Warum am Ende immer eine gute Nachricht stehen sollte.
„Nachrichtensprecher fangen stets mit ‚Guten Abend‘ an und brauchen dann 15 Minuten, um zu erklären, dass es kein guter Abend ist.“ Was Rudi Carrell so treffend formuliert hat, lässt sich allabendlich erleben. Sei es beim Weltgeschehen, dem Wetter oder den Lottozahlen: So gut die Sache auch beginnt, so ernüchternd das Ende. So versuchen News-Sendungen mehr oder minder krampfhaft, den Berichten über Klimakatastrophen, Kriegen und verlorenen Lottowetten am Ende doch noch einen positiven Spin zu geben. Meist ist es ein Panda-Bär, der an einem Bambus kaut, dabei das Gleichgewicht verliert und umkippt. Solch ein Spaß gilt als gute Nachricht und wiegt das zuvor Gehörte mehr als auf. Dass der Panda-Bär statt im Zoo vielleicht lieber in Freiheit umkippen würde, steht auf einem anderen Blatt. Man will schließlich am Ende der Sendung nicht noch ein Fass zum Thema Tierwohl aufmachen. Neben Tieren kommen auch Kinder oder sehr alte Menschen gut an, die Dinge tun, die nicht ihrem Alter entsprechen. Also etwa an einem Bambus kauen.
Es ist wie das schon etwas länger aus der Mode gekommene „Zuckerl danach“, das man als Kind beim Arzt bekam, wenn man zuvor eine unangenehme Prozedur über sich ergehen lassen musste. Die Meinung, dass ein klebriger Plombenreißer die Pein einer Spritze vergessen machen würde, ist einer der zahlreichen urbanen Legenden, an die man als Erwachsener glaubt, wenn es um Pädagogik geht. Ich weiß nicht, welcher Küchenpsychologe die Ärzte da geritten hat, aber man war scheinbar der Auffassung, je kleiner ein Mensch, desto dämlicher.
Ein Mechaniker, der mir die Hiobsbotschaft verkündet, dass beim Ölwechsel nicht nur das Öl, sondern auch der Motorblock gewechselt werden muss, heitert mich auch nur wenig auf, wenn er mir danach ein Eis verspricht. Die Natur ist da irgendwie gewiefter, wenn sie den Müttern postpartal eine Dröhnung Oxytocin verpasst, sodass sie die Geburtswehen vergessen und nach kürzester Zeit ein weiteres Geschwisterchen in Erwägung ziehen.
Es wird bereits diskutiert, wie gesund das tägliche Verfolgen der Nachrichten ist. So mancher hat sich bereits neben Digital Detox mit News-Avoidance eine Nachrichtenkarenz auferlegt. Ob man damit den Kopf nur in den Sand steckt oder man Psychohygiene betreibt, da man bei einem Amoklauf in Australien eigentlich nur zusehen kann und es dabei nur wenig hilft, wenn man hierzulande weniger mit dem Auto fährt.
Nicht hinzusehen mag auch keine Lösung sein, aber wir haben eindeutig eine False Balance. Denn in einer durchschnittlichen Stadt passieren eine Milliarde gute Dinge und ein paar schlechte. Die TikTok-Generation hat das verstanden. Sie stellen sich ihre eigenen News-Kanäle zusammen und folgen Menschen, die tanzen, mit dem Fahrrad eine Staumauer runterfahren oder aus alten Autoreifen und PU-Schaum eine Architektenvilla bauen. Denn die Welt ist, trotz all der bekannten Krisen, in Summe besser als ihr Ruf.
Ach ja: Ich habe gerade ein Keks zum Kaffee gegessen. Das war wirklich gut!