Zusammenfassung
Bei oberflächlicher Betrachtung könnte es scheinen, daß Fettsucht ebenso wie Magerkeit oder Magersucht lediglich ein Bilanzproblem darstellt, welches den Gesetzen der Nachfrage und des Anbotes folgt: Wird mehr zugeführt als verbraucht wird, so muß es zum Gewichtsansatz kommen. Tatsächlich basiert auch wenigstens jede Gewichtszunahme prinzipiell auf diesem Verhältnis des Ausmaßes der Zufuhr zu dem der Verbrennung. Daß es sich aber hier nicht um ein mathematisches Problem allein handelt, erhellt schon daraus, daß eine Gewichtszunahme meist auch wesentlich durch Wasserretention bedingt ist. Ein Zurückbleiben der Verbrennung hinter dem Angebot ist aber doch selbstverständliche Voraussetzung des Fettansatzes, die Körpergewichtszunahme ist also doch bis zu einem gewissen Grade eine mathematische Funktion der überschüssigen Kalorien. Daß man durch Mast bei geringer Bewegung bzw. körperlicher Arbeit starken Fettansatz erzielen kann, zeigt übrigens das Tierexperiment der „geschoppten“ Fettgans, ein Beispiel, welches sich allerdings nicht generalisieren läßt. Daß das Körpergewicht unmittelbar von der Kalorienzufuhr abhängt, scheint schließlich durch die Abmagerung im Hungerzustand dargetan, wie uns das Massenexperiment am Menschen in den Kriegs-und Nachkriegszeiten gezeigt hat. Daß eine Hungerkost zur hochgradigen Abmagerung führt, zeigt aber nur, „daß aus nichts nichts wird“ (Bergmann); die Abmagerung im Hunger weit unter das Normalgewicht beweist noch nicht eine Gewichtszunahme über dasselbe bis zur Fettsucht, allein bedingt durch reichliche Zufuhr von Nahrungskalorien. Daß bestimmte Berufe, wie Gastwirte, Selcher, Bäcker usw., oft fettsüchtig sind, wie im Sinne einer Mastfettsucht vielfach ausgeführt wurde, ist nicht zutreffend, wie J. Bauer in größeren Statistiken gezeigt hat; die Zahl der Fettsüchtigen ist in den genannten Berufsgruppen nicht höher als in anderen. Es gibt relativ ebenso viele magere Gastwirte als magere Beamte. Während der Periode der Gewichtszunahme bis zur Entstehung der Fettsucht spielt das Bilanzproblem also sicher eine Rolle, gegen die Erklärung einer bestehenden Fettsucht als eines Bilanzproblems allein lassen sich aber zahlreiche schwerwiegendste Einwände erheben.
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Lauda, E. (1951). Die Krankheiten des Stoffwechsels. In: Lehrbuch der Inneren Medizin. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-38027-7_2
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