Einleitung
Management von Patienten mit SARS-CoV-2-Infektionen
Aktuelle epidemiologische Situation
Allgemeines zu COVID-19
Symptome | Positiv getestete Personen (inklusive milde Fälle; [%]) | Hospitalisierte COVID-19 Patienten [%] |
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Fieber | 49 | 85 |
Husten | 24 | 86 |
Atemnot | – | 80 |
Muskelschmerzen | – | 34 |
Durchfall | 2 | 27 |
Übelkeit/Erbrechen | – | 24 |
Halsschmerzen | 12 | 18 |
Kopfschmerzen | – | 16 |
Schnupfen | 4 | 16 |
Brustschmerzen | – | 15 |
Bauchschmerzen | – | 8 |
Schwäche, allgemein | 8 | – |
Schmerzen, allgemein | 7 | – |
Hospitalisierungs- und Sterblichkeitsrisiko bei COVID-19 und anderen erregerbedingten ambulant erworbenen Pneumonien
Krankenhausletalität (%) | ICU-Letalität (%) | |
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12,9–14,1 | 17,0–29,5 | |
8,0–12,0 | 17,5–26,0 | |
3,9–18,5 | 21,6 | |
14,8 | 22,0 | |
12,6 | 17,1–41,2 | |
COVID-19 | ||
10,7–21,9 | 61,5 | |
USA (New York)b [37] | 21,0 | 78,0 |
Europa (ECDC) [2] | 14 | – |
Großbritanniena [26] | – | 30,3–50,7 |
Spaniena [38] | – | 29,2 |
Italien (Lombardei)a [39] | – | 25,6 |
Komorbiditäten verstorbener Patienten | COVID-19 (%) | Andere CAP-Erreger (%) |
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Arterieller Hypertonus | 40–75 | 54 |
Diabetes | 20–31 | 31 |
Herzerkrankungen | 23–49 | 38 |
Neurologische Erkrankungen | 13 | 16–19 |
Karzinome | 2–18 | 28 |
Chronische Niereninsuffizienz | 23 | 13–27 |
Chronische Lungenerkrankungen | 8–19 | 6–24 |
Demenz | 18 | 28 |
SARS-CoV-2 bei Kindern
Epidemiologischer Ausblick
Management der SARS-CoV-2-Pneumonie
Basis-Management der SARS-CoV-2-CAP
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Frühzeitige Diagnose einer CAP, von möglicherweise gleichzeitig dekompensierten Grunderkrankungen und Erkennung von lebensbedrohlichen Situationen (Stichpunkt CAP als Notfall)
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Beginn der CAP-Therapie ohne zeitliche Verzögerung (inkludiert Therapie einer respiratorischen Insuffizienz, einer hämodynamischen Instabilität, von dekompensierten Grunderkrankungen und, wenn indiziert, eine antiinfektive Therapie)
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Triage entsprechend den klinischen Befunden (ambulante vs. stationäre vs. intensivmedizinische Therapie)
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Formulierung angemessener Therapieziele und Vermeidung aussichtsloser Übertherapien bei bereits schwer vorerkrankten Palliativpatienten (s. unten)
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In allen Phasen von Beginn an Einhaltung der strikten Hygienemaßnahmen zum Personalschutz und der Vermeidung nosokomialer Infektionen bei ansteckenden Erregern
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Prävention erneuter Infektionen
Diagnostik
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Im ambulanten Bereich sollten während der Pandemie nicht schwer erkrankte Patienten mit den eingerichteten zuständigen Stellen telefonisch Kontakt aufnehmen und sich über das aktuelle Vorgehen informieren und beraten lassen (Abb. 1).
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Bei Patienten in der Notaufnahme oder bereits hospitalisierten Patienten mit dem klinischen Bild einer möglichen fieberhaften Infektion der tiefen Atemwegeund– unauffälligem (oder schwer interpretierbarem) Röntgen-Bildund– negativer Schnelltestdiagnostik (Influenza‑/RSV-/SARS-CoV‑2 PCR, Pneumokokken-/Legionella-Schnelltest)und– COVID-19-typischen laborchemischen Veränderungen (Leukozyten <10,0 × 109/l, Neutrophile <7,0 × 109/l, Lymphozyten <1,0 × 109/l, CRP nur mäßig erhöht [10–130 mg/l], Procalcitonin <1,0 ng/ml [34, 37])sollte die Indikation zu einer CT des Thorax ohne Kontrastmittel großzügig gestellt werden (Kontrastmittel nur notwendig, wenn zusätzlich eine Lungenembolie ausgeschlossen werden soll).
