schultern nicht so selbstbewusst wie sie breit sind, sondern eher zweifelnd. Und dann das Gesicht in dem leicht eingezogenen, leicht nach links geneigten, leicht vorgebeugten Kopf – doch der etwas großgeratene Junge? … ein Knabengesicht, faltenlos, weich mit androgynen (S. 71) Zügen. Ich interpretiere das in das Bild hinein, weil ich den Text kenne. Im Text stehen die vermeintliche Großspurigkeit und das verängstigte Kerlchen, der maskuline Typ, der Macho, und sein Alter Ego, Margarita, die Fee – die Hexe, unverbunden, unversöhnlich nebeneinander. Sie sind getrennt, mindestens zwei in einer Person, entweder – oder, nicht weich ineinander überfließend wie im optischen Eindruck, den mir das Bild vermittelt.

Mal ist Ramos Ramos, mal Christus, mal personifi zierte Angst, mal Außerirdischer, und immer wieder, fast auf jeder Seite, Margarita, seine Beraterin, die ihn aufbaut und stützt; sein Teufel (S. 70), die ihn für schwul erklärt, was ihm absolut nicht passt, die ihn beherrscht, verlacht, mit ihm macht, was sie, nicht was er will. In diesen Rissen, Gletscherspalten gleich, kilometertief und so gut getarnt, dass er immer wieder, unentrinnbar, in sie hinein stolpert, lacht irgendjemand, mal leise, kaum hörbar, mal laut und bodenlos, grundlos, vom Echo verzerrt bis zum Schrei, den man eher in den Schluchten zwischen den Zeilen als in den Zeilen selbst hört.

Für den Leser ist es nicht leicht, sich in dem Kaleidoskop der um und um geschüttelten Scherben einer Person, diesen Persönlichkeitssplittern zurechtzufi nden. Und genau das ist es, was diese Schizophrenie kennzeichnet. Wer dieses Chaos erahnen will, sich zutraut, lese das Buch von Ramos, der die Krankheit ertragen, erlitten hat, der an ihr bis zu Suizidabsichten fast zerbrochen ist. Ein authentisches und deshalb kein gefälliges Buch; kein Roman, keine Erzählung, sondern von Susan Schmidt und Ramos ausgewählte Tagebuchnotizen, Erinnerungsfragmente.
Henning Hallwachs, Hamburg

1 Siehe Anlage 1 zu dieser Empfehlung unter: www.dvfr.de (Stellungnahmen).

2 Zur Zusammensetzung des Ausschusses siehe unter:www.dvfr.de (Fachausschüsse).

3 „Dabei sichern die Rehabilitationsträger durchgehend das Verfahren entsprechend dem jeweiligen Bedarf und gewährleisten, dass die wirksame und wirtschaftliche Ausführung der Leistungen nach gleichen Maßstäben und Grundsätzen erfolgt” (§ 10 Abs. 1 SGB IX).

4 So sollen „Begutachtungen möglichst nach einheitlichen Grundsätzen durchgeführt werden” (§ 12 Abs. 1 Ziffer 4 SGB IX).

5 5 ICF-Praxisleitfaden 1: „Träger übergreifender Leitfaden für die praktische Anwendung der ICF beim Zugang zur Rehabilitation” und ICF-Praxisleitfaden 2: „Trägerübergreifende Informationen und Anregungen für die praktische Nutzung der ICF in medizinischen Rehabilitationseinrichtungen”, verfügbar unter: www.bar-frankfurt.de.

6 Siehe Anlage 2 zu dieser Empfehlung unter: www.dvfr.de (Stellungnahmen).

7 Die Kapitel stellen die erste Ebene der Klassifi kation dar, Buchstabe und dreistellige Ziff ern die zweite Ebene (Kurzversion), Buchstabe und vierbzw. f ünfstellige Ziff ern die dritte bzw. vierte Ebene (Vollversion).

Korrespondenzadresse

Deutsche Vereinigung für Rehabilitation

Friedrich-Ebert-Anlage 9

69117 Heidelberg

Email: info@dvfr.de

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