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Zusammenfassung

Die Besteigung der Lehrkanzel der speziellen Pathologie und Therapie und der medizinischen Klinik in Wien durch Skoda, seitherigen Primararzt im Allgemeinen Kranken-hause, ist jedenfalls in der Medizin ein wichtiges Ereignis, das von manchen wohl befürchtet, aber von noch viel mehreren gewünscht und gehofft wurde. Während meines jüngsten Aufenthaltes in Wien hörte ich nach des Klinikers Lippich Tod ziemlich allgemein Skoda als den Mann unter den österreichischen Ärzten bezeichnen, der würdig wäre, den Thron der medizinischen Cäsaren in Wien einzunehmen und Nachfolger eines Stoll, Frank, Hildebrand zu werden. — Skoda, ein Hauptförderet der neuesten medizinischen Richtung in Wien, der pathologisch-anatomisch und physikalisch-chemischen, ist jetzt Repräsentant dieser Schule in praxi, und mit Skoda und durch seine Erhebung zum klinischen Professor an einer der ersten und ruhmvollsten medizinischen Kliniken hat diese Schule, in welcher Ro-kitansky immer mit ehrendster Anerkennung zu nennen ist, ihr höchstes Ziel erreicht: Die Anerkennung und Würdigung ihres Strebens und Wirkens und die Aufgabe, Schüler in ihrem Geiste und Sinne, ihrer Anschauung und Auffassung, ihrer Denk- und Handlungsweise zu bilden. Sie vermag sich jetzt hiedurch eine gewaltige Herrschaft gegen und über alle ihr entgegenstehende und -strebende Schulen zu begründen. — Auf die praktische Medizin hat diese Schule bereits großen Einfluß geäußert, viel medizinischer Köhlerglauben, der sich in der Medizin fortgeerbt, vieles, das nur in der Phantasie, nicht in der Wirklichkeit bestand, viele veraltete Vorurteile verdanken bereits dieser Schule ihre Aufklärung; sie erstrebt jetzt besonders durch die physiolo-gische und pathologische Chemie eine weitere Aufhellung der organischen Prozesse, und sie sucht auch dadurch Indicata in ihrer Therapie zu erhalten, da sie die Indikationen anderer Schulen meistens verwirft und den Erfolg und die Wirkung von Heilmitteln, ob in homöopathisch verdünnter oder in allopathisch verdickter Gabe, größtenteils leugnet.

Archiv für physiologische Heilkunde, VII. Jahrgang, Stuttgart 1847, S. 320 bis 329.

1) In einem Briefe an den Regensburger Arzt und einstigen Wiener Studiengenossen Dr. Karl Gerster schreibt Wunderlich (27. Oktober 1846): „…Ihre Artikel über Wien sind gewiß willkommen und würden am besten in Form größerer Korrespondenzen sich eignen, ich denke je eine über Skoda, Hebra etc…. Wird Skoda, seit er offiziell Klinik halten muß, wohl endlich etwas mitteilsamer werden ? Mir kommt es vor, die Herren in Wien fangen an, die eigene wirkliche oder eingebildete Größe und Wichtigkeit nicht mehr recht ertragen zu können. Es wäre ganz gut, wenn einmal das jetzige Treiben dort, das, soviel ich — freilich nur von einzelnen zurückkehrenden Kandidaten und neugebackenen Doktoren — höre, eine Mischung von Stagnation und Selbstüberschätzung zu sein scheint, etwas näher betrachtet würde…“ (Vgl. Münchener Medizinische Wochenschrift 1904, Sudhoff, „W. Griesinger als Redakteur“.)

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  1. In einem Briefe an den Regensburger Arzt und einstigen Wiener Studiengenossen Dr. Karl Gerster schreibt Wunderlich (27. Oktober 1846): „…Ihre Artikel über Wien sind gewiß willkommen und würden am besten in Form größerer Korrespondenzen sich eignen, ich denke je eine über Skoda, Hebra etc…. Wird Skoda, seit er offiziell Klinik halten muß, wohl endlich etwas mitteilsamer werden ? Mir kommt es vor, die Herren in Wien fangen an, die eigene wirkliche oder eingebildete Größe und Wichtigkeit nicht mehr recht ertragen zu können. Es wäre ganz gut, wenn einmal das jetzige Treiben dort, das, soviel ich — freilich nur von einzelnen zurückkehrenden Kandidaten und neugebackenen Doktoren — höre, eine Mischung von Stagnation und Selbstüberschätzung zu sein scheint, etwas näher betrachtet würde…“ (Vgl. Münchener Medizinische Wochenschrift 1904, Sudhoff, „W. Griesinger als Redakteur“.)

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  2. Das Spital der barmherzigen Schwestern in Gumpen-dorf (Hauptstraße 195). Dasselbe wurde 1832 eröffnet. — Die ärztliche Behandlung leitete damals Dr. Fleisch mann durchaus nach der homöopathischen Methode.