Spezifische Therapie der SARS-CoV-2-CAP
Therapie mit systemischen Steroiden
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Schwere COPD-Exazerbation: 0,5 mg Prednisolon/kg/Tag für 5–7 Tage, dann Stopp.
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Schwere Asthma-Exazerbation: 0,5 mg Prednisolon/kg/Tag für höchstens 7 Tage, dann über weitere 7 Tage ausschleichend.
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Im Verlauf einer svCAP können bei V. a. organisierende Pneumonie, V. a. postpneumonische interstitielle Pneumonie, V. a. hämophagozytische Lymphohistiozytose oder V. a. Exazerbation einer vorbestehenden Lungenfibrose systemische Steroide im Einzelfall erwogen werden.
Pneumologische Intensivmedizin
Expositionsrisiko durch inhalative Therapien
Hospitalisierte COVID-19-Patienten mit schlafbezogenen Atemstörungen
Bronchoskopie bei COVID-19-Patienten
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Sehr kritische Indikationsstellung für eine Bronchoskopie.
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Primäre Nutzung anderer sensitiver diagnostischer Verfahren (z. B. Gewinnung von Trachealsekret via geschlossenem Absaugsystem für mikrobiologische Diagnostik inkl. SARS-CoV-2-PCR).
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Eine Indikation für eine Bronchoskopie besteht für notfallmäßige Eingriffe (beispielsweise bedrohliche Hämoptoe, höhergradige Atemwegsstenose oder Fremdkörperaspiration), oder wenn durch die Bronchoskopie eine alternative Diagnose verifiziert werden kann, die zu einer signifikanten Änderung des therapeutischen Managements führen würde.
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Reduktion der Mitarbeiter (Bronchoskopiker, Bronchoskopieassistenz, ggf. Anästhesieteam) auf ein Kernteam. Keine Studierenden, Aus- oder Weiterzubildenden im Untersuchungsraum.
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Strenger persönlicher Schutz für das gesamte Team (Einmalschutzkittel, Einmalhandschuhe, FFP3-Maske, Schutzbrille/Schutzvisier, Haarschutz). Striktes Achten auf korrektes An- und Ablegen der Schutzkleidung.
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Starre Bronchoskopien mit Jet-Ventilation sollten, soweit medizinisch vertretbar, nicht durchgeführt werden. Wenn eine starre Bronchoskopie unvermeidbar ist, dann nur bei einem intubierten Patienten mit konventioneller Beatmung und Reduktion des Austritts von Aerosol, z. B. mittels FLUVOG-Aufsatz.
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Bei Durchführung einer Lavage fraktioniertes Vorgehen (jeweils 10 ml NaCl 0,9 %; zur Verminderung des Transmissionsrisikos Abklemmen des Saugers nach Probengewinnung bzw. vor Diskonnektion).
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Bei zeitnaher und validierter Aufbereitung der Bronchoskope besteht kein Anhalt dafür, dass der Aufbereitungsprozess zur Desinfektion der Geräte bei SARS-CoV‑2 geändert werden muss.
