Skip to main content
Ärzte Woche

02.02.2018 | Schmerztherapie

Cannabidiol ohne Effekt aufs Gehirn

print
DRUCKEN
insite
SUCHEN

Der Hanf-Inhaltsstoff Cannabidiol gewinnt in der Medizin in verschiedenen Anwendungen an Bedeutung. Eine neue britische Studie legt zum Beispiel eine Wirkung bei durch Chemotherapie verursachte Neuropathie nahe.

Cannabidiol (CBD) ist einer der Hanfinhaltsstoffe, der für verschiedene medizinische Anwendungsbereiche an Bedeutung gewinnt. Der aus der weiblichen Hanfpflanze gewonnene Wirkstoff aus der Gruppe der Cannabinoide hat krampflösende, angsthemmende und Übelkeit sowie Entzündungen dämpfende Eigenschaften.

Positive Effekte zeigt der Wirkstoff unter anderem bei Epilepsien und Spastik, jedoch in gewissem Ausmaß auch bei der Behandlung von bestimmten schmerzhaften Zuständen. „Man kann Cannabidiol begleitend zur Schmerzreduktion bei sonst therapieresistenten Symptomen einsetzen“, sagt Prof. Dr. Rudolf Likar, Generalsekretär der Österreichischen Schmerzgesellschaft (ÖSG) und Leiter der Abteilung für Anästhesie und Intensivmedizin am Klinikum Klagenfurt anlässlich der 17. Österreichischen Schmerzwochen 2018.

THC und CBD werden eingesetzt

Mit den verschiedenen Cannabisinhaltsstoffen beschäftigt sich die Wissenschaft schon seit Langem. Bei den medizinischen Anwendungen im Vordergrund stand zunächst die bekannteste Substanz, das Delta-9-Tetrahydrocannabinol (THC), das auch die psychotropen Eigenschaften von Cannabis vermittelt. Hierzulande sind Fertigarzneimittel mit THC oder magistraliter in der Apotheke zubereitete Cannabinoid-Medikamente erhältlich. Der Wirkstoff CBD ist als hoch gereinigte Substanz aus Industriehanf verfügbar.

Likar verwendet CBD als Zusatztherapie bei Patienten, bei denen schwere Schmerzsymptome infolge von Krebserkrankungen, Fibromyalgie oder auch aus anderen Ursachen unter Verwendung von Opioiden und anderen Medikamenten nicht ausreichend unter Kontrolle gebracht werden konnten. THC ist auch bei Appetitlosigkeit wirksam.

Auch bei Chemotherapien hilfreich

Eine neue britische Studie legt nahe, dass CBD Neuropathien lindern kann, die durch bestimmte Chemotherapien verursacht werden. Die Therapie wird somit leichter verträglich. Im Tierversuch zeigte sich, dass CBD und THC jeweils alleine und in Kombination die mechanische Allodynie, also durch einen normalerweise harmlosen Reiz erzeugten Schmerz, abschwächte, die durch Paclitaxel verursacht wird.

Paclitaxel wird zur Behandlung verschiedener Krebsarten eingesetzt, zum Beispiel Brustkrebs. Einen ähnlichen Effekt zeigte CBD auch bei Oxaliplatin, dass in der Chemotherapie bei kolorektalem Karzinom verwendet wird. Hier schwächte der Wirkstoff die durch das Krebsmittel verursachte mechanische Sensitivität und somit die Schmerzen ab.

Beim Krebsmittel Vicristine zeigte sich dieser schmerzlindernde Effekt von CBD im Tierversuch nicht. „CBD könnte helfen, die Entwicklung von peripheren Neuropathien bei einer Chemotherapie zu verhindern und somit die neuropathischen Beschwerden von Krebspatienten lindern. Seine Wirksamkeit könnte durch den gleichzeitigen Einsatz von geringen Dosen von THC verstärkt werden“, sagt Likar. „Allerdings sind hier noch weitere Studien erforderlich, um den Effekt beim Menschen zu sehen.“

CBD wird im Magen nicht psychotrop

Die immer wieder geäußerten Bedenken, CBD könne im Magen in psychotropes THC umgewandelt und somit zu einer Substanz werden, die grundsätzlich dem Suchtmittelgesetz unterliegt, werden in neueren Medikationen zerstreut. CBD selbst bindet sich nicht an CB1-Rezeptoren und ist daher frei von psychotropen Effekten. Unter Laborbedingungen kann CBS zwar in THC und andere Cannabinoide umgewandelt werden. Dies geschieht unter Einsatz von künstlich hergestellter Säure, die der Magensäure ähnelt.

Dieses In-vitro-Experiment lasse aber keine Rückschlüsse auf den menschlichen Körper zu, sagt Likar: „Die physiologischen Zustände im Magen weichen stark von den im Labor erzeugten ab. Daher überrascht es auch nicht, dass die Umwandlung von oral eingenommenem CBD zu THC und seinen Metaboliten selbst nach Einnahme von hohen Dosen nicht beobachtet wurde. Typische psychotrope Wirkungen von THC wie Benommenheit, Euphorie, Konzentrationsschwäche, Übelkeit oder Herzrasen wurden in keiner der kontrollierten randomisierten Studien zur Einnahme von CBD beobachtet.“

Literatur

1. King KM et al., Br J Pharmacol. 2017 Sep;174(17):2832-2841. DOI 10.1111/ bph.13887. Epub 2017 Jul 27

2. Nahler G et al., Cannabis Cannabinoid Res. 2017 May 1;2(1):81-86. DOI 10.1089/ can.2017.0009. eCollection 2017.

Metadaten
Titel
Cannabidiol ohne Effekt aufs Gehirn
Publikationsdatum
02.02.2018
Zeitung
Ärzte Woche
Ausgabe 6/2018

Weitere Artikel der Ausgabe 6/2018

www.gesundheitswirtschaft.at (Link öffnet in neuem Fenster)

Mit den beiden Medien ÖKZ und QUALITAS unterstützt Gesundheitswirtschaft.at das Gesundheitssystem durch kritische Analysen und Information, schafft Interesse für notwendige Veränderungen und fördert Initiative. Die ÖKZ ist seit 1960 das bekannteste Printmedium für Führungskräfte und Entscheidungsträger im österreichischen Gesundheitssystem. Die QUALITAS verbindet seit 2002 die deutschsprachigen Experten und Praktiker im Thema Qualität in Gesundheitseinrichtungen.

zur Seite

www.pains.at (Link öffnet in neuem Fenster)

P.A.I.N.S. bietet vielfältige und aktuelle Inhalte in den Bereichen Palliativmedizin, Anästhesie, Intensivmedizin, Notfallmedizin und Schmerzmedizin. Die Informationsplattform legt einen besonderen Schwerpunkt auf hochwertige Fortbildung und bietet Updates und ausgewählte Highlight-Beiträge aus Schmerznachrichten und Anästhesie Nachrichten.

zur Seite