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  3. Die Wasserheilkunde war in Wien zwar schon durch Fröhlich und Mauthner eifrigst propagiert worden (vgl. Fröhlich, Abhandlung über den Nutzen des kalten und lauen Wassers usw. Wien 1820, Mauthner, Heilkräfte des kalten Wasserstrahls, Wien 1837), dennoch war es erst dem „Naturarzt“. Vinzenz Prießnitz (†1851) in Gräienberg beschieden, der Messias der Hydrotherapie zu werden. Daß zu einer Zeit, wo die alte dogmatische Heilkunde zusammenbrach und sich ein therapeutischer Skeptizismus geltend zu machen begann, die Leidenden dem schlesischen Bauer zuströmten, um durch seine Panazee von ihrer „Ungesundheit“ befreit zu werden, ist sehr begreiflich. Ebenso nimmt es nicht Wunder, daß die damals wissenschaftlich noch nicht erklärten, aber unleugbaren Erfolge der Hydrotherapie die Vorkämpfer des therapeutischen Skeptizismus; beziehungsweise Nihilismus in ihren Anschauungen bestärken mußten. Das gleiche Verhältnis bestand zur Homöopathie, welche seit den dreißiger Jahren in Wien bedeutend an Terrain gewonnen hatte. „Der überlegene wissenschaftliche Standpunkt der neuen pathologisch-anatomischen Schule“, sagt Petersen (Hauptmomente in der geschichtlichen Entwicklung der medizinischen Therapie, Kopenhagen 1877, Seite 189), „und ihre absolute Verachtung alles alten mystischen Dynamismus beförderten wahrscheinlich anfangs den Einfluß der Homöopathie in indirekter Weise; diese erschien aber zur rechten Zeit, um durch ihre dynamischen Arzneien alle diejenigen Fälle zu ‚kurieren‘, gegen welche die kritische Wissenschaft hilflos war. Und die Homöopathie kurierte ihre Kranken wirklich, wenn auch nicht propter ihrer Dosen, so doch post. Hahnemanns Lehre übte also hier die wichtige Rückwirkung auf die naturwissenschaftliche Medizin, daß die Resultate der homöopathischen Praxis bezüglich der universellen Bedeutung der Naturheilkunde der Wiener Schule die Augen öffneten, zumal da die materialistischanatomische Grundanschauung der Schule die reelle Seite der homöopathischen Therapie, das psychische Moment nämlich, ganz verkannte“

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  4. Über die Zusammenarbeit Skodas mit Schuh auf dem Gebiete der Empyemoperation vgl. Mediz. Jahrbücher des österr. Staates, Bd. 26, 27, 34 usw.

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  5. In der Hauptsache beschränkte sich Skoda darauf, den mechanischen chirurgischen Prinzipien auf dem Gebiete der inneren Medizin mehr Eingang zu schaffen, seinem therapeutischen Indifferentismus hat er weder in seinen Publikationen noch in seiner klinischen Lehrtätigkeit einen herausfordernden Ausdruck gegeben. Tatsächlich entstand aber später das weithin dringende Gerücht, daß Skoda die Zahl seiner Medikamente bis auf Aqua laurocerasi reduziert habe. Auch Virchow erwähnte in seiner Kritik der Wiener Schule das „Gerücht“, welches Skoda den Verleugnern der Therapie zurechnete. Allerdings waren es einige Anhänger Skodas, welche den therapeutischen Nihilismus fast vorbehaltlos proklamierten, so namentlich Josef Dietl (seit 1841 leitender Arzt des neugegründeten „Bezirkskrankenhauses auf der Wieden“, später Professor in Krakau) und der Prager Dozent (spätere Professor) Jos. Hamernjk. Das bemerkenswerte Aktenstück, in welchem Dietl über die alte Heilkunst den Stab bricht, veröffentlichte er 1845 in der „Zeitschrift der Gesellschaft der Ärzte zu Wien“; darin wird eine scharfe Grenze zwischen empirischmystischer Kunst und Wissenschaft gezQgen, ein radikales Programm für eine naturwissenschaftliche Therapie entworfen. Freilich waltet das Negative weitaus vor.

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  6. In Gefolgschaft der Pariser Schule. Es war zuerst Louis, welcher die schon von Laplace angedeutete Anwendung der numerischen Methode in der Medizin durchführte, um aus der Statistik der Heilwirkungen eine zuverlässige Therapie zu schaffen.

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  7. Bei der Rolle, welche die Venäsektion in der bisherigen Therapie gespielt hat, ist es begreiflich, daß durch das Aufgeben derselben die alte Medizin die schwerste Erschütterung erfuhr.

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  8. Tartarus emeticus (Brechweinstein), weinsaures Antimonoxydkali.

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  9. Lippich hatte eine Geschichte der medizinischen Unterrichtsanstalten in Padua verfaßt. Von seinen sonstigen Schriften wären zu erwähnen eine medizinische Topographie Laibachs, ein Werk über die schädlichen Folgen des Mißbrauches geistiger Getränke (Dipsobiostatik), Erfahrungen im Gebiete der Psychiatrie.

