Bei der metabolischen Chirurgie geht es um ein revolutionäres Therapiekonzept, das eine bisher traditionell internistisch behandelte Erkrankung, das metabolische Syndrom, erfolgreich minimal-invasiv chirurgisch angeht. Adipositas und assoziierte Erkrankungen wie Diabetes mellitus, arterielle Hypertonie, Dyslipidämie und nichtalkoholische Steatohepatitis bis hin zur schweren Leberzirrhose werden in den nächsten Jahren stark zunehmen. So wird erwartet, dass die nichtalkoholische fettinduzierte Leberzirrhose in den nächsten Jahren die häufigste Indikation zur Lebertransplantation darstellen wird. Die verfügbaren konservativen Therapiemöglichkeiten sind bis auf weiteres nicht in der Lage, diesem Problem nachhaltig Herr zu werden.

Bariatrische Operationen, die in der metabolischen Chirurgie zum Einsatz kommen, sind den konservativen internistischen Therapieansätzen hinsichtlich Wirksamkeit und Nachhaltigkeit deutlich überlegen. Sie bringen anhaltenden Gewichtsverlust, eine verbesserte Diabeteskontrolle, wenn nicht gar Diabetesremission, eine bessere Blutdruckeinstellung und Lipidsenkung [1, 2]. Dennoch wird die metabolische Chirurgie von vielen Diabetologen nicht als Alternative oder zumindest Option in Ergänzung zur konservativen Therapie angenommen. Dies spiegelt sich am deutlichsten in der Tatsache wider, dass die operative Therapie des Diabetes mellitus Typ 2 in den Therapieleitlinien der deutschen Diabetesgesellschaft kaum Erwähnung findet. Zukunftsweisender erscheint daher die Einstellung des Endokrinologen Matthias Blüher, welcher eine aktivere Rolle der Diabetologen in der Selektion von Patienten für die metabolische Chirurgie fordert [3].

Eine mögliche Ursache der fehlenden breiten Akzeptanz der metabolischen Chirurgie ist das fehlende Verständnis ihrer Wirkungsweise, wenngleich es schon ein breites Hypothesenfeld gibt. So ist es mittlerweile unbestritten, dass Kalorienrestriktion und Malabsorption nicht alleine den Effekt metabolischer Operationen erklären können. Darüber hinaus scheinen Veränderungen der Physiologie ausgelöst zu werden, welche die ursächlichen Probleme der Adipositas und des assoziierten metabolischen Syndroms adressieren. Marco Bueter und Kollegen haben die bestehenden Theorien zusammengefasst [3]. Das Verständnis der Mechanismen wird der metabolischen Chirurgie hoffentlich zu mehr Akzeptanz verhelfen. Darüber hinaus wird es möglicherweise zu neuen pharmakologischen Therapieansätzen führen, welche künftig genutzt werden können.

Trotz der offensichtlichen Vorteile der metabolischen Chirurgie bleiben viele Fragen offen. So ist einerseits die Frage nach dem „besten“ operativen Verfahren weiterhin nicht abschließend beantwortet. Jürgen Ordenmann und Kollegen versuchten für unser Schwerpunktheft trotz fehlender hochgradiger Evidenz, das Verfahren mit dem besten Nutzen-Risiko-Verhältnis herauszukristallisieren [4]. Die zweite wesentliche Frage ist diejenige nach einer geeigneten Patientenselektion. Bislang beruht diese hauptsächlich auf dem Body-Mass-Index. Da sich die bariatrische Chirurgie zwischenzeitlich zur metabolischen Chirurgie weiterentwickelt hat, liegt es auf der Hand, dass wir andere Selektionskriterien brauchen. Zum einen ist es unmöglich, alle Adipositas- und Diabetespatienten in Deutschland zu operieren, zum anderen ist es undenkbar, dass das Körpergewicht alleine die chirurgischen Erfolgsaussichten bei metabolisch Erkrankten voraussagen kann. Wir benötigen also adäquate Selektionskriterien, die uns helfen, die Zahl der zu operierenden Patienten zu senken und dabei die richtigen auszuwählen. Mario Colombo-Benkmann stellt diesbezüglich in seinem Beitrag die aktuellen Therapieleitlinien der Deutschen Adipositasgesellschaft vor und gibt einen Ausblick, in welche Richtung die Erforschung möglicher Selektionskriterien gehen muss [6].

Das Ziel unseres Schwerpunktheftes zur metabolischen Chirurgie war es, das aktuelle Wissen zusammenzutragen und letzten Endes ein ganzheitliches, interdisziplinäres und fallorientiertes Therapiekonzept für metabolisch Erkrankte zu ermöglichen.

Prof. Dr. Beat P. Müller-Stich

Prof. Dr. Markus W. Büchler