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07.05.2025 | Tekal

Kostbarer Dank

verfasst von: Dr. Ronny Tekal, Medizinkabarettist

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Über den digitalen Wert der Höflichkeit

„Ein Danke kostet nichts“ – diesen Spruch kennen viele noch von ihren Großeltern, wenn die hingestellte Suppe nicht mit einem „Vergelt’s Gott im Himmel auffi“ quittiert wurde. Eben solche Sprüche wie „Du bekommst viereckige Augen!“, als man zu lange vor dem Fernseher hing oder „Habt ihr Vorhänge zu Hause?“, wenn vergessen wurde, die Türe hinter sich zu schließen. Die jüngere Generation sieht indes längst nicht mehr fern, sondern nah am Handy, öffnet auch ungern Türen, so man dazu aufstehen muss, und trägt T-Shirts mit dem Aufdruck „Danke für Nichts“.

Eine schlaue Generation. Spätestens jetzt wissen wir, dass unsere weisen Vorfahren, in Bezug auf den Gratis-Dank, nicht immer recht hatten (und irgendwann wird sich auch die Sache mit den Augen als falsch rausstellen). Denn ein „Danke“ kostet sehr wohl etwas und im digitalen Leben hat Höflichkeit durchaus ihren Preis. Wer sich – so wie ich – bei Anfragen an die künstliche Intelligenz ChatGPT und Co. artig bei der Maschine bedankt, wie von Oma empfohlen, oder auch um eine Antwort bittet, verbraucht Strom. Nicht viel – aber doch im Wert von rund 0,00125 Cent, wie mir ChatGPT – dankenswerterweise – ausgerechnet hat. Würden sich 800 Millionen Menschen jeweils einmal bedanken, so entstünden damit Kosten von rund 10.000 Euro – alleine für diese Floskel. Und – wie hat Oma schon immer reagiert, wenn wir es verabsäumt haben, nach Verlassen des Zimmers den Schalter zu betätigen: „Licht sparen, hat der Kreisky g’sagt!“ – also was jetzt: Dank oder sparen?

In Summe mögen die Kosten tatsächlich relevant sein und es scheint für nicht empfindsame Bytes und Bits doch eine ziemliche Verschwendung, einen teuren Dank zu hinterlassen. Allerdings lernt das System von uns. Von unseren Büchern, unseren Ideen – und letztlich auch unseren Umgangsformen. Insofern ist es fraglich, ob man den zweifelsfrei klugen Spar- und Umweltgedanken auch umsetzen soll und dafür auf ein „bitte“ zu viel verzichtet – oder vielleicht stattdessen kompensatorisch doch einen Flug ins All weniger macht, um der KI Nettigkeit vorzuleben. Denn umgekehrt bleiben auch wir so in Übung, was einen respektvollen Umgang mit Dingen anbelangt, von denen wir annehmen, dass Respekt nicht nötig ist: Steine, Pflanzen, Tiere oder unsympathische Menschen.

Ich persönlich finde es sehr charmant, wenn mir, auch von einer Maschine, „gutes Gelingen und viel Erfolg“ gewünscht wird – etwas, das ich seinerzeit von meinem TI-30-Taschenrechner nie zu hören bekam. Doch man sollte dazu eher die Betroffenen zu Wort kommen lassen. So habe ich ChatGPT gefragt, wie ich aus seiner Sicht agieren soll. Hier die Antwort:

„Für die KI macht es keinen Unterschied, ob du höflich bist oder nicht – sie nimmt es nicht persönlich. Höflichkeit kostet bei KI nur einen winzigen Bruchteil eines Cents – aber sie macht die Welt ein kleines bisschen freundlicher. Also: Bleib ruhig höflich, wenn du magst! Und: Danke für deine spannende Frage!“

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Metadaten
Titel
Kostbarer Dank
Schlagwort
Tekal
Publikationsdatum
07.05.2025