Zusammenfassung
Die Rechtswissenschaft sieht das Antidiskriminierungsrecht primär als eine rechtsmethodische und rechtsdogmatische Herausforderung. Besondere Aufmerksamkeit finden dabei das komplexe Zusammenwirken diskriminierungsrechtlicher Normen auf nationaler und supranationaler Ebene, die Auslegung diskriminierungsrechtlicher Begriffe und die Bedeutung der Diskriminierungsmerkmale. In den Anfangszeiten des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) wurde jedoch auch heftig über die Legitimation von Antidiskriminierung gesprochen. Kontrovers war (und ist teilweise noch immer) die gesellschaftsverändernde Intention von Antidiskriminierungsgesetzen.
Der vorliegende Text basiert weitgehend auf dem Beitrag von Kurt Pärli zur ersten Auflage und wurde nur punktuell aktualisiert und ergänzt.
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Notes
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Dabei soll die Frage außer Acht gelassen werden, ob die Rechtswissenschaft überhaupt eine Wissenschaft ist.
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EuGH v. 22. November 2005, Rs C-144/04, Mangold.
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Siehe z. B.: EuGH v. 1. Oktober 2015, Rs C'432/14, Ungleichbehandlung wegen des Alters – Vergleichbarkeit der Situationen – Zahlung einer Abfindung bei Ablauf eines befristeten Arbeitsvertrags zum Ausgleich der Unsicherheit – Ausschluss junger Personen, die während ihrer Schul- oder Semesterferien arbeiten.
- 4.
Fortlaufend aktualisierte Übersichten zur Rechtsprechung des EuGH zum Antidiskriminierungsrecht sowie zu ausgewählten Entscheidungen deutscher Gerichte zum Antidiskriminierungsrecht finden sich auf der Webseite der Antidiskriminierungsstelle des Bundes: https://www.antidiskriminierungsstelle.de/DE/wir-beraten-sie/rechtsprechung/rechtsprechung-node.html. Zugegriffen am 18.06.2022.
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In der Evaluation zum zehnjährigen Bestehen des AGG wird dazu einleitend festgestellt: „Die weit überwiegende Zahl veröffentlichter gerichtlicher Entscheidungen mit AGG-Bezug findet sich im Arbeitsrecht. Die Datenbank juris ergibt 1405 Treffer, in denen entscheidungsrelevante Anspruchsgrundlagen des AGG geprüft wurden. In 3112 Fällen taucht das AGG in der Entscheidungsbegründung auf, darunter sind lediglich 27 Fälle, in denen das Gesetz im Waren- und Dienstleistungsverkehr angewendet wurde. Das mag über einen Zeitraum von zehn Jahren wenig erscheinen.“
- 6.
- 7.
Art. 18 Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV).
- 8.
Für das Diskriminierungsmerkmal „Alter“ siehe UN-Menschenrechtsausschuss, Schmitz de Jong ./. Netherlands, Mitteilung Nr. 8555/1999 v. 16. Juli 2001. Das Merkmal „Behinderung“ wird vom „Comittee on Economic, Social and Culturale Rights“ in seinem „General Comment Nr. 18“ zum Recht auf Arbeit erwähnt (Thirty-fifth session 2005, U.N.Doc E/C.12/GC/18 (2006), Ziff 12 b.
- 9.
Erstmals hat sich der Menschenrechtsrat im März 2012 der Thematik angenommen und (knapp) eine Resolution angenommen, die sich gegen Menschenrechtsverletzungen an Schwulen und Lesben ausspricht und einen Bericht zur Lage fordert (Resolution L9/rev1 des UNOMenschenrechtsrates).
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EuGH v. 17. Februar 1998, Rs C-249/96, Grant.
- 11.
Siehe z. B. EGMR, v. 02.02.2016, Appl. 7186/09, Di Trizio ./. Suisse (Die Anwendung der schweizerischen Invalidenversicherung der sogenannten gemischten Methode bei erwerbstätigen Frauen stellt eine indirekte Diskriminierung wegen des Geschlechts dar).
- 12.
