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Ärzte Woche

21.02.2019 | Tekal

Nebenwirkungen

Namen, die Karriere machen

verfasst von: Dr. Ronny Tekal, Medizinkabarettist

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Quod licet Alexander, non licet Kevin.

Es ist gut, wenn das Kind einen Namen hat. Und nicht einmal im übertragenen Sinn. Schließlich kann es zu Verwechslungen kommen, so man einfach „Kind!“ ruft und hofft, dass das Richtige kommt. Allerdings darf der Name nicht unbedacht vergeben werden, da sich diese Entscheidung nachhaltig auf das weitere Leben auswirkt.

Dass man seinem Nachwuchs mit dem Vornamen Adolf vielerorts eher keinen großen Gefallen tut, ist bekannt. Auch Kevin hat sich rasch vom Shooting-Star anglophiler Eltern zum Schuss in Kevins Knie entpuppt. Untersuchungen zufolge haben Kevins nämlich auf Jobsuche geringere Chancen, zu einem Bewerbungsgespräch eingeladen zu werden, als etwa Alexanders.

Die Wirtschaftsauskunftei Bisnode hat kürzlich untersucht, welche Vornamen in den Chefetagen heimischer Unternehmen bevorzugt zu finden sind. Thomas, Michael und Peter stehen ganz oben. Das ist einleuchtend, denn die aktuell so beliebten Lukasse, Eliasse und Davids sind für die Top-Jobs oft noch zu jung. Allerdings scheinen auch andere gängige Namen der 1960er- und 1970er-Jahre wie Kurt, Manfred oder Fritz geringere Chancen zu haben. Bei den Frauen sind es übrigens Elisabeth, Barbara und Brigitte, die die Geschicke der Top-Unternehmen leiten, wohingegen hierzulande nur selten eine Vanessa oder eine Kimberly zu finden ist.

Natürlich zäumt man hier das Pferd vom Schwanz auf, denn rein statistisch hat man als Emilian oder Gwendolyn kaum Chancen, in die Top 10 zu kommen. Wer also nun glaubt, in der hauseigenen Manufaktur Multimilliardäre schaffen zu können, indem man sie auf die Namen Warren, Bill, Mark, Steve oder Jeff tauft, dürfte ein gehöriges Maß an Optimismus und Weltfremdheit besitzen. Da man keine Prognosen abgeben kann, welcher Name sich in 50 Jahren am besten für den Chefsessel eignen wird, hat es auch wenig Sinn, seine Tochter in Österreich Dirk zu taufen – ein Name, der in Deutschland im Schnitt am meisten verdient.

Wir haben es also hier wieder einmal mit dem „im Nachhinein ist jeder ein guter Prophet“-Dilemma zu tun. Und klar würde so mancher Elternteil heute anders entscheiden, hätte man in den 1980er-Jahren gewusst, dass sich der Doppelvorname „Michael-Knight“ nicht als Karrierebooster entpuppen würde. Natürlich wecken Namen Assoziationen, sodass in den Untersuchungen ein Cornelius als intelligent, eine Amelie indes als attraktiv eingeschätzt wird (so man nicht, medizinisch vorgebildet, bei Amelie an das Fehlen der Gliedmaße denkt). Goethe legt dem Protagonisten einer seiner Werke den Satz in den Mund: „Name ist Schall und Rauch“. Das sagt gerade einer, der Faust heißt.

Für das Individuum sind Statistiken zum Glück irrelevant – nicht nur in der Medizin. Und dass wir zurzeit als Staatsoberhaupt einen Alexander und keinen Kevin haben, ist reiner Zufall.

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Metadaten
Titel
Nebenwirkungen
Namen, die Karriere machen
Schlagwort
Tekal
Publikationsdatum
21.02.2019
Zeitung
Ärzte Woche
Ausgabe 8/2019

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