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Ärzte Woche

01.03.2019 | Tekal

Nebenwirkungen

Barbie im Rollstuhl und mit Prothese

verfasst von: Dr. Ronny Tekal, Medizinkabarettist , Dr. Ronny Tekal, Medizin-Kabarettist

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Die meistverkaufte Puppe der Welt feiert ihren 60. Geburtstag.

Barbie, Stilikone der Kinderzimmer und in einer On-Off-Beziehung mit Ken stehend, feiert runden Geburtstag. Hersteller Mattel möchte – ganz dem Zeitgeist entsprechend – die politisch inkorrekte gertenschlanke Plastikpuppe mit den langen blonden Haaren, den großen Brüsten und dem Luxus-Wohnmobil in Rosa, inklusive aufklappbarem Swimmingpool (Barbie, Wohnmobil und Pool nicht im Set enthalten) vom sexistischen Mief entstauben.

Zudem haben Wissenschaftler errechnet, dass eine Frau mit Barbie-Maßen nicht lebensfähig wäre. Fast 2,20 Meter groß müsste sie sein. Aufgrund des fehlenden Fettgewebes hätte sie weder Menstruation noch Eisprung, sodass sie sich nicht fortpflanzen könnte, auch wenn Ken sich noch so sehr bemüht. Mit den umgerechneten Maßen 99-46-84 wären die inneren Organe zusammengequetscht, sie würde unter Osteoporose, Fehlstellungen in Knie- und Hüfte, Bandscheibenproblemen und mit Sicherheit an einem Hallux valgus leiden, aufgrund der High Heels als einziges Schuhwerk.

Auch wenn Barbie seit 1959 unverändert und genormt lange Zeit ihr Gewicht, trotz ausschweifender Prosecco-Gelage, halten konnte (Prosecco nicht im Set enthalten), hat sie vor einem Jahr mancherorts plötzlich zugenommen. Die „Curvy-Barbie“ erweiterte das Sortiment und sah erstmals ein wenig realistischer aus. Vermutlich ist dieser Wandel weniger dem Klimakterium und dem Rückgang von Barbies wenigen Hormonen, sondern mehr dem Rückgang von Barbies Umsätzen zuzuschreiben. So versuchte man, die oftmals kritisierte Puppe endgültig ins 21. Jahrhundert zu holen, man bekommt mittlerweile große und kleine Modelle, in unterschiedlichen Hautfarben. Zum runden Geburtstag kommt nun auch Barbie im Rollstuhl und Barbie mit abnehmbarer Armprothese in den Handel. Das ist ein guter Anfang.

Wenn man schon Body-Positivity betreiben möchte, sollte man sich etwas häufigerer Krankheitsbilder bedienen. Etwa die Varizen-Barbie, mit Krampfadern zum Aufpumpen. Auch 60 Jahre Rauchen müssten sich bei der Party-Queen bemerkbar machen: Die COPD-Barbie, mit Sauerstoff-Set, und Ken im Passiv-Smoking wäre hier eine Idee. Ganz zu schweigen vom Adipositas-Ken auf der stylishen Couch und der Depri-Barbie vor dem stylishen Medikamentenschrank. Bei allem guten Willen der Marketingabteilung, Diversität ins Kinderzimmer zu bringen, will die Zielgruppe nicht auf den Zug aufspringen. Bereits das Curvy-Model fand keinen reißenden Absatz. Dasselbe Schicksal teilte einst Barbie im Astronautengewand, im Arztkittel oder als Präsidentschaftskandidatin.

Vor die Wahl gestellt entscheiden sich die jungen Kundinnen immer noch für die klassisch verbaute Barbie im Bikini. Auch wenn Eltern ein wertvolles Ich-bin-Ich-Stoff-Wesen als geschlechtsneutrale Identifikationsfigur bevorzugen: Unsere Kinder machen eh, was sie wollen. Und das ist auch gut so.

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Metadaten
Titel
Nebenwirkungen
Barbie im Rollstuhl und mit Prothese
Schlagwort
Tekal
Publikationsdatum
01.03.2019
Zeitung
Ärzte Woche
Ausgabe 10/2019

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