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Ärzte Woche

21.03.2019 | Tekal

NebenWirkungen

Erhellende Stuhlgang- Apps

verfasst von: Dr. Ronny Tekal, Medizinkabarettist

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Wie hilfreiche Technologien unser Leben vereinfachen.

Für einen Menschen, der in den analogen Zeiten groß geworden ist, kann diese Formulierung gleichsam faszinierend, wie auch gespenstisch sein: „Die App erkennt…“. Denn die kleinen Programme sind mittlerweile in der Lage, Gesichter oder Fingerabdrücke zu erkennen, um Handys zu entsperren. Sie erkennen aber auch, ob man zu Fuß geht, mit dem Fahrrad oder dem Auto unterwegs ist. Das ist überaus praktisch, wenn man vergessen hat, was man gerade tut. Natürlich sind die Dinger einfältig wie ein Stück Holz, denn mit ein wenig Übung im Austricksen der Technik schafft man selbst auf der Couch die geforderten 10.000 Schritte oder am Klo 20 Liegestütz am Stück.

Meine Regen-App erkennt zwar nicht, ob es regnen wird, aber immerhin, ob es bereits geregnet hat. Das ist schon mal ein Anfang, wenn auch nicht sonderlich hilfreich. Dennoch werden die Algorithmen immer ausgeklügelter. Durch bloßes Abfotografieren einer Sehenswürdigkeit wird die Datenbank durchforstet, damit man auch sichergehen kann, dass man in Paris tatsächlich vor dem Eiffelturm steht und nicht etwa vor dem Kreml. Es lassen sich aber auch Bäume, Blumen und Heilpflanzen erkennen. Biologen warnen zwar davor, den beliebten „Pilz-Apps“ allzu viel Glauben zu schenken, ich glaube aber, dass man bei Unzufriedenheit als Schwammerlsucher sein Geld zurückbekommt, wenn auch posthum.

Musste man früher mühselig Lebensmitteltabellen studieren und die Zutaten abwiegen, gibt es heute Apps, die erkennen, was man isst. Ein tolles Tool, dachte ich mir und fotografierte eine Banane, die tatsächlich auch als solche erkannt wurde, ja selbst die Milch im Kaffee wurde entdeckt. Dass das Programm meinen linken Schuh als „Butterkeks, 132 kcal“ identifizierte, kann man ihm nicht verübeln. Beim genauen Hinsehen könnten meine Füße tatsächlich in zwei Butterkeksen stecken. Selbst für die medizinische Praxis sind praktikable Apps im Umlauf, etwa Programme, die Hautkrebs und Herzrhythmusstörungen erkennen. Es war auch nur eine Frage der Zeit, bis die ersten Apps zum Stuhlgang auf den Markt kamen. Programme mit klingenden Namen wie „Poop-Diary“ zeigen, dass man nun auch elektronisch Tagebuch zum täglichen Geschäft führen kann. Besonders hilfreich ist der „Obstipations-Alarm“, wenn ein Tag ohne Darmentleerung erfasst wird. Bald schon wird man sicher auch das Häufchen abfotografieren können, damit die App erkennt, ob Form und Farbe krankhaft sind. Oder man bekommt die Info „Butterkeks, 132 kcal“. Es gibt viele Möglichkeiten, aus Scheiße Geld zu machen. Dennoch finde ich es mitunter beschämend, wie die künstliche Intelligenz vorurteilsfrei Dinge klassifiziert und nicht bewertet. Kategorien wie „schön, hässlich, gut oder schlecht“ muss man den Maschinen erst beibringen. Genießen wir es, solange sie das noch nicht können.

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Metadaten
Titel
NebenWirkungen
Erhellende Stuhlgang- Apps
Schlagwort
Tekal
Publikationsdatum
21.03.2019
Zeitung
Ärzte Woche
Ausgabe 12/2019

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