Therapieziele, Therapiebegrenzungen und Therapierückzug bei COVID-19
Allgemeines Management von Patienten mit chronischen Lungenerkrankungen während der COVID-19-Pandemie
Präventivmaßnahmen zur Vermeidung von COVID‑19 und/oder schwerer Verläufe (Empfehlungen für Patienten mit vorbestehenden Grunderkrankungen)
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Einhaltung der aktuell empfohlenen Hygienemaßnahmen und Kontaktbeschränkungen für chronisch kranke Patienten
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Bei Krankheitssymptomen frühzeitige Kontaktaufnahme mit dem Gesundheitssystem (Abb. 1)
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Fortsetzung der bisherigen Therapie zur Behandlung der chronischen Lungenerkrankung (kein Absetzen von Medikamenten aus Angst vor SARS-CoV‑2, Rücksprache mit dem behandelnden Arzt)
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Sofortige Beendigung des Nikotinkonsums, da Rauchen das Risiko an COVID-19 zu versterben deutlich erhöht [95]
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Körperliche Aktivität, um einer muskulären Dekonditionierung vorzubeugen
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Bei nächster Gelegenheit Komplettierung des Impfstatus bzgl. Pneumokokken
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Impfung gegen Influenza ab November 2020
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Alter >65 Jahre und schwere Lungenerkrankung jeglicher Art
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Alter ≤65 Jahre mit
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pO2 <65 mm Hg unter Raumluft oder
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Langzeitsauerstofftherapie (LTOT) oder
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FEV1 <70 % Sollwert oder
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FVC <70 % Sollwert oder
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Diffusionskapazität <70 % Sollwert oder
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zystischer Fibrose oder
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aktiver Krebserkrankung oder
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systemischer immunsuppressiver Therapie bzw. kongenitaler Immundefizienz
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Influenza-Impfung
Asthma und COPD
Asthma
COPD
Asthma- und COPD-Patienten mit wahrscheinlicher oder bestätigter SARS-CoV-2-Infektion
Lungenkarzinom
Zystische Fibrose (CF; Mukoviszidose)
Interstitielle Lungenerkrankungen
Pulmonale Hypertonie
Pneumologische Rehabilitation und Rauchertherapie
Schlafbezogene Atemstörungen
Transplantation
Kardiorespiratorische Physiotherapie
Physiotherapeutische Interventionen, die potenziell mit einer gesteigerten Virusexposition verbunden sind, inkludieren
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Inhalationstraining, Sekret fördernde Techniken und Sputum-Induktion
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Manuelle und maschinelle Hustenunterstützung (Cough-Assist)
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Sauerstofftherapie (auch mit Nasenbrille)
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Intermittent Positive Pressure Breathing (IPPB) und NIV
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Absaugen aus dem Luftweg
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Mobilisation und Training
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Versorgung tracheotomierter Patienten
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In- und exspiratorisches Muskeltraining
Inhalationen
Grundregeln für physiotherapeutische Interventionen an intubierten/tracheotomierten Patienten mit COVID-19 oder Verdacht auf COVID-19
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Absaugen bei intubierten/tracheotomierten Patienten nur mit geschlossenem Absaugsystem.
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Eine Diskonnektion des beatmeten Patienten vom Beatmungsgerät ist generell zu vermeiden – wenn unumgänglich, sollte dies nach Möglichkeit nur mit abgeklemmtem Tubus und deaktivierter Beatmungsmaschine durchgeführt werden.
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Das Ablassen des Cuffs einer Trachealkanüle, ebenso wie das Reinigen der Innenkanüle ist potenziell mit dem Risiko einer Virusübertragung durch die Luft verbunden.
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Inspiratorisches Muskeltraining, das Verwenden von Sprechventilen und Sprechtraining mit Trachealkanüle sollten erst nach dem Abklingen der akuten Infektion stattfinden, um das Risiko einer Virusübertragung zu minimieren.
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Immer Verwendung persönlicher Schutzausrüstung (Maske; Brille; langärmelige Schutzmäntel; Handschuhe; bei Personal mit Bart sollte die Gesichtsbehaarung soweit entfernt werden, dass ein ordnungsgemäßer Sitz der Gesichtsmaske möglich ist; bei Interventionen, welche die Viruslast im Raum erhöhen, ist ein Haarschutz zu tragen).
