Zusammenfassung
Das großartige pathologisch-anatomische Institut in Wien hat sich unter der umsichtigen Leitung seines Vorstandes Prof. C. Rokitansky und dessen würdigen Assistenten J. Kolletschka (nunmehr o. ö. Professor der gerichtlichen Medizin und Staatsarzneikunde zu Wien), J. Engel (Professor der pathologischen Anatomie in Zürich) und J. Dlauhy (Professor der pathologischen Anatomie in Prag) im Laufe der letzten Jahre einen so allgemeinen guten Ruf erworben, daß es gegenwärtig ohne Widerrede das erste seiner Art genannt werden muß1).
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In dem großen allgemeinen Zivilkrankenhause wurden im Jahre 1841 bei 35.857 Kranke behandelt. Es befinden sich in diesem scheinbar eine ganze Stadt bildenden, mit wahrhaft kaiserlicher Munifizenz ausgestatteten Gebäude mehrere Abteilungen und Kliniken für innere und äußere Gebrechen, für Geisteskranke, Augenkranke und Wöchnerinnen; zugleich steht in seiner nächsten Verbindung das Findelhaus. Alle in diesen Abteilungen Verstorbenen (1841 an 3744) finden in der Leichenkammer bei Prof. Rokitansky ihre vorletzte irdische Vereinigung und werden mit Auswahl der interessanteren Fälle (an 1500 bis 1800 alljährlich) möglichst genau anatomisch untersucht und zu Protokoll gebracht. Aber auch alle außer dem Hospitale plötzlich Verstorbenen (sogenannte gerichtsärztliche Fälle) kommen zur pathologisch-anatomischen Begutachtung hierher, und deren gibt es, wie in jeder großen Stadt, eine nicht geringe Zahl. Vergl. W. Herzig, Das medizinische Wien. (Wien 1844.)
Engel war später Gegner der Krasenlehre.
Gru by widmete sich besonders unter Berres mikroskopischen Studien und wurde nach Beendigung seiner Studien (1834) auf Wattmanns Verwendung als Zögling des Operateurinstituts aufgenommen, obwohl er Jude war. Als Frucht seiner mikroskopischen Forschungen erschienen seine (Berres und Rokitanskygewidmeten) Observationes microscopicae ad morphologiam pathologicamspectan-tes. (Vindob. 1840). Er verließ Österreich und ließ sich in Paris nieder, wo er freie Vorlesungen über Mikroskopie hielt und eine sehr ausgedehnte Praxis betrieb. (Arzt von Chopin, Dumas d. J. und Heine.) Er beschrieb 1843 den Erreger der Porrigo decalvans.
Ragsky lehrte Chemie an der Josephs-Akademie.
Florian Heller, mehrere Jahre hindurch Assistent an der Lehrkanzel für Chemie in Prag, wurden 1844 die chemischen Untersuchungen der pathologischen Produkte im Wiener Allgemeinen Krankenhause übertragen, seit 1847 gehörte er dem Lehrkörper der medizinischen Fakultät an. Heller redigierte 1844 bis 54 das Archiv für physiologische und pathologische Chemie und erwarb sich große Verdienste um die Harndiagnostik (Eiweißprobe, Blutprobe usw.).
Rokitansky, sagt Herzig (Das medizinische Wien, Wien 1844), ist es, der die Lehranstalt der pathologischen Anatomie in dem letzten Jahrzehnt nicht nur zur ersten in Deutschland, sondern zur ersten in der medizinischen Welt erhoben hat… Um dieser Anstalt die ausgiebigsten Quellen zu ihren Forschungen zu eröffnen, sind ihr die Leichen des Allgemeinen Krankenhauses mit Inbegriff der Irren-, Gebär-und Findelanstalt zu Gebote gestellt… Was das Lokal anbelangt, so befindet es sich in dem sogenannten Leichenhofe des Allgemeinen Krankenhauses und läßt sehr viel zu wünschen übrig… Die Sektionen finden stets des Morgens statt, und da hier im Durchschnitte täglich bei vier bis fünf Leichen geöffnet werden, so wendet der Professor meistens den größten Teil des Vormittags, von 7 bis 11, dazu an. Von den Verstorbenen werden die auf den klinischen Abteilungen verschiedenen alle, dagegen von den auf den Abteilungen des Allgemeinen Krankenhauses gestorbenen nur diejenigen geöffnet, welche der behandelnde Arzt dazu als beobachtungswürdig bestimmt. Die Sektionen geschehen öffentlich. Der Befund wird in ein eigenes Protokoll genau eingetragen, dem man bei den interessanten Fällen eine ausführliche Krankengeschichte beilegt, und beide werden auf dem Museum aufbewahrt. Die Zahl dieser am 1. November 1817 begonnenen Protokolle beträgt bereits über 110 Faszikel zu 12 Bogen. Die Zahl der im Jahre durchschnittlich gemachten Sektionen kommt der Summe von 1500 gleich… Der Professor der pathologischen Anatomie ist zugleich Gerichtsanatom, und vollzieht als solcher mit dem Professor der gerichtlichen Medizin alle in Wien vorkommenden gerichtlichen Leichenöffnungen.
Es soll in dieser Hinsicht nur an die von Skoda zuerst vorgeschlagene und von Professor F. Schuh in der jüngsten Zeit mehrere-mal mit entschiedenem Glücke ausgeführte Punktion des Herzbeutels erinnert werden. (Anna. d. Verf.)
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Schrift, E.K. (1921). „Die neuere Medizin in Frankreich nach Theorie und Praxis“. In: Die Wiener Medizinische Schule im Vormärz. Springer, Vienna. https://doi.org/10.1007/978-3-7091-5705-3_16
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DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-7091-5705-3_16
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