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Ärzte Woche

19.03.2019 | Zahnmedizin

Reportage

SFU: quadratisch, praktisch, privat

verfasst von: Martin Krenek-Burger

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Mit digitaler Technik und starkem Realitätsbezug – unter anderem ist ein Rettungssanitäterkurs vorgeschrieben – punktet die Sigmund Freud Privatuniversität trotz saftiger Studiengebühren bei Medizin-, Jus- und bald auch Sportstudenten. An der MedUni Wien dagegen sieht man durch die vielen Privatunis den Forschungsstandort Österreich gefährdet.

„Bei uns kommen die Studenten an erster Stelle“, sagt Rektor Alfred Pritz. Nach zweieinhalbjähriger Bauzeit hat die Sigmund Freud Privatuniversität (SFU) ihr neues Fakultätsgebäude für Medizin und Rechtswissenschaften eröffnet. Der gegenüber dem SFU-Hauptsitz unweit der Wirtschaftsuniversität (WU) gelegene 40 Millionen Euro teure Bau im oberen Prater bietet Platz für immerhin 1.400 Studenten.

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Auf sechs Stockwerken sind neben der Jus-Fakultät der Lehr- und Verwaltungsapparat der Medizin, die Anatomie, ein Simulationszentrum, ein Science Lab sowie die Universitätsklinik für Zahnheilkunde samt Ambulatorium untergebracht. Derzeit sind an der SFU rund 820 Medizin-Studenten eingeschrieben und 100 in den Rechtswissenschaften inskribiert. Demnächst soll noch ein weiteres Studium dazukommen: Das Curriculum für die Sportwissenschaften befinde sich in der Akkreditierungsphase, sagt Pritz. „Wir glauben, dass das gut zu uns passt.“

Die Studiengebühren in der Medizin betragen 12.500 Euro pro Semester, die gesamte sechsjährige Ausbildung kommt also auf 150.000 Euro. Für so viel Geld bekommt man schon einen Mercedes-Benz der S-Klasse. Eine solch große Summe stellt selbst Kinder wohlbestallter Eltern mitunter vor Probleme. „Hier könnte auch die öffentliche Hand tätig werden“, verweist Pritz auf die Paracelsus Medizinische Privatuniversität (PMU) in Salzburg.

Zum Verständnis: In Salzburg kaufte der Bund für die Jahre 2018 bis 2020 um insgesamt neun Millionen Euro je 25 Studienplätze – gleichzeitig verpflichtete sich die PMU vertraglich, dass mehr als die Hälfte der Absolventen nach Ende der Ausbildung am Standort Salzburg in der Ärzteliste eingetragen ist.

Derzeit kommen etwas mehr als 50 Prozent der Studenten aus Österreich und 40 Prozent aus Deutschland, sagt der Dekan der Medizin-Fakultät, DDr. Christian Kratzik.

Sowohl in der Medizin als auch in den Rechtswissenschaften – beide Studiengänge werden im Bachelor/Master-Modell angeboten – soll es demnächst die ersten Absolventen geben. In Jus schließt der erste Jahrgang seine Bachelor-Ausbildung im Frühjahr ab, in der Medizin werden die ersten 150 Master-Absolventen in rund zwei Jahren fertig. Im Vollausbau sollen 200 Mediziner pro Jahr die SFU verlassen. „Das wird dann eine gewisse Versorgungsrelevanz haben“, meint Pritz.

Das an den Anfang gestellte Zitat des Rektors lautet übrigens vollständig: „Bei uns kommen die Studenten an erster Stelle, das ist nicht bei allen Universitäten der Fall.“ Eine kleine Spitze, die wohl an die MedUni Wien gerichtet ist, die in der Mariannengasse ebenfalls einen neuen Campus für Medizinstudenten errichtet – die Ärzte Woche berichtete zuletzt in Ausgabe 40/2018.

„Grundsätzlich begrüßen wir jeden Wettbewerb. Als eine der größten Ausbildungs- und Forschungsinstitutionen in Europa im biomedizinischen Bereich orientieren wir uns vorrangig an international renommierten Universitäten – egal ob privat oder staatlich“, sagt der für Finanzen zuständige Vizerektor Dr. Volkan Talazoglu auf Nachfrage.

