Zusammenfassung
Unter den psychiatrischen Grundlagenwissenschaften haben die Anatomie, vor allem die Hirnanatomie, die Physiologie, vor allem die Stoffwechselpathologie, und die Pharmakologie einen festen Platz. Die erstere hat ihre entscheidende Bedeutung für die Erforschung der Ätiologie und Pathogenese aller derjenigen Psychosen, die mit einer Zerstörung der Gehirnsubstanz einhergehen, die letzteren bei symptomatischen und toxischen Psychosen. Im konkreten Fall ergänzen sich beide natürlich. Beide wiederum sind ergänzt durch Psychologie bzw. Psychopathologie in Form der deskriptiven Psychopathologie und der tiefenpsychologischen Betrachtungsweise. Das psychopathologische Fragen bleibt natürlich am eindringlichsten dort, wo Anatomie und Physiologie uns im Stich lassen — jedenfalls trotz eifriger jahrzehntelanger Bemühungen nicht Wesentliches zur Klärung beigetragen haben — im Bereich der endogenen Psychosen. Im Bereich dieser Psychosen hat die deskriptive Psychologie zur Herausarbeitung bestimmter Syndrome und Verläufe von bemerkenswertem prognostischem Wert geführt, die Tiefenpsychologie zu unbestätigten psychogenetischen Hypothesen und anregenden psychotherapeutischen Ansätzen. Ein befriedigendes Verstehen dieser eigentümlichen Abwandlungen des menschlichen Wesens ist bisher aber auf diesem Wege nicht gelungen. Wir glauben, daß eine verstehende Anthropologie sich zu einer Grundlagenwissenschaft entfalten kann, die zunächst und in erster Linie gerade für dieses Verstehen des Wesenswandels endogen psychotischer Menschen Bedeutung hat. Wenn wir so von einer verstehenden Anthropologie reden, so meinen wir — da doch alles, was wir tun, sich um eine Lehre vom Menschen, also eine Anthropologie bemüht — daß der Wandel der Betrachtung, der Wandel unseres Fragens und Denkens auf einen Wandel des Menschenbildes selbst zu beziehen sei, das unserem Fragen und Denken zugrunde liegt. Es erweist sich immer wieder als eine Aufgabe darzulegen, wie das gemeint ist. An einem kleinen Exempel möchte ich in Kürze versuchen, zu dieser Aufgabe beizutragen. Nennen wir dieses Exempel: Blick und Stimme.
Nervenarzt 28, 350 (1957).
Access this chapter
Tax calculation will be finalised at checkout
Purchases are for personal use only
Preview
Unable to display preview. Download preview PDF.
Literature
Gruhle, Hans, W.: Handbuch der Geisteskrankheiten, Bd. 9, Psychopathologie, S. 142. Berlin: Springer 1932.
Straus, E.: Arch. f. Psychiatr. u. Neur. 182, 321 (1949).
Baeyer, W. v.: Nervenarzt 26, 369 (1955).
Specht, W.: Z. Neur. 101, 671 (1926).
Schröder, Paul: 2. Neur. 101, 599 (1926).
Kulenkampff, C.: Nervenarzt 27, 2 (1956), S. 7 (Beispiel des Mörders vor dem Tribunal).
Author information
Authors and Affiliations
Rights and permissions
Copyright information
© 1963 Springer-Verlag Berlin Heidelberg
About this chapter
Cite this chapter
Zutt, J. (1963). Blick und Stimme. In: Auf dem Wege zu Einer Anthropologischen Psychiatrie. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-642-85694-5_19
Download citation
DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-642-85694-5_19
Publisher Name: Springer, Berlin, Heidelberg
Print ISBN: 978-3-642-85695-2
Online ISBN: 978-3-642-85694-5
eBook Packages: Springer Book Archive