Dagegen sieht Thüsing die mittelbare Diskriminierung – im Umkehrschluss zu den angemessenen Vorkehrungen – lediglich als Hilfsinstrument zur Umsetzung formaler Gleichbehandlung und nicht zur substantiellen Gleichstellung: „Die Gleichsetzung entspricht auch nicht dem Zweck der mittelbaren Diskriminierung. Sie will verhindern, dass man Wege um das Verbot unmittelbarer Diskriminierung herum sucht und findet. Das Verbot der Gleichbehandlung mit ungleichen Folgen aber greift einen ganz anderen Sachverhalt.“ (Thüsing 2021, Rz 29 zu AGG § 3).
- 13.
EuGH v. 21. Oktober 1999, Rs C-333/97, Lewen, Rz. 37: „Ein Arbeitnehmer, der den ihm gesetzlich zustehenden Anspruch auf Erziehungsurlaub in Verbindung mit einer vom Staat gewährten Erziehungsbeihilfe wahrnimmt, befindet sich in einer besonderen Situation, die nicht mit derjenigen eines Mannes oder einer Frau, die arbeiten, gleichgesetzt werden kann, denn ein wesentliches Merkmal dieses Urlaubs besteht darin, daß der Arbeitsvertrag und somit die jeweiligen Pflichten von Arbeitgeber und Arbeitnehmer ruhen.“
- 14.
Zum Verhältnis „Alter“ und „Geschlecht“ im EU-Antidiskriminierungsrecht siehe: Reinmuth 2007, S. 215 ff.
- 15.
Weitere Informationen dazu finden sich bspw. im Leitfaden „Fair mieten – fair wohnen“ der Antidiskriminierungsstelle des Bundes (2. Auflage, September 2020, S. 39): https://www.antidiskriminierungsstelle.de/SharedDocs/downloads/DE/publikationen/Leitfaeden/leitfaden_wohnungsmarkt.html?nn=304718. Zugegriffen am 18.06.2022.
- 16.
Die nachfolgenden Ausführungen zu den Verpflichtungsebenen der Diskriminierungsverbote basieren weitgehend auf dem Text von Pärli im Buch „Diskriminierungsrecht – Handbuch für Jurist_innen, Berater_innen und Diversity-Expert_innen“, Hrsg. von Naguib/Pärli/Copur/Studer, Bern, 2013, S. 42 ff.
- 17.
Art. 5 lit. a Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau vom 18. Dezember 1979.
- 18.
Urteil des BGer vom 21.11.2011, 1C_549/2010.
- 19.
Urteil des BGer vom 21.11.2011, 1C_549/2010, Erwägung 6.6.
- 20.
Amtl. Bull. NR. 1999, S. 1339 (1441), Antwort des Bundesrates auf eine Interpellation von Nationalrätin Cécile Bühlmann (98.3656 – Getrennte Klassen für schweizerische und ausländische Schüler).
- 21.
EGMR, v. 03.10.2013, I. B. gegen Griechenland, 552/10.
- 22.
EGMR, v. 03.10.2013, I. B. gegen Griechenland, 552/10, Rz 81.
- 23.
Die zunächst befürchtete bzw. beschrieene „Klagewelle“ ist ausgeblieben (Berghahn et al. 2016, S. 105) aber die Beratungsanfragen bei der Antidiskriminierungsstelle des Bundes haben sich im Jahr 2020 fast verdoppelt (Antidiskriminierungsstelle des Bundes 2021a, S. 11–14 und 43–47) und auch bei den zivilgesellschaftlichen Beratungsstellen haben die Beratungsanfragen in den letzten Jahren teilweise stark zugenommen (Antidiskriminierungsstelle des Bundes 2021b, S. 38).
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Zur Rolle der Tarifverträge auf die Entwicklung der Geschlechtergleichheit siehe: Riemer-Kafka 2012.
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Scherr, D. (2023). Rechtswissenschaftliche Diskriminierungsforschung. In: Scherr, A., Reinhardt, A.C., El-Mafaalani, A. (eds) Handbuch Diskriminierung. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-42800-6_5
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