Skip to main content
Ärzte Woche

10.11.2017

Vermummt und zugenäht

verfasst von: Dr. Ronny Tekal, Medizinkabarettist

print
DRUCKEN
insite
SUCHEN

Das gesetzliche BurkaVerbot sorgt für hitzige Diskussionen.

Die meisten heißen Eisen werden zumindest auch mit einem kleinen Funken Humor geschmiedet. Und so ernsthaft man die Diskussion um das Verbot des konservativ islamischen Gesichtsschleiers führt, so amüsant sind die Auswüchse, die daraus resultieren. Der Disput ist tatsächlich ungewöhnlich. Auf der einen Seite stehen die gerne als „Gutmenschen“ diffamierten Personen im Gewissenskonflikt, Religionsfreiheit und kulturelle Vielfalt gegen Frauenrechte abwägen zu müssen, auf der anderen Seite fordern die als „Schlechtmenschen“ diffamierten Personen im Prinzip dasselbe, wenngleich aus anderen Motiven. Aus ärztlicher Sicht kann man lediglich die mangelnde Vitamin-D-Aktivierung in der blassen sub-burka-dermis in die Diskussion miteinbringen.

Seit Kurzem ist in Österreich die Vollverschleierung per Gesetz untersagt. 150,– Euro kostet der Spaß, die Verwaltung zu übertreten. Um nicht gegen die Religionsfreiheit zu verstoßen, umgeht man das Ganze geschickt mit einem generellen Vermummungsverbot. Das bedeutet, nicht nur eine religiös motivierte Vollverschleierung ist in der Öffentlichkeit verboten, sondern jede Form der Unkenntlichkeitsmachung. Wer von einem Hüter des Gesetzes mit Sturmhaube oder Schal erwischt wird, ohne dass es die vorgeschriebenen Minus 20 Grad und 80 km/h Windgeschwindigkeit hat, muss ebenso mit einer Abmahnung rechnen wie eine Dame mit Burka oder Nikab.

Zur Beruhigung der aufgebrachten medizinischen Gemüter sei angemerkt: Chirurgen mit Mundschutz fallen nicht unter das Verhüllungsverbot. Aber nur, wenn sie im OP bleiben und nicht den öffentlichen Raum betreten – auch wenn’s noch so cool aussehen würde. Warum Piloten, die mit Schnauzbart und fetter Sonnenbrille kaum etwas von ihrer Identität preisgeben, dennoch ungeschoren am Flughafen herumstolzieren dürfen, ist ein Rätsel. Auch voll geschminkte Frauen sind erlaubt, selbst bei zentimeterdick aufgetragener Camouflage.

Tatsächlich sieht das Anti-Gesichtsverhüllungsgesetz eine ganze Reihe von Ausnahmen vor. So darf man sehr wohl bei künstlerischer Darbietungen oder traditionellen Brauchtumsveranstaltungen Clownmasken oder Perchtenkostüme tragen. Ob dann beim Krampuslauf auch Burka erlaubt ist, liegt im Ermessen des Exekutivbeamten. Letztlich haben sich auch Ausnahmen für eine Vermummung bei der beruflichen Tätigkeit als sinnvoll erwiesen. Schließlich hat auch die Polizei Maskottchen und möchte sich nicht ständig selbst anzeigen müssen. Daher ist nach wie vor erlaubt, bei der Awareness-Kampagne zur erektilen Dysfunktion im Peniskostüm Broschüren zu verteilen. Unverständlich jedoch, warum sich demzufolge nicht auch Bankräuber, in Ausübung ihres Berufes, mit einer Damenstrumpfhose über dem Kopf kleiden dürfen. Nur der Radiologe belächelt den ungelenken Versuch, hier das Rechte tun zu wollen, ohne rechts sein zu müssen. Denn das Röntgen beurteilen die Menschen niemals nach ihrem Äußeren.

print
DRUCKEN
Metadaten
Titel
Vermummt und zugenäht
Publikationsdatum
10.11.2017
Zeitung
Ärzte Woche
Ausgabe 46/2017

Weitere Artikel der Ausgabe 46/2017