Diabetologie und Stoffwechsel 2013; 8(6): 419-420
DOI: 10.1055/s-0033-1362220
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Referat – Wie wirkt Canagliflozin?

Jochen Seufert
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Publication Date:
31 January 2014 (online)

Hintergrund: Der SGLT2-Inhibitor Canagliflozin bewirkt durch die Hemmung der renalen Glukoseresorption einen Abfall des Blutzuckerspiegels. Der SGLT1-Transporter wird vorwiegend in der Dünndarmschleimhaut exprimiert und laut früheren Studien von Canagliflozin nur schwach gehemmt. Polidori et al. kamen zu anderen Ergebnissen.

Methoden: Die Autoren stellten die Hypothese auf, dass präprandial verabreichtes Canagliflozin in einer Dosierung von 300 mg die intestinale Glukoseabsorption signifikant hemmt. Sie überprüften dies in einer doppelblinden Cross-over-Studie mit 20 gesunden Teilnehmern. Diese bekamen eine Infusion mit radioaktiv markierter Glukose (3 H-Glukose) und eine Testmahlzeit mit 14C-Glukose (600 kcal mixed-meal tolerance test). 20 Minuten zuvor nahmen sie 300 mg Canagliflozin oder Placebo ein. Während der folgenden 6 Stunden erfolgten wiederholte Messungen der radioaktiven Glukose im Plasma und Urin und der Ausscheidungsraten. Die Teilnehmer aßen 2–3 Tage vor der Untersuchung Kost nach Plan mit einem 55 % Kohlehydratanteil, 30 % Fett und 15 % Protein (täglich 30 kcal / kg Körpergewicht). Zwischen den beiden Testphasen (Canagliflozin / Placebo) lag eine Auswaschperiode von 7–21 Tagen.

Ergebnisse: 19 Teilnehmer nahmen an beiden Studienphasen teil. Verglichen mit Placebo reduzierte Canagliflozin die postprandiale Plasmaglukose signifikant um 44 % (0–1 Stunde), um 35 % (0–2 Stunden) und 26 % (0–6 Stunden). Das Plasma-Insulin fiel in den selben Zeiträumen um 43 %, 43 % und 33 %. Der orale Glukosetracer (14C) war in den ersten beiden Stunden nach der Testmahlzeit bei Canagliflozin geringer (-31 %) und im weiteren Verlauf stärker nachweisbar als nach Placebo. Daraus resultierte ein Gesamtergebnis von –6 % Plasmaglukose für Canagliflozin (p = 0,003). Für die infundierte 3 H-Glukose zeigten sich die Effekte verzögert. Bis zu 3 Stunden bestanden keine Unterschiede zwischen Placebo und Canagliflozin. Nach 3–6 Stunden war die Glukoseplasmakonzentration in der Canagliflozin-Gruppe geringer und die Urinexkretion signifikant höher (18,2 vs. <0,2 g; p < 0.001). Zusammengefasst reduzierte Canagliflozin die intestinale Glukoseabsorption in der Frühphase und verzögerte den postprandialen Anstieg der radioaktiv markierten oralen Glukose. In der Spätphase steigerte Canagliflozin die Urinexkretion.

Folgerung: Die pharmakokinetischen Untersuchungen zeigten neben der bekannten Wirkung am SGLT2-Transporter eine lokale und transiente Hemmung des SGLT1-Transporters, so dass Canagliflozin also nicht nur die Glukoseausscheidung im Urin, sondern vorübergehend auch die Absorption im Darm in relevantem Umfang verringerte.

Dr. med. Susanne Krome, Melle