Aktuelle Dermatologie 2010; 36(3): 99-103
DOI: 10.1055/s-0029-1214944
Von den Wurzeln unseres Fachs

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Des Kindes Ernährung – gestern, heute und morgen und vom Überleben zum Besserleben

Nutrition in Infancy – Yesterday, Today and Tomorrow and from the Survival to a Better LifeW.  Nützenadel1
  • 1Abteilung für Kinder- und Jugendmedizin, Universitätsklinikum Mannheim, Universität Heidelberg
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Publication Date:
14 October 2009 (online)

Zusammenfassung

Die Säuglingsernährung ohne mütterliche Milch wurde bereits im Altertum mit Ammenmilch und auch artfremder Milch durchgeführt, jedoch ermöglichen erst analytische Verfahren zur Zusammensetzung der Milchen Mitte des 19. Jahrhunderts eine Adaptation der Kuhmilch an die Frauenmilch. Zum Ausgleich des hohen Protein- und Mineralgehaltes der Kuhmilch wurde diese verdünnt und zum Ausgleich der durch die Verdünnung verloren gegangenen Kalorien Kohlenhydrate zugefügt. Die richtige Rezeptur für diese Vorgehen war für Jahrzehnte in der Diskussion, bis industriell-technische Verfahren mit der Modifikation einzelner Nahrungsbestandteile einen weitgehenden Angleich der chemischen Komposition der Kuhmilch an die Frauenmilch ermöglichten. Neben den Veränderungen der Zusammensetzung haben andere Innovationen, wie hygienische Standards, die Entwicklung von Saugern und Flaschen, von Pulvermilchen u. a., zu den Erfolgen der künstlichen Ernährung beigetragen. Die heute industriell hergestellten Säuglingsnahrungen sind in ihrer Zusammensetzung weitgehend standardisiert und haben gegenüber der Muttermilch nur noch geringe nutritive Nachteile; wegen zahlreicher biologischer und psychologischer Vorteile ist Stillen jedoch die bevorzugte Art der Säuglingsernährung.

Abstract

Infant's nutrition by wet nurses or with milk of animals has been reported from ancient times. Successful artificial feeding and the adaptation process of humanization of cow's milk started with the chemical analysis of milks in the midst of the 19. century. The high contents of proteins and minerals were corrected by dilution and adding carbohydrates to restore the density of calories. The discussion about the details of the best composition of the formula lasted several decades until advanced technical procedures allowed a very similar chemical composition of human and artificial milk; other technical innovation, like improved hygiene, development of feeding-bottles and dummies, of powder-milk and other, contributed to the success of artificial feeding. Now, commercially available infant's formula are standardized, their chemical composition is quite similar to mother's milk, and the nutritional disadvantages of artificial feeding compared to breast feeding is quite small; but biological and psychological factors make mother's milk the best choice for infant feeding.

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Prof. Dr. Walter Nützenadel

Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin

Theodor-Kutzer-Ufer 1 – 3
68167 Mannheim

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