Nuklearmedizin 2022; 61(02): 75
DOI: 10.1055/a-1780-1418
Liebe Leser

Vorwort

Die Anfänge der Nuklearmedizin können von 1954 bis in die 1960er-Jahre datiert werden. Die Ursprünge finden sich im Bereich experimenteller Laboratorien, aus denen heraus Erkenntnisse in die medizinische Anwendung transferiert wurden. Die Bildgebung spielte zunächst eine nachgeordnete Rolle. In dieser frühen Phase waren sowohl die kernphysikalische Entwicklung bzw. Anwendung, die Radiochemie und Radiopharmazie, aber auch die medizinische Messtechnik essenzielle Bereiche der Nuklearmedizin; sie wurden auch im Fach selbst weiterentwickelt.

Mit der zunehmenden Etablierung nuklearmedizinischer Methoden in der Klinik traten die Grundlagenentwicklungen innerhalb der Einrichtungen in den Hintergrund. Sowohl Radiopharmazeutika wie auch die Geräte mit ihrer Entwicklung und die Datenanalyse wurden zunehmend kommerziell erhältlich. Gleichwohl hatte die universitäre Forschung im Bereich der Nuklearmedizin weiterhin eine große Bedeutung.

In der frühen Phase der Nuklearmedizin wurden bereits die wesentlichen Pfeiler gesetzt: In-vitro-Diagnostik (RIA, später IRMA), In-vivo-Diagnostik mittels Messsonden oder Bildgebung – statisch und dynamisch – mit quantitativen Daten und die Radionuklidtherapie. Ohne es so zu benennen, wurde von Anfang an Theranostik betrieben, die jetzt eine immer größere Bedeutung erlangt. Die Theranostik der Schilddrüse hat das Fach Nuklearmedizin als klinisches Fach etabliert. Die hohe Kompetenz der Nuklearmedizin im Bereich der Schilddrüsendiagnostik und -therapie einschließlich der Patientenführung ist die Basis einer breiten Präsenz des Faches im niedergelassenen und stationären Bereich.

Naturgemäß hatte der Strahlenschutz für die Patienten, die Mitarbeiter und die Allgemeinbevölkerung stets eine große Bedeutung. So waren und sind Nuklearmediziner in entsprechenden Organisationen und Institutionen, wie z. B. der Strahlenschutzkommission des Bundesumweltministeriums (BMUV), intensiv und kompetent engagiert.

Die vorliegende Zusammenstellung hat den Charakter eines Essays. Sie befasst sich mit den Entwicklungen der Nuklearmedizin in den letzten etwa 20 Jahren und den Erwartungen für die Zukunft. Die Zusammenstellung der Beiträge mag heterogen wirken. Gleichzeitig kann sie als Darstellung der Vielfalt des Erinnerns und Denkens in der Nuklearmedizin verstanden werden. Die Autoren wurden um Beiträge zu den Themen gebeten, die aus den Überschriften ersichtlich sind.

Wegen der Lesbarkeit wurde nicht immer gendergerecht geschrieben. Das widerspricht der aktuellen Situation, in der gerade Frauen die Nuklearmedizin prägen und tragen. Andererseits war an dieser Stelle der Blick in die Vergangenheit gefragt: tempora mutantur et nos mutamur in illis.

Markus Essler, Bonn, und Kambiz Rahbar, Münster, haben uns zu einer Reflexion wichtiger Aspekte der Nuklearmedizin eingeladen. Zum 60. Kongress der DGN in Leipzig gratulieren wir unseren Kollegen wie auch allen Teilnehmerinnen und Teilnehmern sehr herzlich. Die Zukunft gehört auch der Nuklearmedizin!

Andreas Bockisch, Essen; Otmar Schober, Münster



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Article published online:
06 April 2022

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