Skip to main content
  • 18 Accesses

Zusammenfassung

Die medizinische Klinik in dem gewaltig großen Allgemeinen Krankenhause fand ich überfüllt von Zuhörern, und da ich zugleich wahrnahm, daß dort die Wissenschaft von einem bereits überwundenen Standpunkte aus gelehrt wurde, kehrte ich nicht wieder dahin zurück2). Auch bei den für den Unterricht nicht angestellten Primarärzten war nicht viel zu gewinnen. Sie gestatteten zwar sehr bereitwillig, daß man ihnen in ihre Abteilungen folgte, aber sie gaben keine Belehrung und durften auch den fremden Gästen keine Untersuchung der Kranken erlauben. Es fehlte sonach jede Anregung, man ermüdete an der großen Anzahl von Betten vorüberzugehen, ohne nähere Einsicht der Fälle zu bekommen; nur Nennung von Krankheitsnamen und einförmige therapeutische Verordnungen kamen zu Gehör. Offenbar befand sich hier die medizinische Wissenschaft in einem Zustande der Stockung. Es waren bei meinem damaligen Aufenthalte in Wien nur erst Spuren jener lebhaften schöpferischen Tätigkeit vorhanden, welche in den folgenden Jahren sich entwickelte und die Wiener medizinische Schule auf eine so hohe Stufe des Ruhmes erhob. Diese Spuren fanden sich an einem sehr unscheinbaren Orte des Allgemeinen Krankenhauses, in der Leichenhalle, in welcher Rokitansky bereits in jener Zeit den Grund zu seiner nachmaligen Berühmtheit legte3). Nur wenige fanden sich in dem damals sehr ungemütlichen und beschränkten Raum ein, in welchem täglich zahlreiche Leichenöffnungen gemacht wurden und wo man, bei der außerordentlichen Fülle des Materials, binnen kurzer Zeit den größten Teil der wesentlichsten pathologischanatomischen Vorkommnisse zu Gesicht bekommen konnte4).

1) 2. Aufl., Leipzig 1902 (Seite 114 bis 135).

Der nachmalige Professor der pathologischen Anatomie, beziehungsweise medizinischen Klinik an den Universitäten Leipzig, Zürich, Heidelberg, Göttingen, Karl Ewald Hasse (1810 bis 1902) begab sich nach seiner Promotion auf eine Studienreise, die ihn nach Paris und Wien führte. In der Kaiserstadt traf er im Spätherbst 1834 ein und verweilte daselbst bis nach Ostern 1835, noch Zeuge des Leichenbegängnisses des Kaisers Franz I. War auch lediglich die Medizin Zweck des Aufenthaltes, so nützte er diesen doch auch dazu, um im Anblick der Meisterwerke der Malerei, Skulptur, Architektonik seine künstlerischen Neigungen zu befriedigen und sich dem Theatergenusse hinzugeben. Namentlich Raimunds Zauberdramen und Nestroys Possen — Lumpacivagabundus war eben 1833 geschaffen — fesselten sein Interesse, auch sah er Holtei als armen Poeten in „Lorbeerbaum und Bettelstab“.

This is a preview of subscription content, log in via an institution to check access.

Access this chapter

Chapter
USD 29.95
Price excludes VAT (USA)
  • Available as PDF
  • Read on any device
  • Instant download
  • Own it forever
eBook
USD 49.99
Price excludes VAT (USA)
  • Available as PDF
  • Read on any device
  • Instant download
  • Own it forever
Softcover Book
USD 84.99
Price excludes VAT (USA)
  • Compact, lightweight edition
  • Dispatched in 3 to 5 business days
  • Free shipping worldwide - see info

Tax calculation will be finalised at checkout

Purchases are for personal use only

Institutional subscriptions

Preview

Unable to display preview. Download preview PDF.

Unable to display preview. Download preview PDF.

References

  1. 2. Aufl., Leipzig 1902 (Seite 114 bis 135). Der nachmalige Professor der pathologischen Anatomie, beziehungsweise medizinischen Klinik an den Universitäten Leipzig, Zürich, Heidelberg, Göttingen, Karl Ewald Hasse (1810 bis 1902) begab sich nach seiner Promotion auf eine Studienreise, die ihn nach Paris und Wien führte. In der Kaiserstadt traf er im Spätherbst 1834 ein und verweilte daselbst bis nach Ostern 1835, noch Zeuge des Leichenbegängnisses des Kaisers Franz I. War auch lediglich die Medizin Zweck des Aufenthaltes, so nützte er diesen doch auch dazu, um im Anblick der Meisterwerke der Malerei, Skulptur, Architektonik seine künstlerischen Neigungen zu befriedigen und sich dem Theatergenusse hinzugeben. Namentlich Raimunds Zauberdramen und Nestroys Possen — Lumpacivagabundus war eben 1833 geschaffen — fesselten sein Interesse, auch sah er Holtei als armen Poeten in „Lorbeerbaum und Bettelstab“.

    Google Scholar 

  2. Kliniker war Franz Xaver v. Hilden brand (seit 1817), dessen schwere Erkrankung des Zentralnervensystems schon lange ihre Schatten vorauswarf. Bereits in Studienjahre 1836/37 mußte Wawruch für ihn supplieren.

