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Ärzte Woche

04.07.2022

Türme des blauen Himmels

verfasst von: Ralf Dolberg

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Im Süden von Chile, in Patagonien, liegt der bekannteste Nationalpark des Landes: „Torres del Paine“. Auf einer Fläche von fast 2500 km² ist er durchzogen von Bergen, Gletschern, Fjorden und Seen. Am bekanntesten ist der Lago Grey mit dem Grey-Gletscher. Tauchen Sie ein in die Wildnis Patagoniens.

Patagonien – bei diesem Namen denkt jeder an den spektakulären Nationalpark „Torres del Paine“, was übersetzt etwa „Türme des blauen Himmels“ bedeutet. Das beeindruckende Paine-Massiv mit bis zu 3.000 m hohen Granitnadeln, die dem Park seinen Namen geben, ist ein Muss für Naturliebhaber. Auch wenn die Granitformation eine große Ähnlichkeit mit den „Drei Zinnen“ in Südtirol hat, beeindruckt die gesamte Landschaft aus mächtigen Bergen, großen Gletscherseen und der einzigartigen Natur.

Hauptreisezeiten ist der Sommer, die Monate November bis Februar, aber auch in dieser Zeit wechseln dichte Wolken mit Sonnenschein ab. Innerhalb von nur kurzer Zeit erlebt man bizarre Wolkenformationen und strahlenden Sonnenschein, was dafür sorgt, dass die atemberaubende Landschaft noch dramatischer erscheint.

Südbuchen und Gletschersee

Die Seen leuchten in Türkis, Smaragdgrün und Azurblau. Die Landschaft ist rau und abwechslungsreich. Es gibt große vergletscherte Bereiche, hohe Berge, viele Seen, „Magellan-Tundra“ und große Wälder aus Zypressen, Südbuchen und Olivillo-Bäumen, außerdem viele Blumenarten, unter anderem auch Orchideen.

Vom kleinen Besucherzentrum am Lago Grey führt die Wanderung ein kurzes Stück durch einen subantarktischen Wald, um am Kiesstrand des Lago Grey den ersten Blick auf den See und den Cerro Paine Grande zu haben. Der Wind weht stets kräftig. Kurze Regenschauer lassen nicht lange auf sich warten, werden von wärmenden Sonnenstrahlen abgelöst, worauf auch schon wieder der nächste Regenschauer folgt. Es lohnt sich der Rundwanderweg zum Mirador del Grey, wo man einen guten Blick auf den Gletschersee und den fernen Grey-Gletscher hat. In dem See schwimmen immer große Eisbrocken, Bruchstücke vom Gletscher, teilweise schneeweiß, manche leuchtend blau.

Mit etwas Glück kann die vielfältige Tierwelt beobachtet werden. Guanakos, Darwin-Nandus, Andenkondore und viele kleinere Vogelarten. Die Pumas werden sich wohl eher im Hintergrund aufhalten.

Ausgelöscht

Ein düsteres Kapitel ist das Schicksal der Ureinwohner Patagoniens, die Tehuelche, Selk’nam, Yámana, Haush und Kawesqar. Sie gerieten mit ihrer nomadischen Lebensweise, bei der sie die Steppen Patagoniens frei durchstreiften oder als Seenomaden an den Küsten lebten, zunehmend in Konflikt mit weißen Siedlern. Die Landinteressen von Schafzüchtern, Goldsuchern und Gutsverwaltern ließen sie rücksichtslos gegen die Ureinwohner vorgehen. Pocken und andere Krankheiten sowie der Alkohol führten ebenfalls zu starken Bevölkerungsverlusten. Im 18. Jahrhundert gab es noch etwa 10.000 Tehuelche, aber um das Jahr 1965 war ihre Kultur praktisch erloschen. Andere Ethnien wurden im Zuge der Besiedelung durch weiße Siedler ebenfalls vollständig ausgerottet.

Riesenfaultier und Säbelzahntiger


In der Nähe von Puerto Natales im Süden von Patagonien finden sich die „Cuevas del Milodon“, 1968 zu einem historischen Nationalmonument Chiles erklärt. Bekannt sind die Höhlen als Fundstelle der Reste eines vor 10.000 Jahren ausgestorbenen Riesenfaultiers. Aus derselben Zeit wurden auch Hinweise auf eine prähistorische, menschliche Ansiedlung in der benachbarten „Cueva del Medio“ gefunden. In der dritten Höhle, der „Cueva Chica“ haben Forscher Hinweise auf Säbelzahntiger gefunden, die hier einst gelebt haben. Die Höhle wurde am Ende der letzten Eiszeit durch Wasser-Erosion aus dem Felsen herausgespült und wirkt wie eine riesige Halle mit freitragender Decke und einer beeindruckenden Akustik.

Nach einem verheerenden Waldbrand, den 2012 ein unachtsamer Tourist verursacht hat, erholt sich die Natur langsam, aber stetig. Wer den Nationalpark besuchen mag, hat die Wahl zwischen Tageswanderungen oder Mehrtagestrekkings. Bekannt sind dabei die Touren „W“ und „O“, aber Tagestouren haben auch ihren Reiz und lassen mehr Flexibilität zu. Für die beliebten, mehrtägigen Trekkingrouten bedarf es mittlerweile einer Reservierungspflicht auf allen Campingplätzen entlang der Route. Die einzigartige Natur lohnt sich auf jeden Fall, kaum sattsehen kann man sich an dem gebotenen Naturschauspiel.


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Metadaten
Titel
Türme des blauen Himmels
Publikationsdatum
04.07.2022
Zeitung
Ärzte Woche
Ausgabe 27/2022

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