Skip to main content
Ärzte Woche

13.06.2018 | Tekal

Der rote Penis

verfasst von: Dr. Ronny Tekal, Medizinkabarettist

print
DRUCKEN
insite
SUCHEN

Wie man mit schlüpfrigen Überschriften die ungeteilte Aufmerksamkeit bekommt.

Ich möchte an dieser Stelle all jene neuen Leser ganz herzlich begrüßen, die nur aufgrund der Headline bei diesen Zeilen gelandet sind. Gehen Sie kurz in sich und reflektieren Sie die dahinterstehenden Motive.

Dennoch möchte ich klarstellen, dass es sich hier nicht um ein reines Lockangebot handelt, mal in die Kolumne reinzuschauen. Vielmehr nehme ich Bezug auf einen Umstand, der als Nebenwirkung dieser Nebenwirkungen zu sehen ist. Denn muss man in Kauf nehmen, dass Kolumnen in einem medizinischen Fachmagazin auch in einem medizinischen Umfeld platziert sind. So war in einer der letzten Ausgaben neben meinem Konterfei ein ungesund gerötetes männliches Geschlechtsorgan zu sehen. In Farbe und deutlich größer als mein Kopf. Darüber die Überschrift: „Der rote Penis und seine Ursachen“ (übrigens als eine im Internet auf springermedizin.at von der lieben Kollegenschaft am meisten angeklickte Headline, bitte also auch hier die dahinterstehenden Motive abzuklären).

Vorab, als Präambel: Ich habe nichts gegen Penisbilder. Auch nicht gegen solche, die zwecks Veranschaulichung eines Krankheitsbildes abgedruckt werden. Alleine die Kombination aus Kopf und Penis verstört ein wenig, zumal der Kopf mir gehört, nicht jedoch der Penis. Wenn ich aber auch sehe, auf welch enormes Interesse diese Thematik stößt, schreibe ich jetzt also etwas über den roten Penis, auch wenn es sich lautmalerisch weniger pathologisch, sondern mehr politisch anhört. Wie etwa das „Rote Wien“. Dennoch würde ich meinen, dass sich ein sozialistischer Penis nicht sonderlich von anderen Penissen unterscheidet. Natürlich kann man differenzialdiagnostisch einen schwarzen (gangräneszierenden), einen blauen (posttraumatischen), einen grünen (Hulk-igen) oder neuerdings auch einen türkisen (gangräneszierend und angemalten) Penis unterscheiden – auch wenn das in dieser Form nicht im Diagnosekatalog steht.

Neuerdings beschäftigt der Penis nicht nur Urologen und Hautärzte, sondern auch Kardiologen. Denn der Penis gilt als „Antenne des Herzens“ (wobei ich nochmals die politische Konnotation zurückweisen muss, wenn beim geröteten Penis der verbrämte „Rot-Funk“ ins Rennen geführt wird). Die Antenne ist hier weniger Metapher, sondern reale Messlatte, die bei Gefäßschädigungen nicht mehr so aufrecht steht. Damit ist auch der Empfang gestört oder zumindest die Empfängnis.

Dass die Herzspezialisten bei ihrer Diagnostik dem Penis dennoch kaum Aufmerksamkeit schenken, liegt daran, dass man dort weder ein EKG abnehmen kann noch über einen Katheter in eine Koronararterie, sondern höchstens in die Blase gelangt. So überlässt man das Feld lieber all jenen Kollegen, die aus der Farbe des Penis eine Diagnose zimmern können.

So hoffe ich, auch die penisbildinteressierte Leserschaft zufriedengestellt zu haben – und, dass die liebe Redaktion das nächste Mal keine Hämorrhoide neben meinem Kopf platziert.

print
DRUCKEN
Metadaten
Titel
Der rote Penis
Schlagwort
Tekal
Publikationsdatum
13.06.2018
Zeitung
Ärzte Woche
Ausgabe 24/2018

Weitere Artikel der Ausgabe 24/2018

Redaktionstipp

Billionen in Balance