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Ärzte Woche

26.08.2019 | Tekal

Tekal

Nur drei Schritte

verfasst von: Dr. Ronny Tekal, Medizinkabarettist , Dr. Ronny Tekal, Medizin-Kabarettist

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Die Sehnsucht, in wenigen Etappen zum Ziel zu gelangen.

Ein Fitness-Ratgeber mit dem Titel „In 32 Jahren zur Traumfigur“ würde wohl kaum reißenden Absatz finden. Konsumenten verlangen nach raschen Ergebnissen. Und da man sich als Autor mit „In 32 Minuten zur Traumfigur“ wohl etwas zu weit aus dem Fenster lehnen würde, wendet man einen Kunstgriff an und ersetzt eine unüberschaubare Zeitspanne durch überschaubare Schrittangaben. Denn „In drei Schritten zur Traumfigur“ klingt sogar noch besser als die 32 Minuten und sagt nichts darüber aus, ob die Leser nicht vielleicht 32 Jahrzehnte dafür brauchen.

Wie groß die einzelnen Schritte sein müssen, um die Gesamtdistanz zu stemmen, wird natürlich nicht gleich verraten. Ich selbst habe sogar ein 2-Schritte-Programm zur Traumfigur entwickelt (Erstens: Aufhören zu essen; Zweitens: Nicht mehr anfangen zu essen).

Tatsächlich lieben es Menschen, Dinge zu vereinfachen. Schließlich sind die meisten Problemstellungen derart komplex, dass man Lösungen gerne auf eine Handvoll Dinge runter bricht. Selbst Politiker schlagen bei anstehenden Herausforderungen gerne ein „Drei-Punkte-Programm“ vor, das auch rechenschwache Wähler verstehen. Auf diese Weise lässt sich selbst eine Blinddarmoperation für einen Anfänger rasch erklären: „Aufmachen – Rausnehmen – Zumachen“. Drei Schritte.

Motivationstrainer wissen: Scheint der Weg zum Ziel lange, legen die meisten erst gar nicht los. Wohl wissend, dass jeder dieser Wege mit einem ersten Schritt beginnt. Als Neil Armstrong den Mond betrat, hätte er feixend „Erster, ihr Luschen!“ ausrufen können. Die PR-Abteilung der NASA hat ihm jedoch dringend davon abgeraten. So wurde „ein kleiner Schritt für einen Menschen, aber ein großer Sprung für die Menschheit“ ein oft bemühtes Zitat, um die Bedeutung kleiner Schritte hervorzuheben.

Es gibt kaum einen Lebensbereich, der nicht in Etappen zu meistern wäre: „In drei Schritten zum starken Selbstbewusstsein“, „In drei Schritten zur Million“ oder „Malen wie Vincent van Gogh in drei Schritten“. Der Aufwand sollte dabei immer geringer sein als das Outcome, also auf einen Nenner gebracht: „In drei Schritten zu vier Schritten“. Wer eine gewisse buddhistische Gelassenheit an den Tag legt und befindet, dass ohnehin der Weg das Ziel sei, den schrecken auch viele Schritte nicht. Alle anderen, die meinen, dass bei dieser Herangehensweise irgendwann das Ziel weg ist, weil man zu spät ankommt, hoffen auf die Sieben-Meilen-Stiefel in Form der Wenig-Schritt-Anleitungen.

Unser inneres Belohnungssystem, das uns mit einem Schuss Dopamin den Moment versüßt, freut sich über jeden erledigten Schritt. Dabei ist es dem System vollkommen egal, ob es sich dabei um den ersten Schritt von der Mondfähre zur Oberfläche oder um den ersten Schritt von der Couch zum Kühlschrank handelt. Hauptsache, man ist stolz auf das Erreichte. Schließlich ist man damit schon einen Schritt weiter in Richtung Traumfigur. Ganz egal, wie viele noch kommen mögen.

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Metadaten
Titel
Tekal
Nur drei Schritte
Schlagwort
Tekal
Publikationsdatum
26.08.2019
Zeitung
Ärzte Woche
Ausgabe 35/2019

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