Skip to main content

20.06.2022 | Tekal

Pinkel-Watch

verfasst von: Dr. Ronny Tekal, Medizinkabarettist , Dr. Ronny Tekal, Medizin-Kabarettist, Markus Hechenberger

print
DRUCKEN
insite
SUCHEN

© takahashi_kei // iStock

Strandurlaube werden künftig um eine Attraktion ärmer.
Mit „Baywatch“ assoziieren die meisten heldenhafte Rettungsschwimmer, David Hasselhoff in roter Badehose, ohne schwarzes Auto, und knappe Einteiler über ausgedehnten Brustimplantaten. Dabei reicht die Aufgabe der „Badewaschl“, wie die TV-Serie hierzulande hieß, deutlich weiter. Schließlich gibt es eine weitaus größere Gefahr, als zu ertrinken, von einem weißen Hai angeknabbert oder einer Schiffsschraube püriert zu werden: das Unterwasser-Urinieren.

Dem beliebten Wassersport droht deshalb nun das Aus: So haben die Behörden der spanischen Küstenstadt Vigo angekündigt, all jene Personen abzustrafen, die beim Pinkeln am Strand bzw. im Meer erwischt werden. 740 Euro kostet die Erleichterung und dem geschulten Blick eines Strandwächters entgeht kein einziger hüfttief im Wasser stehende Badegast, der unauffällig, aber doch irgendwie selig umherblickt. Laut den städtischen Urinbeauftragten ist das Wasserlassen ein Verstoß gegen die Hygiene- und Sanitärvorschriften. Angesichts der Tatsache, dass ein Harn ohne -wegsinfekt normalerweise steril ist und außer ein paar Elektrolyte, Harnstoff, Wasser und Kokain nicht sonderlich viel Bedenkliches enthält, eine durchaus verhaltensoriginelle Auffassung. Bemerkenswert, dass man sich vor Menschen, die ihre Blase entleeren, scheinbar mehr graust als vor einer Flotte Tankschiffe, die gefracktes Flüssiggas quer durch die Welt schippert und ihre Tanks auf offener See mit Spülmittel und Chlorbleiche reinigt.

Dennoch sind, im Sinne von Hygiene und Sanitär, die Badenden angehalten, bei akutem Harndrang eine örtliche Strandtoilette aufzusuchen, in der der Urin zuerst mit bunten Chemikalien versetzt und erst danach ins Meer geleitet wird. Eine Ungleichbehandlung, die den Menschen diskriminiert. Immerhin pinkelt ein Wal täglich rund 1.000 Liter ins Wasser, ohne von der Küstenwache abgemahnt zu werden. Vielleicht gibt es dieses Umdenken jedoch mittlerweile auch bei den Meeressäugern. Es wäre zumindest eine Erklärung für das oft rätselhafte Stranden der Wale: Weder der Lärm der Schiffe, das Geräusch der U-Boot-Sonare oder der Plastikmüll führen zum desorientierten Auflaufen an den Strand, sondern die verzweifelte Suche nach einem geeigneten, genügend großem Dixi-Klo.

Die Menge eines Badegastes sollte da jedoch keine Rolle spielen. Den passionierten Beckenrandpinklern in öffentlichen Schwimmbädern sei allerdings gesagt, dass Urin mit dem Chlor interagiert und Chloramine entstehen, die nicht nur für den typischen Schwimmbadgeruch, sondern auch rote Augen sorgen. Ein Kleinkind im Olympiabecken macht da vermutlich weniger aus, als eine 24-köpfige Reisegruppe, die sich im Whirlpool vom Restalkohol erleichtert. Im Meer sollte man das Kind jedoch nicht mit dem Seebad ausschütten und die 1968er-Generation, die sich kopfschüttelnd über Rauchverbote, Helikopter-Eltern oder die Helmpflicht beim Rolltreppenfahren wundert, wird wohl auch künftig mit Stolz den eigenen Vornamen ins Meer pinkeln.

print
DRUCKEN
Metadaten
Titel
Pinkel-Watch
Schlagwort
Tekal
Publikationsdatum
20.06.2022