    Google Scholar 

  3. Rokitansky, der mehrere Jahre als Assistent Joh. Wagners tätig gewesen war, fungierte seit dessen Tode (1832) als Prosektor des Allgemeinen Krankenhauses, Kustos des pathologisch-anatomischen Museums und Gerichtsanatom; im Jahre 1834 wurde er außerordentlicher Professor.

    Google Scholar 

  4. „Das Bethlehem der neuen, den Erdball umspannenden pathologischen Doktrin“ (Löbel) war, wie Rokitansky in seiner Festrede zur feierlichen Eröffnung des neuen pathologisch-anatomischen Institutes (1862) sagte: „ein Blockhaus, bewohnt von einigen wenigen Ansiedlern, heimgesucht von einigen wenigen vertrauten Freunden, welche einen langen Kampf unverdrossen gegen offene und versteckte Mißgunst durchgekämpft haben“.

    Google Scholar 

  5. Kolletschka war von 1830 an mit kurzen Unterbrechungen zehn Jahre lang Rokitanskys Assistent und hielt in der letzten Zeit dieser Wirksamkeit vielbesuchte Privatkurse über pathologische Anatomie, in denen er ein glänzendes Lehrtalent entwickelte. Mit Skoda publizierte er 1839 in den Med. Jahrb. d. österr. Staates die berühmte Arbeit über Pericarditis.

    Google Scholar 

  6. Josef Skoda studierte seit 1825 in Wien, promovierte 1831, wurde 1833 Sekundararzt im Allgemeinen Krankenhause. Schon 1837 begann er mit der Veröffentlichung jener grundlegenden kritischen Studien über die physikalische Diagnostik, welche in sein epochemachende s Werk über die Perkussion und Auskultation (Wien 1839) mündeten. Dieses Werk begründete seinen späteren Weltruf, nachdem ihm schon vorher seine Kurse einen Namen gemacht hatten.

    Google Scholar 

  7. Die erste Abteilung des ersten Bandes des Archivs für Ophthal-mologie von A. v. Gr aef e (1828 bis 1870) trägt die Widmung „meinem verehrten Lehrer Friedrich Jäger“.

    Google Scholar 

  8. Stefan Ladislaus Endlicher (1804 bis 1849), Natur-und Sprachforscher, wurde 1840 Professor der Botanik in Wien und Direktor des Botanischen Gartens.

    Google Scholar 

  9. Friedrich Mohs (1773 bis 1839), einer der Begründer der naturhistorischen Methode in der Mineralogie (Härteskala), namentlich hervorragend als Kristallograph, gehörte 1827 bis 1835 dem Lehrkörper der Wiener Universität an.

    Google Scholar 

  10. 1839.

    Google Scholar 

  11. Philipp Franz v. Sie bold (1796 bis 1866), der berühmte Forscher, war 1829 aus Japan verwiesen worden und begann in den folgenden Jahren die Ausarbeitung seiner grundlegenden Werke.

    Google Scholar 

  12. Franz Unger (1800 bis 1870), berühmter Botaniker und Paläontolog, war eine Zeitlang Arzt in Stockerau und Kitzbühel und wurde 1836 Professor der Botanik in Graz, 1850 Professor der Pflanzenphysiologie in Wien.

    Google Scholar 

  13. Karl Frh. v. Reichenbach (1788 bis 1869), der 1821 auf den Eisenwerken zuBlansko (inMähren) großartige industrielle Schöpfungen ins Leben gerufen und in der Nähe von Blansko eine Runkelrübenzuckerfabrik errichtet hatte, war der Entdecker des Paraffin. Er legte eine wertvolle Meteoritensammlung, Herbarien usw. an. Später auf Schloß Reisenberg bei Wien lebend, erregte er großes Aufsehen und lebhaften Widerspruch durch seine „Odischen“ Studien, die insbesondere in den Schriften „Odisch-magnetische Briefe“, „Der sensitive Mensch und sein Verhalten zum Od“, Aphorismen über Sensitivität und „Od“ niedergelegt sind.

    Google Scholar 

  14. Ludwig Ferd. Schnorr von Carolsfeld (1788 bis 1853), Kustos der Belvederegalerie.

    Google Scholar 

  15. Der Sohn Dr. Bruno Görgens, Dr. Gustav Görgen.

    Google Scholar 

Download references

Authors

Additional information

Besonderer Hinweis

Dieses Kapitel ist Teil des Digitalisierungsprojekts Springer Book Archives mit Publikationen, die seit den Anfängen des Verlags von 1842 erschienen sind. Der Verlag stellt mit diesem Archiv Quellen für die historische wie auch die disziplingeschichtliche Forschung zur Verfügung, die jeweils im historischen Kontext betrachtet werden müssen. Dieses Kapitel ist aus einem Buch, das in der Zeit vor 1945 erschienen ist und wird daher in seiner zeittypischen politisch-ideologischen Ausrichtung vom Verlag nicht beworben.

Rights and permissions

Reprints and permissions

Copyright information

© 1921 Rikola Verlag A.-G., Wien

About this chapter

Cite this chapter

Hasses, K.E. (1921). „Erinnerungen aus meinem Leben“. In: Die Wiener Medizinische Schule im Vormärz. Springer, Vienna. https://doi.org/10.1007/978-3-7091-5705-3_11

Download citation

  • DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-7091-5705-3_11

  • Publisher Name: Springer, Vienna

  • Print ISBN: 978-3-7091-5661-2

  • Online ISBN: 978-3-7091-5705-3

  • eBook Packages: Springer Book Archive

Publish with us

Policies and ethics