Seit fast 50 Jahren ist der kleine gelbe Pass, mit dem man alles kann, außer verreisen, fixer Bestandteil jeder Wickeltasche. Auch wenn sich so mancher Gynäkologe schlagartig hinter dem Ultraschall versteckt, wenn eine Patientin mit dem leuchtenden Ausweis in der Hand und dem Mann im Schlepptau, künftiger Taufpatin und weiteren vier Kindern aus den ersten vier Ehen die Ordination betritt, um eine umfassende Untersuchung zum Hungerlohn einzufordern.
Von der damaligen Gesundheitsministerin Ingrid Leodolter 1974 im Kabinett Kreisky 2 ins Leben gerufen, konnten die im Pass vorgesehenen Untersuchungen die Mütter- und Säuglingssterblichkeit bereits nach wenigen Jahren drastisch reduzieren. Und wenngleich über die Vätersterblichkeit im Rahmen einer Geburt nichts bekannt ist, ist der Pass dennoch eine Erfolgsgeschichte. Mittlerweile gilt ein gut befüllter Ausweis, wie auch der vollständig beklebte Panini-Impfpass, für verantwortungsvolle Eltern als Selbstverständlichkeit. Unlängst hat in der Ordination ein mittlerweile 28-jähriger Säugling seinen Mutter-Kind-Pass gezückt, um seine Krankengeschichte lückenlos dokumentieren zu können. Zwar konnte er bereits seinen Kopf selbst halten, war allerdings noch nicht aus der elterlichen Wohnung ausgezogen, sodass ich ihm ein paar Punkte weniger im Apgar-Studentenscore eintragen musste.
Nun ist der Mutter-Kind-Pass, aufgrund von Streitereien um zeitgemäße Honorare, in die Schlagzeilen geraten. Da man dieses Tool jedoch allerorts schätzt, wird man sich jedoch zu einigen wissen. Nun soll das in die Jahre geratene Heftchen ins 21. Jahrhundert geholt werden. Aus dem Mutter-Kind-Pass wird nun der Eltern-Kind-Pass, was bezüglich einer gendergerechten Sprache vernünftig erscheint, da sich der Begriff auf alle Geschlechter beziehen kann. Angedacht für künftige familiäre Konflikte ist auch ein Schwiegereltern-Schwiegerkind-Pass. Eine derartige Erfolgsstory sollte jedoch ausgeweitet werden. So wäre eine lückenlose Kontrolle unserer Patienten auch im Erwachsenenalter eine sinnvolle Sache. Zwar gibt es bereits jetzt einen Impfpass. Um alle erfassen zu können, sollte es aber auch einen Impfgegner-Pass geben, in dem alle nicht erwünschten Impfungen eingetragen werden, die in definierten Abständen nicht aufgefrischt werden müssen.
Im letzten Lebensabschnitt, wo traditionell umgekehrt die besorgten Kinder mit den bockigen Eltern in die Ordinationen kommen, wäre ein Kinder-Eltern-Pass die logische Fortführung. Denn so freimütig man die ersten Lebensjahre feiert, so verkrampft gibt man sich im Grand Finale, obwohl man auch dann gewogen, gefüttert und gewickelt wird. Seltsamerweise ist das gesellschaftlich nicht so gerne gesehen, sodass es zwar Werbungen für pürierten Babybrei gibt, jedoch nicht für pürierte Seniorenkost. Nichtsdestotrotz darf man dem gelben Pass weiterhin eine glorreiche Zukunft in neuem Gewand wünschen. Und den Kindern gerecht entlohnte Pädiater.