Zusammenfassung
Die Entwicklung der Psychotherapie gewann im letzten Jahrzehnt erheblich an Dynamik. In Österreich und vergleichbaren Ländern wurden Gesetzesvorhaben beschlossen oder stehen zur Beschlußfassung an, in denen die Psychotherapie als eigenständige Profession 2 anerkannt wird. Damit tritt die Psychotherapie in den Kreis von Professionen ein, die seit längerer Zeit etabliert sind und bereits einen besser gesicherten Status haben. Diese neue Lage der Psychotherapie bedeutet in mehrfacher Hinsicht eine Herausforderung und es stellt sich die Frage, ob nicht bisher kaum verwendetes Wissen zur Beschreibung dieser Situation herangezogen werden sollte. Obwohl das Schrifttum über den wissenschaftlichen Status der Psychotherapie und das Theorie-Praxis-Problem in den letzten Jahren erheblich angewachsen ist, bewegt sich die Diskussion oft in längst bekannten Bahnen.3 Wir sind der Ansicht, daß eine Kontextverschiebung der Diskussion Impulse für eine produktive Fortsetzung geben kann. Als Rahmen für eine den neuen Gegebenheiten angemessene Analyse bieten sich in erster Linie die Erkenntnisse der neueren Professionsforschung an.4 Von besonderer Bedeutung für das Verständnis moderner Professionalität gilt deren Beziehung zur Wissenschaft. Die Auseinandersetzung um das Verhältnis zwischen psychotherapeutischem Handeln und Forschung ist für das Verständnis der „Profession Psychotherapie“ zentral, und zwar nicht nur für den Diskurs innerhalb der Profession, sondern auch für das „Bild“ der Psychotherapie in der Öffentlichkeit und für die Auseinandersetzung um deren Autonomie und gesellschaftliche Integration.
„Vorstellungen existieren um der Begründung und Legitimierung, und das meint vor allem: um der Verläßlichkeit des Handelns willen. Entgegen dem äußeren Anschein stellen sie das eigentlich Faktische einer Kultur dar. Eine Norm wird in der Praxis eher verletzt, als daß ihre Geltung an sich in Frage gestellt würde. Dem Handeln dagegen wohnt, indem es eine Vorstellung in die Tat umsetzt und sich dabei gleichsam von der Basis löst, stets ein Moment der Unsicherheit inne; es bewirkt Bewegung, stellt einen ersten Schritt in die Zukunft, also quasi in ‚Neuland‘ dar und erscheint insofern immer mit einem gewissen Risiko behaftet.“ Klaus E. Müller, Das magische Universum der Identität
Danksagung: Mehr, als dies einzelne Zitierungen zum Ausdruck bringen, ist der Erstautor des vorliegenden Beitrages Michael B. Buchholz zu Dank verpflichtet. Die Diskussion mit ihm über psychotherapeutisches Handeln unter professionstheoretischen Gesichtspunkten ging in den Beitrag in mehrfacher Hinsicht ein. Ebenfalls zu danken ist den Hörerinnen und Hörern der von L. Reiter im Wintersemester 1995/96 an der Universität Wien gehaltenen Vorlesung zum Thema „Die professionelle Identität des Psychotherapeuten“ für die lebhafte Diskussion der vorgetragenen Thesen. Weiters gilt unser Dank Gerda Klammer, Stella Reiter-Theil und Roland Schleiffer für wertvolle Hinweise.
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