Die Situation in Österreich stelle sich folgendermaßen dar: „Die Privatuniversitäten bedienen vorwiegend einen Markt im Sinne eines Geschäftsmodells und lassen Anforderungen an Forschung und Lehre vermissen. Daraus resultiert eine Gefährdung des Forschungsstandorts (Österreich / Wien), und auch unterschiedliche Ausbildungsniveaus der Absolventen sind zu befürchten. Dass es sich bei Privatuniversitäten in Österreich überwiegend um ein Geschäftsmodell handelt, lässt sich auch aus der hohen Dichte im Vergleich zur Größe des Landes ableiten. Die Anzahl an medizinischen Privatunis ist jedenfalls nicht bedarfsgetrieben, es gibt ausreichend Absolventen.“ Derzeit gibt es hierzulande 14 Privatuniversitäten.

Steigende Publikationszahl

Die Medizin-Ausbildung an der SFU ist praxisorientiert. Kratzik begründet das so: „Wir glauben durchaus, dass ein Student, der letzten Endes Mediziner sein wird, sein Handwerk können muss. Zu diesem Zweck haben wir den ersten österreichischen Lehrstuhl für Simulationsmedizin eingerichtet. Das dient der Patientensicherheit. Darüber hinaus nimmt es Ängste bei den Studierenden.“ Als vollwertige Universität werde auch Forschung betrieben. Kratzik: „Wir haben eine aufstrebende klinische Forschung.“ Die Zahl der Publikationen an der SFU-Fakultät für Medizin betrug im Vorjahr 142, 2015, im Jahr der Akkreditierung, waren es 14. Kratziks Fazit: „Es wird.“

Man sei auch dabei, eine Grundlagenforschung aufzubauen, unterstützt durch ein internationales Beraterteam mit Dr. Alan Coleman an der Spitze, der als Vater von „Klon-Schaf Dolly“ bekannt wurde.

Human- und Zahnmediziner absolvieren ihr Bachelorstudium übrigens gemeinsam, erst am Ende des Studiums differenziert sich das Curriculum, erläutert Studiengangsleiter Dr. Constantin Sora. Die Bachelor-Studenten müssen eine Rettungssanitäterausbildung durchlaufen. Heißt: „Sie müssen mit der Rettung fahren ( Arbeiter-Samariter-Bund, Anm. d. Red. ) und sehen einen Haufen Krankheitsbilder, sie lernen die Realität frühzeitig kennen.“ Im Masterstudium wird im hauseigenen Simulationszentrum trainiert.

Einige Beispiele gefällig? „Wenn bei uns Sexualität und Fortpflanzung gelehrt wird, dann beginnt das Modul mit einer Geburt im Phantomraum. Wenn Atmung gelehrt wird, dann lernen die Studierenden, an Puppen Atemmasken anzulegen. Um am letzten Stand der Forschung zu sein, müssen die Studenten am Ende des Moduls Fachliteratur lesen, präsentieren und interpretieren, sagt Studiengangsleiterin Dr. Manuela Födinger. Sie selbst sei „hoch motiviert“, denn „mit diesen Kollegen zusammenzuarbeiten, ist ein einziges Vergnügen“.

MUW-Vizerektor Talazoglu merkt zum Thema Forschung an: „Bei den Privatuniversitäten vermissen wir die Einheit von Forschung und Lehre bzw. die forschungsgeleitete Lehre, sehen stattdessen eher eine reine Berufsausbildung. Auch bei dieser Frage orientieren wir uns nicht an privat versus staatlich, sondern an den international anerkannten und besten Universitäten. Mit diesen stehen wir im Wettbewerb um die besten Köpfe und die Forschungsförderungen bzw. Drittmittel.“

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Metadaten
Titel
Reportage
SFU: quadratisch, praktisch, privat
Publikationsdatum
19.03.2019
Zeitung
Ärzte Woche
Ausgabe 12/2019

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