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Ärzte Woche

19.09.2022 | Tekal

London Bridge is down

verfasst von: Dr. Ronny Tekal, Medizinkabarettist , Dr. Ronny Tekal, Medizin-Kabarettist, Markus Hechenberger

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Thronwechsel-Wirkungen beim britischen Königshaus: Nach Freddie Mercury ist nun auch die Queen von uns gegangen. Neuer Frontman ist Charles der Dritte, der als längst dienender Thronfolger wohl seit geraumer Zeit auch schon selbst über die Dritten verfügt.

Für mich die Gelegenheit, endlich auch über das britische Königshaus zu schreiben. Es ist schließlich nur ein blöder Zufall, dass ich im Springer Verlag eine Kolumne für die „Ärzte Woche“ und nicht für die „Bild am Sonntag“ verfasse. Schließlich bin ich mit der Königsfamilie persönlich sehr eng, da ich alle Netflix-Staffeln von „The Crown“ aufmerksam verfolgt habe. Nicht immer lässt sich dann Fiktion von der Realität trennen, sodass mir mittlerweile Zweifel kommen, ob Prinz Philip tatsächlich mein leiblicher Onkel ist.

Dass die Queen, wie es heißt, im 96. Lebensjahr „völlig unerwartet“ und „viel zu früh“ verstorben ist, mag Anlass zur Trauer sein, die jedoch nicht länger dauern darf als eine Tasse Tee. Die pragmatische Herangehensweise an die Vergänglichkeit des Lebens ist eingedampft im kurzen Satz: „The Queen is dead, long live the King“. Das hat historische Gründe, denn es sollte niemals ein Machtvakuum entstehen – wie im Fernsehen, wo bereits vor dem Ende eines Films ein neuer gestartet wird, sodass man nicht auf die Idee kommt, dazwischen auf einen anderen Sender zu wechseln – oder eben auf eine Demokratie.

In der Rolle des Monarchen etwas anachronistisch aus der Zeit gefallen, ist König Charles III als Biobauer durchaus modern, verfügt somit neben blauem Blut auch über einen grünen Daumen. Ob er dann eine Reise durch das Commonwealth abrupt beendet, weil der Pferdemist am Kartoffelacker ausgebracht werden muss, wage ich zu bezweifeln. So wird er sich künftig damit begnügen müssen, bei den traditionellen Kranzniederlegungen die Chrysanthemen zu stutzen. Tatsächlich beneide ich ihn nicht, außer um die Möglichkeit, einmal mit der vergoldeten Kutsche am McDonald’s Drive-In-Schalter einen Hamburger Royal TS und King-Size Pommes zu bestellen. Aber für diese kleine Freude wäre die Bürde der Krone wohl kein allzu guter Tausch.

Die Briten verstehen es, sich zu inszenieren, selbst das Ableben der betagten Königin wurde mit dem verschlüsselten, jedoch weltbekannten geheimen Code „London Bridge is down“ kommuniziert. Auch uns täte ein wenig mehr Pomp gut, sodass man die erfolgreiche Wahl eines Bundespräsidenten mit „Reichsbrücke is up“ verkündet und weißen Rauch aus der Hofburg aufsteigen lässt (als kleinen Hinweis, wer wiedergewählt wurde).

Mit der Queen geht nun eine Ära zu Ende. Galt sie ihrem Volk gegenüber doch als gütige Königin, was einfach ist, wenn man nur repräsentiert und nicht in Versuchung geführt wird, unartige Untertanen von der Palastwache auspeitschen zu lassen. In Österreich haben wir zwar schon lange keinen Kaiser mehr, wir werden aber einen Teufel tun, das den Touristen zu verraten. Long live the Emperor.

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Metadaten
Titel
London Bridge is down
Schlagwort
Tekal
Publikationsdatum
19.09.2022
Zeitung
Ärzte Woche
Ausgabe 38/2022

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