Zusammenfassung
Die Wohlfahrtsverbände, urteilte unlängst Josef Schmid zu Recht, gehören zu den „unbekannten Riesen“.1 Dieses Urteil gilt auch für die beiden traditionsreichsten Wohlfahrtsverbände, die katholische Caritas, die in diesem Jahr ihr 100jähriges Bestehen feiert, und das evangelische Diakonische Werk (vormals: Innere Mission), das 1998 auf eine 150jährige Geschichte zurückblicken kann; und es gilt auch und erst recht für die im Rahmen dieser Arbeit interessierende Epoche, für die Zeit des Nationalsozialismus. Wie bis Ende der 80er Jahre das Gebiet der Wohlfahrtspflege im Nationalsozialismus im allgemeinen, so blieben auch die kirchlichen Wohlfahrtsverbände im besonderen in dieser Zeit eine Terra incognita. Die ab diesem Zeitpunkt einsetzende wissenschaftliche Forschung konzentrierte sich, von wenigen Ausnahmen abgesehenen, auf den nationalsozialistischen Wohlfahrtsverband und die öffentlichen Fürsorgeträger.2 In den vereinzelten Darstellungen der kirchlichen Wohlfahrtsverbände dominierte bis Ende der 80er Jahre und zum Teil auch darüber hinaus die totalitarismustheoretische Perspektive. Die Kirchen und ihre Verbände waren demnach zur Passivität verurteilte Opfer des als beinahe allmächtig gedachten kirchenfeindlichen NS-Staates. Es sei das Ziel des Nationalsozialismus gewesen, heißt es in diesem Sinne etwa bei Andreas Wollasch, sämtliche wohlfahrtspflegerische Aufgaben in eigene Regie zu übernehmen. Die konfessionellen Wohlfahrtsverbände sollten zu diesem Zweck „gleichgeschaltet bzw. liquidiert“ werden.3 Die Caritas, so urteilt ein anderer Autor, war im NS-Staat einer „vom Vernichtungswillen getragenen Kampfansage“ ausgesetzt. Als Mittel dazu diente das „Zuschütten von Geldquellen“.4 Der damit formulierten These, der versuchten „finanziellen Austrocknung“, pflichten auch andere Forscher bei.5 Wolfgang Scheuer weiß gar zu berichten, daß die freie Wohlfahrtspflege im NS-Staat de facto vernichtet wurde.6
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Hammerschmidt, P. (1999). Einleitung. In: Die Wohlfahrtsverbände im NS-Staat. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-09788-4_1
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