Die unendliche Geschichte: Hormonersatztherapie (HRT) und Brustkrebs
Zusammenfassung
Das Ziel der vorliegenden Studie war es, den Einfluss verschiedener HRT-Typen und deren Anwendungsdauer auf das Brustkrebsrisiko zu untersuchen. Hierfür wurden die Daten von 50- bis 79-jährigen Frauen, die im Zeitraum 1998–2018 in einer der beiden grössten prospektiven Primärversorgungsdatenbanken in England registriert wurden, mit Daten aus drei spezifischen Datenbanken (z. B. Krebsregister) verknüpft. Frauen, die in diesem Zeitraum an Brustkrebs erkrankten („Fälle“; n = 98.611), wurden mit nicht an Brustkrebs erkrankten Frauen („Kontrollen“; n = 457.498) verglichen (sog. „nested case-control study“). Im Vergleich zu den „Kontrollen“ waren an Brustkrebs erkrankte Frauen eher übergewichtig/adipös, Exraucherinnen und hatten häufiger eine positive Eigenanamnese für eine benigne Brusterkrankung oder andere Krebserkrankung sowie eine positive Familienanamnese für Brustkrebs.
34 % der „Fälle“ bzw. 31 % der „Kontrollen“ hatten bis ein Jahr vor dem Indexdatum (= Zeitpunkt der Erstdiagnose Brustkrebs bei den „Fällen“) eine HRT angewandt. Der Start der HRT-Exposition wurde als der Zeitpunkt der ersten Verschreibung (u. a. Östrogenmonotherapie [ET], Östrogen+Gestagen [EPT], Tibolon [TIB]) definiert. ET umfasste die Östrogentypen Estradiol (E2) und konjugierte equine Östrogene (CEE). Die meisten HRT-Anwenderinnen erhielten eine EPT (74 % der „Fälle“ und 70 % der „Kontrollen“). Die vier häufigsten Gestagenkombinationspartner in EPT waren Norethisteronacetat (NETA), Levonorgestrel (LNG), Medroxyprogesteronacetat (MPA) und Dydrogesteron (DYD). Bei der Auswertung der EPT-Daten wurden die Östrogentypen nicht differenziert. Am häufigsten wurde CEE+MPA oder CEE+LNG verschrieben; E2 wurde nur in Kombination mit NETA oder DYD verschrieben. 43 % der Frauen wechselten während des Beobachtungszeitraums das EPT-Präparat. Jede EPT wurde als separate HRT-Exposition bewertet. Bei der HRT-Anwendungsdauer wurden sechs Kategorien gebildet: nie, < 1 Jahr, ≥ 1 und < 3 Jahre, ≥ 3 und < 5 Jahre, ≥ 5 und < 10 Jahre, ≥ 10 Jahre. „Past use“ wurde definiert als HRT-Stopp ≥ 5 Jahre vor dem Indexdatum.
Im Vergleich zu keiner HRT („never HRT use“) war das Brustkrebsrisiko für eine ≥ 5-jährige ET (adjustierte OR 1,15, 95 %-KI 1,09–1,21) bzw. EPT (adjustierte OR 1,79, 95 %-KI 1,73–1,85) signifikant erhöht. Bei Berücksichtigung des Gestagentyps in EPT war das Risiko für NETA (adjustierte OR 1,88, 95 %-KI 1,79–1,99) am höchsten und für DYD (adjustierte OR 1,24, 95 %-KI 1,03–1,48) am niedrigsten.
Interessant ist der Vergleich der absoluten Fallzahlen in der vorliegenden Studie mit denen der Metaanalyse ([
1]; Tab.
1). In der aktuellen Studie sind die Risiken für Brustkrebs unter einer ≥ 5-jährigen HRT niedriger als in der Metaanalyse [
1].
Tab. 1
Vergleich der absoluten Fallzahlen in der vorliegenden Studie mit denen der Metaanalyse [
1]
CEE | 946 | 8,9 | 1,12 (1,04–1,21) | 1910 | 9 | 1,32 (1,25–1,39) |
E2 | 1170 | 9,2 | 1,18 (1,10–1,26) | 1563 | 9 | 1,38 (1,30–1,46) |
LNG | 1368 | 8,2 | 1,86 (1,74–1,99) | 1735 | 9 | 2,12 (1,99–2,25) |
NETA | 1979 | 8,1 | 2,00 (1,89–2,11) | 2642 | 9 | 2,20 (2,09–2,32) |
MPA | 724 | 7,7 | 1,91 (1,75–2,10) | 2012 | 9 | 2,07 (1,96–2,19) |
DYD | 137 | 7,8 | 1,28 (1,06–1,56) | 162 | 9 | 1,41 (1,17–1,71) |
TIB | 448 | 8,1 | 1,34 (1,21–1,49) | 680 | 9 | 1,57 (1,43–1,72) |
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