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  10. Joh. Anton Raimann wurde Wawruchs Assistent, 1843 Professor und Vorstand der inneren Klinik für Wundärzte, die er bis zu seinem Tode (1857) leitete. Das Handbuch Joh. Nepomuk Raimanns war 1816 zum ersten Male erschienen.

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  11. Schuh, 1841 zum außerordentlichen Professor der Chirurgie ernannt, übernahm im folgenden Jahre die neu errichtete zweite chirurgische Klinik, die, ursprünglich nur für Zivil-und Landwundärzte bestimmt, sehr bald auch von den Studierenden der höheren Kategorie und von ausländischen Ärzten besucht wurde.

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  12. See burger, gewesener Assistent Raimanns, war 1830 bis 1847 als Primararzt, von 1834 an auch als Vizedirektor des Allgemeinen Krankenhauses tätig. Seine Abteilung wurde häufig von Fremden besucht, da er mit der Visite einen fast klinischen Vortrag verband.

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  13. Felix Bittner wurde 1837 Primararzt. Auch seine Abteilung wurde häufig von fremden Ärzten besucht, da dort viele Versuche mit neuen Medikamenten gemacht wurden.

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  14. Carl Sigmund wurde 1842 zum Primarchirurgen im Allgemeinen Krankenhause ernannt. Die vierte chirurgische Abteilung, die er übernahm, suchte er vor allem durch hygienische Verbesserungen und Anschaffung chirurgischer Instrumente auszugestalten. 1844 wurde ihm die Erlaubnis erteilt, Vorlesungen über Chirurgie zu halten.

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  15. Die andere syphilitische Abteilung (Männer) wurde vom Primararzt der zweiten medizinischen Abteilung Folwarczny geleitet

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  16. Es gab 1846 sechs medizinische Abteilungen (Eisl, Folwar-czny, Sterz, See burger, Bittner, Skoda) und vier chirurgische Abteilungen (Seibert, Mojsisovics, Schuh, Sigmund). Folwarczny war gleichzeitig Chefarzt auf den Zimmern für syphilitische Männer, See burger auf den Zimmern für syphilitische Weiber. Sterz stand auch der Aushilfsabteilung für Blatternkranke vor, Skoda war auch dirigierender Arzt auf der Abteilung für Hautkrankheiten. Die Abteilung für Augenkranke leitete Prof. Rosas. 1842 wurde Ivan-chich ein Zimmer zur Behandlung von Krankheiten der Harnwerkzeuge eingeräumt. 1846 wurde Türck ordinierender Arzt der neugegründeten Abteilung von Nervenkrankheiten. Ferdinand Hebra, der sich auf Anraten Skodas dem bisher in Wien wenig gepflegten Studium der Hautkrankheiten zuwandte, diente auf der Skoda unterstellten sogenannten Ausschlagabteilung seit 1841 als Hilfsarzt, seit 1842 als Sekundararzt. Als Sekundararzt leitete er die Abteilung ziemlich selbständig und eröffnete auch klinische Kurse über Hautkrankheiten, die sich alsbald eines regen Besuches der Studierenden und Ärzte erfreute. 1845 gab Skoda die Aufsicht über die Ausschlagabteilung gänzlich auf, und Hebra wurde zum ordinierenden Arzt derselben ernannt. Primararzt wurde er aber erst 1848.

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  17. Ed. Mikschik übernahm 1842 die bisher von Bartsch geleitete Abteilung, ihm oblag hauptsächlich die Behandlung der gynäkologischen Fälle.

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  18. Diese Angabe ist unrichtig. Horn war 1822 bis 1840 Professor der theoretischen Geburtshilfe, während die zweite, das heißt die Klinik für Hebammen, seit 1842 von Bartsch geleitet wurde.

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  19. Joh. Klein wurde 1819 Professor der Geburtshilfe in Salzburg, 1822 in Wien.

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  20. Es war Semmelweis, der 1847 die wahre Ursache der Puerperalfie berepidemien auf der Klinik seines Chefs erkannte.

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Dieses Kapitel ist Teil des Digitalisierungsprojekts Springer Book Archives mit Publikationen, die seit den Anfängen des Verlags von 1842 erschienen sind. Der Verlag stellt mit diesem Archiv Quellen für die historische wie auch die disziplingeschichtliche Forschung zur Verfügung, die jeweils im historischen Kontext betrachtet werden müssen. Dieses Kapitel ist aus einem Buch, das in der Zeit vor 1945 erschienen ist und wird daher in seiner zeittypischen politisch-ideologischen Ausrichtung vom Verlag nicht beworben.

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Gerster (1921). Das medizinische Wien. In: Die Wiener Medizinische Schule im Vormärz. Springer, Vienna. https://doi.org/10.1007/978-3-7091-5705-3_18

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