Allgemeine zusätzliche Empfehlungen für APT bei nichtintubierten Patienten
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Immer Verwendung persönlicher Schutzausrüstung (s. oben)
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Husten-Etikette einhalten (gilt für Personal und Patienten):
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Während des Hustens und des Expektorierens den Kopf abwenden
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Das Sekret in einem Taschentuch oder Behälter auffangen und gleich entsorgen – anschließend obligatorische Händedesinfektion
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Bei geplanten Hustenmanövern: Mindestens 2 m Abstand und/oder aus der Hustenlinie gehen
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Physiotherapeutische Interventionen nur nach Anforderung/Rücksprache mit dem verantwortlichen Arzt
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Im Fall der Notwendigkeit einer physiotherapeutischen Intervention mit potenziellem Risiko einer Virusübertragung:
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Durchführung im Ein-Bett-Zimmer bei geschlossener Türe
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Minimum an Personal anwesend, alle mit persönlicher Schutzausrüstung
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Verwendung von Einmal-Produkten
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Keine Sputum-Induktion
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Keine manuelle Hyperinflation, wenn eine maschinelle Möglichkeit besteht
Pneumologische Pflege
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Konsequente Einhaltung persönlicher Hygienemaßnahmen:
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Häufiges Händewaschen
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Vermeidung des Kontakts mit Augen, Nase und Mund
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Niesen und Husten möglichst in ein Taschentuch, welches anschließend sofort entsorgt wird
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Mindestabstand zu anderen Personen 2 m
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Händehygiene in allen Bereichen des Gesundheitswesens
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Organisatorische Schutzmaßnahmen:
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Reduktion und Lenkung der Patientenströme zur Vermeidung der Übertragung von Patient zu Patient
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Versorgung der betroffenen Patienten mit einem Mund-Nasen-Schutz, wenn der Gesundheitszustand der Patienten es zulässt
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Räumliche Distanzierung von Verdachtspatienten von anderen Personen, idealerweise durch Unterbringung in einem Isolationszimmer mit Unterdruckschleuse und eigener Nasszelle
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Reduktion des Patiententransports auf ein notwendiges Minimum inklusive Vorinformation des Transportpersonals
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Reduktion sozialer Kontakte (Besucher im Krankenhaus) durch Steigerung telekommunikativer Möglichkeiten, Beschränkung der Anzahl der Besucher und der Dauer des jeweiligen Besuchs inklusive Einweisung der Besucher auf die Hygienemaßnahmen
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Information, Schulung und Einweisung des betroffenen Personals zu Schutzmaßnahmen und Beobachtung des jeweils eigenen Gesundheitszustands
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Reduktion des Ein- und Ausschleusens für die Behandlung und Pflege der betroffenen Patienten durch Kohortierung von Betroffenen unter gewissen Voraussetzungen bzw. Planung und Zusammenlegung von patientennahe durchzuführenden Maßnahmen
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Desinfektion und Reinigung patientennaher und kontaminierter bzw. kontaminationsgefährdeter Flächen und verwendeter Medizinprodukte durch Desinfektionsmittel mit zumindest begrenzt viruzider Wirksamkeit
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Personalschutzmaßnahmen/persönliche Schutzausrüstung:
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Die Auswahl der geeigneten persönlichen Schutzausrüstung richtet sich nach Art und Umfang der Tätigkeiten, die an Patienten durchgeführt werden.
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Durch die aktuell weltweite Nachfrage nach Materialien zur persönlichen Schutzausrüstung soll auf einen ressourcenschonenden Umgang mit den zur Verfügung stehenden Produkten geachtet werden (Möglichkeiten der Wiederverwendung unter Einhaltung der jeweiligen Herstellerangaben und Sicherstellung der korrekten Zwischenlagerung).
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Das An- und Ausziehen der persönlichen Schutzausrüstung soll konsequent geübt werden; bei COVID-19-Patienten soll nur geschultes Personal eingesetzt werden.
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In vollständig isolierten Bereichen (etwa eine gesamte Station in einem Krankenhaus) sollte darauf geachtet werden, dass Schichten von Pflegepersonen, die die Schutzausrüstung dauerhaft tragen, nicht länger als 3 bis maximal 4 h dauern, bevor eine Pause eingelegt werden kann; dies soll verhindern, dass sich druckbedingte Verletzungen durch die Schutzausrüstung bilden. Hydrokolloide zum Schutz der Haut haben sich hierbei ebenso bewährt.
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Händedesinfektion mit Desinfektionsmitteln mit zumindest begrenzt viruzider Wirksamkeit vor Anlegen der Schutzausrüstung bzw. nach Ausziehen der Handschuhe und vor Verlassen des Zimmers, und nach den sonst üblichen Regeln der Händehygiene
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Bei Tätigkeiten, die mit Aerosolproduktion einhergehen, sollen Atemschutzmasken getragen werden, die zumindest 95 % aller Partikel mit einem Durchmesser von >0,3 µm abhalten. Dies entspricht der FFP2-Klasse der in Europa verwendeten Klassifikation der Atemschutzmasken.
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Die minimale persönliche Schutzausrüstung bei der direkten Versorgung von COVID-19-Patienten oder bei Verdacht auf das Vorliegen einer SARS-CoV-2-Infektion besteht aus FFP2-Masken, Schutzbrille oder Gesichtsschild, einem langärmeligen wasserabweisenden Schutzkittel und Einweghandschuhen.
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