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Ärzte Woche

22.08.2018 | Tekal

Promi-Bonus

verfasst von: Dr. Ronny Tekal, Medizinkabarettist

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Die Behandlung von bekannten Persönlichkeiten öffnet den Spekulationen Tür und Tor.

In den vergangenen Wochen wurde im Wiener AKH eine Lungentransplantation durchgeführt. Das wäre nicht sonderlich erwähnenswert, schließlich ist es nicht die erste Lunge, die der überaus geschickte Kollege Klepetko in seinem Leben verpflanzt hat. Allerdings macht der Umstand, dass es sich beim Empfänger der Lunge um einen der prominentesten Österreicher handelt, den Eingriff zu einem Staatsereignis. An dieser Stelle natürlich auch von mir die herzlichsten Genesungswünsche an Herrn Lauda.

Wenn sich Personen von öffentlichem Interesse unters Messer begeben, so erwacht dann auch das öffentliche Interesse nicht nur an der Person, sondern auch am Messer selbst. Und plötzlich finden sich in der Laienpresse Berichterstattungen über Operationsmethoden, Statistiken zur Anzahl geglückter Lungentransplantationen, eine Homestory über den behandelnden Mediziner und die besten Rezepte für Beuschel.

Das kommt natürlich den Fachgesellschaften gar nicht ungelegen und man freut sich – trotz mahnender Worte an die Reporter, die Privatsphäre des Patienten bitte zu respektieren – über die Gratis-Publicity.

Plötzlich werden Pressekonferenzen abgehalten, um den Gerüchten zum medial vermuteten Gesundheitsstatus (O-Ton: „Niki Lauda isst schon Semmeln, aber er hat Schmerzen!“) vorzugreifen und richtig zu stellen: Es sind keine Semmeln, sondern Croissants. Egal, ob es sich um George Michael, Helmut Zilk, die Kastelruther Spatzen oder eben Niki Lauda handelt – kranke Promis sind für Zeitungs- und Krankenhausschaffende immer gut. Schließlich lässt sich die Wirkung der an sich schon auflagenstärkenden Begriffe „Prinzessin“ und „Fußpilz“ durch deren Kombination potenzieren.

Natürlich animiert die mediale Aufmerksamkeit auch zu Unkenrufen aus der Bevölkerung und ruft investigative Journalisten auf den Plan. Denn ist es nicht verwunderlich, wie rasch ein Promi eine neue Lunge bekommt, wohingegen man als durchschnittlicher Kassenpatient nach Jahren gerade mal ein altes Organ ergattert? Hier kocht der Volkszorn, man mutmaßt zudem, dass Herr Lauda im Spital von den Medizinern mit „Eure Eminenz“ oder zumindest mit „Eure Weltmeisterschaft“ angesprochen wird und er auch am Pflegehemd Sponsorenembleme anbringen darf. Als Beweis für die Ungleichbehandlung wird von einem Patienten berichtet, die trotz schmerzhaftem Hallux valgus nach wie vor kein Großzehen-Transplantat bekommen hat.

Natürlich lässt sich der Promi-Bonus auch ausspielen, wenn man sich in die Hände eines ärztlichen Zampanos begeben will. Es gibt jedoch hierzulande weder Promi-Pillen noch Promi-Gipse, ja nicht einmal Promi-Lungen. Das mag nicht ganz so glamourös klingen, doch Mediziner wissen allerdings, dass beim Endoskopieren ein verlängerter Promi-Rücken aussieht wie jeder andere Arsch. Und das ist auch gut so.

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Metadaten
Titel
Promi-Bonus
Schlagwort
Tekal
Publikationsdatum
22.08.2018
Zeitung
Ärzte Woche
Ausgabe 35/2018

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