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Ärzte Woche

31.03.2022 | Tekal

Netzwerkende Delfine

verfasst von: Dr. Ronny Tekal, Medizinkabarettist

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© Andrea Izzotti // iStock

Zur Ablenkung einmal eine schöne Tiergeschichte.

In Zeiten wie diesen freuen sich die Menschen auf Meldungen abseits von Pandemien, Kriegen und Korruption. So werde ich in letzter Zeit häufiger gefragt, wann es auf der Kabarettbühne endlich wieder etwas zu lachen gibt, um die schlechten Nachrichten in den Nachrichten zu vergessen. Auch wenn ich mir nicht ganz sicher bin, ob es gut ist, sich mit einer humoristischen Dröhnung ins Koma zu lachen oder man stattdessen nicht lieber die Realität einfach mit etwas mehr Humor nehmen sollte, so habe ich doch großes Verständnis für dieses Bedürfnis.

Neben den schönen Künsten und den schönen Kleinkünsten lässt es sich auch wunderbar mit sinnlosen Youtube-Videos ins friedliche, krisen- und korruptionsfreie Nirwana beamen. Wer nun an süße Katzenvideos denkt, dem sei gesagt, dass das Internet weitaus mehr zu bieten hat: Süße Delfinvideos zum Beispiel. Die sind etwas rarer gesät, da viele Katzen in der Wohnung, selten jedoch einen Delfin in der Badewanne haben. Zwar wäre das praktisch, da deutlich mehr Menschen gegen Katzenhaare als gegen Fischschuppen allergisch sind, zumal Delfine als Säugetiere nur dann Schuppen haben, wenn sie auf Head & Shoulders vergessen; doch sowohl WWF als auch Nachbarn, die unter der Wanne wohnen, dürften da etwas dagegen haben. Manchmal hat man das Glück, dass sich die fröhlichen Tierchen inmitten der Nachrichten finden, zwischen Co- und -rona. Denn auch sie sind eine Schlagzeile wert, abseits von Meldungen über sie als Beifang beim Thunfisch. So war meine Freude groß, im News-Widget meines Smartphones, das mich bereits beim morgendlichen Zähneputzen über eine Schlechtwetterfront in Minnesota informiert, zwischen den martialischen Meldungen einen Delfin zu entdecken.

Denn kürzlich hat man festgestellt, dass beliebte Delfine mehr Nachwuchs zeugen. Wenn Delfinmännchen enge Freundschaften mit anderen Männchen aus ihrer Gruppe pflegen, haben sie offenbar mehr Erfolg bei der Fortpflanzung. Wer hätte das gedacht, dass sich ein Delfinweibchen nicht den größten Dolm in der Sippe sucht, um mit ihm durchzubrennen und Schafe zu züchten. Genau solche Nachrichten zeigen uns, dass es in der Welt nicht nur grausam, sondern auch süß zugeht. Zu sehr sollte man sich jedoch in das Thema nicht vertiefen, denn wer ein wenig über die putzigen Meeressäuger recherchiert, stößt bald auf die Meldung, dass ein bisher unbekannter Stamm der Morbilliviren eine Art Delfin-Seuche verursachen könnte (Pandemie) und die Tiere mitunter auch mal andere Schwärme angreifen (Krieg). Nun kommt also noch die Erkenntnis hinzu, dass die beliebten männlichen Delfine mit anderen Männchen netzwerken (Korruption). Da vergeht es mir wieder, denn so ein Delfin ist letztlich auch nur ein Mensch. Selig also all jene, die sich unbeschwert über Flipper freuen können. Oder all jene, die es zustande bringen, sich auch über den Menschen zu freuen. Mit all seinen Eigenschaften.

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Metadaten
Titel
Netzwerkende Delfine
Schlagwort
Tekal
Publikationsdatum
31.03.2022
Zeitung
Ärzte Woche
Ausgabe 14/2022

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