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18.06.2020 | Tekal | Leben | Online-Artikel

Krisensichere Berufe

verfasst von: Dr. Ronny Tekal, Medizinkabarettist

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Welche Profession tatsächlich immer währt.

Zur Zeit meiner Jugend war es noch Usus, ein Leben lang ein und denselben Job auszuüben. Und wenngleich diese Lebensweise auch heute vielen Medizinern bekannt ist, die ihre besten Jahre im Untertagebau einer Großklinik verbringen, ohne jemals die Sonne zu Gesicht zu bekommen, hat sich die Arbeitswelt doch gehörig verändert. Die Zeiten sind vorbei, da man mit 16 bei der Post angefangen, mit 60 von der Post in Pension gegangen, 10 Jahre später auf dem Post-Friedhof begraben wurde, und die Witwe noch eine Pension, sozusagen Post-hum, bekommen hat. Denn selbst die staatliche Post ist keineswegs immerwährend, man muss umlernen und flexibel sein, mal Briefe, mal Pizza austragen, mal Zalando-Pakete, mal Drogen liefern.

Generell gilt: Je breiter man aufgestellt ist, desto weicher fällt man in Zeiten der Umstrukturierungen. Und wer eine berufliche Erfahrung als Drogenkurier hat, dem traut man auch zu, eine führende Position im Wirtschaftsministerium zu bekleiden.

Natürlich sollte man einen Beruf nicht primär nach den Aussichten, sondern eher aufgrund von Interessen und persönlicher Neigungen wählen. Dennoch hat etwa eine fundierte Ausbildung zum Henker in Österreich kaum Aussicht auf eine erfolgreiche Vermittlung durch das AMS. Selbst der Schritt in einen Mangelberuf führt nicht immer zum Erfolg. So mangelt es etwa vielerorts an Priestern, allerdings noch mehr an Gläubigen. Tatsächlich hat sich die vermeintliche Sicherheit vieler Berufe in den vergangenen Wochen als trügerisch herausgestellt. Auch wenn man verkürzt meint: „Krank sind die Leute immer“, bedeutet das noch lange keine Job-Garantie für Ärzte. Erinnern wir uns etwa zurück an die Zeit der Medizinerschwemme, wo Jungärzte zur Fronarbeit am königlichen Hof des Universitätsklinikums unentgeltlich arbeiteten, da ihnen der Hintern vom Taxifahren schon wehtat. Selbst in der Corona-Krise waren es einige wenige, die an der Front die Viren mit dem brennenden Schwert bekämpften. Der Rest wartete in den leeren Ordinationen auf mutige, behandlungswillige Patienten.

Was ist also von den Ratschlägen unserer Eltern zu halten, sich eine krisensicheren Job zu suchen, „am besten was mit EDV zu machen oder vielleicht doch lieber was mit Computern …?“ Welcher Beruf übersteht alle Krisen? Wo nicht einmal Virologen sicher im Job-Sattel sitzen, denn kommt das nächste Mal statt eines perfiden Virus eine Insektenplage daher, so werden die Heuschreckologen wohl ihre Plätze einnehmen und die Kollegen in Kurzarbeit schicken.

Die Lösung heißt also, flexibel zu bleiben und, neben einer Fixanstellung im Staatsdienst, auch freiberuflich als Universalgelehrter, dem auch die Mikrobiologie nicht fremd ist, tätig zu sein sowie die Fähigkeit zu besitzen, Sauerteig selbst anzusetzen und Survival-Techniken anzuwenden. Allen anderen sei empfohlen, die entstandene Unbill, mit Gelassenheit hinzunehmen. Im Wissen, dass man schon andere Dinge überlebt hat

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