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Ärzte Woche

25.06.2020 | Tekal

Reisen nach Pandemia

verfasst von: Dr. Ronny Tekal, Medizin-Kabarettist

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Ein virensicherer Urlaub will geplant sein.

Auch wenn sich die österreichische Tourismuswirtschaft für diese Sommersaison eine semipermeable Grenze wünscht, wo zahlungskräftige Touristen zwar hinein, zahlungskräftige Inländer allerdings nicht hinaus diffundieren können, dürfte aus diesem Vorhaben wohl nichts werden. Der Zug in die Ferne ist doch deutlich attraktiver als jener, der in Attnang-Puchheim endet. So planen die Österreicher eifrig ihre Urlaube, suchen nach Restplätzen und billigen Corona-Schnäppchen, denn Klimawandel und COVID-Krise zum Trotz ist das Wetter hierzulande nach wie vor vergleichsweise bescheiden. Man möchte auch dieses Jahr nicht auf Sonnenbrände, Quallenausschläge und Hepatitis verzichten und investiert den letzten Familiengroschen aus dem Härtefallfonds in die Feriengestaltung.

Die Grenzen sind mittlerweile auch offiziell wieder geöffnet, man muss also weder mit Sanktionen noch mit einer Darmspiegelung durch die Zollbeamten rechnen. Das Außenministerium wünscht eine gute Reise, warnt gleichzeitig aber ausdrücklich davor, eine solche anzutreten und stuft die übrigen EU-Staaten als Hochrisikogebiete ein. Schließlich verfügt nur der heimische Tourismus über die Expertise aus Ischgl, wie man im Urlaub sicher abfeiert.

In welches Land darf man also guten Gewissens fahren bzw. welche besonderen Sicherheitsmaßnahmen sind zu ergreifen? Vorsicht ist sicherlich bei Gegenden angezeigt, in denen Elefanten leben, da sie dazu angehalten sind, einen Baby-Menschen-Abstand zu halten. Das ist bekanntlich zu wenig und sorgt für die Verbreitung der Viren von Rüssel zu Rüssel. Ähnliches gilt für Länder, in denen sich die Einwohner, aus folkloristischen Gründen, nicht zurückhalten können und die Gäste wahlweise umarmen, abknutschen oder mit nicht desinfizierten Blumenkränzen behängen, also etwa das Ausseer-Land. Und Regionen, in denen unzivilisierterweise nicht mit Messer und Gabel, sondern Daumen und Zeigefinger gegessen wird. Etwa in den Fast-Food-Ketten der USA.

Die Reiseveranstalter werden nicht müde zu betonen, dass man sich auf die Gäste eingestellt hat. Hotels haben Plexiglasscheiben in den sensiblen Bereichen Rezeption, Saunabank und Doppelbett. Auch die Fluglinien haben sich bereits vorbereitet, um virensicher zu fliegen, indem sie entweder vorsorglich in Konkurs gegangen sind oder die Bewirtung in der Kabine eingestellt haben. Ein Umstand, der Economyclass-Passagieren ohnehin nicht aufgefallen wäre. In die venezianischen Kanäle hat man viruzides Seifenwasser geleert und überfährt die verbleibenden Viren mit Kreuzfahrtschiffen. Auch die Tauben müssen Masken tragen und am Hotelpool kann man sich, statt mit Sonnencreme, mit Desinfektionsmilch Faktor 50 einreiben.

Dennoch rechnen viele Destinationen mit dramatischen Einbrüchen und einem Ausbleiben der Gäste. Für alle anderen eine neue Erfahrung. Vielleicht ist es sogar der erste Urlaub, an dem man vom Strand aus das Meer sieht.

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Metadaten
Titel
Reisen nach Pandemia
Schlagwort
Tekal
Publikationsdatum
25.06.2020
Zeitung
Ärzte Woche
Ausgabe 26/2020

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