Paradigmawechsel

Zusammenfassung

Nach welchen Kriterien entscheidet man sich für eines von mehreren angebotenen Paradigmen? Es sind die gleichen, die dazu führen, daß ein herrschendes Paradigma abstirbt und durch ein neues abgelöst wird: Es mißlingt immer häufiger, nach den Regeln des gültigen Paradigma Probleme zu lösen, die Zahl der Anwendungen zu vergrößern, durch neue Spezialgesetze den Strukturkern zu erweitern; die Zahl von „Anomalien“ nimmt zu. Dies allein genügt aber nicht, einen Paradigmawechsel herbeizuführen. Paradigmen sind in verschiedener Weise „immunisiert“: Mißlungene Kernerweiterungsversuche werden nicht der Untauglichkeit des Paradigmas, sondern der Unfähigkeit des experimentierenden Forschers zugerechnet, oder aber der Untauglichkeit der geprüften Anwendung zur Kernerweiterung (mit der Folge des Ausschlusses dieses Bereiches aus der Menge der Anwendungen). Schließlich wird niemand ein Paradigma aufgeben, das lange gute Dienste geleistet hat, sofern nicht ein besseres zur Verfügung steht. Es genügt jedenfalls nicht, mit einem neuen Paradigma einige Probleme zu lösen, an denen die Kernerweiterung des alten gescheitert ist, sondern die Leistungen des alten Paradigma müssen mit dem neuen reproduzierbar sein. Wenn sih schließlich ganze Forschergenerationen vergeblich um eine Strukturkernerweiterung bemühen und ein neues, die erwähnten Voraussetzungen erfüllendes Paradigma zur Verfügung steht, kommt es zu einem Paradigmawechsel (Theorienverdrängung). Das ist ein Schritt im Bereich der „außerordentlichen“ Wissenschaft, und er erfolgt nicht nach dem Falsifikationsverfahren im Sinne Popers.