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Ärzte Woche

27.04.2022

Von Genie zu Genie

verfasst von: Petra Mat’ová

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Der Maler Salvador Dalí erfüllte sich 1938 einen lange gehegten Wunsch und ergatterte einen Termin beim Begründer der Psychoanalyse. Die ins Spanische übersetzten Werke des Arztes übten großen Einfluss auf den Künstler aus. Bis zu dem Treffen mit Dalí hatte Sigmund Freud die Surrealisten für Verrückte gehalten.

Die Beziehungen in der Familie Dalí waren kompliziert. Salvador Dalí hat ihre Vielschichtigkeit sein ganzes Leben lang verarbeitet. Sein älterer Bruder starb knapp zweijährig, neun Monate vor Salvadors Geburt. Dieses Geschwister war in Dalís Leben auf merkwürdige Weise immer präsent. Die Mutter von Dalí starb, als er 17 Jahre alt war. Sein Vater heiratete die Schwester der Mutter. Am nächsten stand ihm seine vier Jahre jüngere Schwester Ana Maria, die er mehrere Male porträtierte.

Salvador Dalí wurde 1904 in Figueres in Nordkatalonien geboren. Dort besuchte er einige Zeit die städtische Zeichenschule. Ab 1922 studierte er an der Kunstakademie San Fernando in Madrid, wo er im Studentenwohnheim mit Luis Buñuel, Federico García Lorca und Pepin Bello Freundschaften schloss.

Erster Kontakt

Dalí schrieb: „Ich bezog ein sehr gemütliches Zimmer in der Residencia de Estudiantes, einem exklusiven Wohnheim, in das aufgenommen zu werden eines gewissen Einflusses bedurfte; die Söhne der besten spanischen Familien wohnen hier. Ich stürzte mich mit der größten Zielstrebigkeit auf mein Studium.“ ( Zit. n. Salvador Dalí, Das geheime Leben des Salvador Dalí. München 1984, S. 195 ) Dalí blieb vier Jahre an der Kunstakademie, bis er nach kritischen Äußerungen hinausgeworfen wurde. Zu dieser Zeit wurden zwei Einflüsse wichtig: Sigmund Freuds Texte und der Surrealismus.

Die Theorie des Begründers der Psychoanalyse bedeutete für Dalí Bestätigung und Weiterentwicklung seines eigenen Interesses am Unbewussten, an dem, was die bloße Realität überschritt, an dem, was seinem Denken und Schaffen Spannung gab und ihn bezauberte. Die in Wien erschienenen Bände Freuds waren ins Spanische übersetzt worden, sodass sie Dalí Anfang der zwanziger Jahre lesen konnte: La interpretation de los suenos I., II. (1923, 1934), Introducción a la psicoanálisis I., II. (1923), Totém y tabú (1923).

Viele Surrealisten interessierten sich für die Theorie von Freud. Die Themen surrealistischer Bilder waren Fantasien, Träume und unbewusste Erfahrungen, oft mit erotischem Unterton. Bei Dalí überraschte und beunruhigte die Verbindung von Körper und Landschaft. Zu Dalís berühmten Bildern surrealistischer Prägung gehört „Untitled. Woman sleeping in a Landscape – Ohne Titel. Schlafende Frau in einer Landschaft“ (1931).

Eine wichtige Quelle der Inspiration war für Dalí die Natur an der spanischen Mittelmeerküste. Die Familie besaß ein Ferienhaus am Meer bei Cadaqués und der kleine Salvador verbrachte dort seine Ferien. Angeblich sah er dort einem Nachbarn stundenlang beim Malen zu. Und er beobachtete das Meer und die Felsen.

Einziges Treffen

Dalí bemühte sich, im Laufe der 1930er-Jahre Sigmund Freud in Wien zu besuchen, war aber nicht erfolgreich. Stephan Zweig, der sowohl mit Dalí als auch mit Freud im Kontakt war, gelang es, eine Begegnung der beiden in London am 19. Juli 1938 zu vermitteln. Für Dalí bedeutete es die Erfüllung seiner Träume, aber auch für Freud war das Treffen interessant. Der Begründer der Psychoanalyse schrieb dazu: „…bis dahin war ich geneigt, die Surrealisten, die mich scheinbar zum Schutzpatron gewählt haben, für absolute … Narren zu halten. Der junge Spanier mit seinen treuherzig fanatischen Augen und seiner unleugbaren technischen Meisterschaft hat mir eine andere Schätzung nahe gelegt.“

Das Bild, welches Dalí zu Freud mitgenommen hat, um an ihm seine Methode zu dokumentieren, heißt „Metamorphose des Narziss“. Das Gemälde ist Dalís Interpretation des altgriechischen Narcissus-Mythos. Narziss war ein Knabe, den die Götter dadurch straften, dass er sich in sein Bild verliebte und zu Tode quälte. In der Komposition des Gemäldes korrespondiert die Hand mit dem Bild des ganzen Körpers und das Ei bedeutet einen neuen Anfang.


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Metadaten
Titel
Von Genie zu Genie
Publikationsdatum
27.04.2022
Zeitung
Ärzte Woche
Ausgabe 17/2022

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