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17.02.2021 | Schmerztherapie | Pharma News | Online-Artikel | Spectrum Therapeutics Austria GmbH

Kasuistik

Fallbericht: Wirkstoff Dronabinol – Reduktion von Spastik und Gewinn an Mobilität

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Nach einem Sturz mit Frakturfolge am Oberschenkel wird eine 74-jährige Patientin mit Multipler Sklerose stationär versorgt. Aufgrund von Multimorbidität sowie reduziertem Allgemein- und Ernährungszustand drohte die Immobilität. Mit einer Anpassung der Schmerzmedikation konnte dies nicht nur verhindert, sondern der Patientin auch Lebensqualität zurückgegeben werden.

Die Patientin erhielt nach einer traumatischen subcapitalen Femurfraktur links in der Abteilung für Unfallchirurgie eine Teilendoprothese. Anschließend wurde sie zur weiteren stationären Remobilisation von der Abteilung für Akutgeriatrie übernommen.

Anamnese

Bei der Sturzanamnese berichtete die Patientin, dass sie unmittelbar nach dem Aufstehen aus dem Bett zu Fall gekommen sei und sich dabei die folgenschwere Fraktur zugezogen habe. Die Patientin vermutete, dass das Bein nachgegeben habe. Dies sei bereits wiederholt aufgetreten, da
die Patientin an einer langjährigen Multiplen Sklerose (MS) mit schubförmig remittierender Verlaufsform und sekundärer Progression leidet, ohne aktuell neurologischer Indikation zur spezifischen Therapie aufgrund des deutlich eingeschränkten Allgemeinzustandes. Es bestand eine Inkontinenz bei neurogener Harnblasenentleerungsstörung.
Die Patientin wies eine postoperative Anämie auf, welche sich nach Erythrozytenkonzentrat-Substitution besserte, weiters benötigte die Patientin Schilddrüsenhormongaben bei manifester Hypothyreose. Darüber hinaus litt sie an einem Zungengrundkarzinom mit vorangegangener Strahlen- und Chemotherapie sowie an einer Anpassungsstörung mit depressiver Reaktion.
Bei Übernahme präsentierte sich die Patientin in reduziertem Allgemein- und Ernährungszustand mit drohender Immobilisation. Es fand sich ein abendliches Unruhegefühl im Bereich des rechten Beines. Ziehend brennende, spastische Schmerzen standen unter der laufenden analgetischen Medikation im Vordergrund. Mit einer angegebenen Intensität von 5 auf der Numerischen Rating-Skala (NRS) war die Patientin im Rahmen der benötigten physiotherapeutischen Mobilisation trotz prinzipiell erlaubter Vollbelastung deutlich beeinträchtigt. Ebenso zeigte sich die Patientin weinerlich und situativ belastet mit schlechter Schlafqualität, Angst vor neuerlichen Stürzen und quälenden Zukunftsängsten.
Im Rahmen der onkologischen Vorerkrankung erfolgte die Mahlzeiteneinnahme zuhause in Form von Trinknahrungen. Aufgrund der erschwerten Ernährungssituation bei bestehendem Appetitmangel mit Malnutrition wurde mit der Patientin auch über eine PEG-Sondenimplantation diskutiert.

Medikation

Die Vormedikation der Patientin bestand aus den Analgetika Metamizol 500 mg-Tabletten 3-mal täglich, Paracetamol 500 mg-Tabletten 3-mal täglich plus Piritramid 7,5 mg i.v. bis zu 3-mal täglich bei Schmerzspitzen sowie einer OsteoporoseBasistherapie mit Calzium- bzw. Vitamin D-Gaben.
Die Medikation wurde bei Übernahme wie folgt angepasst: Metamizol wurde auf Tropfenform, 4-mal 20 ggt., umgestellt und die Thera-
pie mit Paracetamol von peroral auf intravenös 2-mal 1 g täglich geändert Piritramid wurde abgesetzt und Buprenorphin 0,2 mg kurzzeitig sublingual bei Durchbruchschmerz angeboten. Eine Schlafmedikation wurde mit Triazolam 0,25 mg ½ Tablette und Zolpidem 10 mg ½ Tablette zur Nacht verabreicht.

Rationale der Dronabinol-Therapie

Trotz Anpassung der Schmerzmedikation blieb die Analgesie unzureichend, während eine spezifische antispastische Therapie der MS aus neurologischer Sicht nicht indiziert war. Dronabinol wurde zur Therapie der spastischen Komponente der immobilisierenden Schmerzen gewählt. Ebenso war eine ergänzende Appetitsteigerung, neben der laufenden diätologischen und logopädischen Betreuung, zum allgemeinen Kräfteerhalt erwünscht. Eine anxiolytische sowie schlafanstoßende Wirkung wurden ebenso angestrebt.
Die Therapie mit Dronabinol als ölige Lösung wurde langsam über einen Zeitraum von 14 Tagen bis zur Zieldosis von 7,5 mg auftitriert (siehe „Dosierschema“).

Klinischer Verlauf

Nach Einleiten der Therapie mit Dronabinol waren die spastischen Schmerzempfindungen gänzlich sistiert und konnten von einem initial angegebenen NRS-Wert von 5 auf den Wert von 0 reduziert werden. Die Patientin war wieder mit einem Rollator selbstständig gehfähig. Parallel dazu konnte die orale Zufuhr von anfänglich lediglich 600 kcal auf 1.600 kcal/ Tag mittels Trinknahrungen verbessert werden. Somit konnte die An-
lage einer Ernährungssonde erfolgreich verhindert werden. Weiters waren die psychische Anspannung sowie die vorangegangene Sturzangst abgeklungen und der Nachtschlaf zufriedenstellend. Die Patientin konnte ihre Lebensqualität trotz bestehender Multimorbidität wiedererlangen.
Die analgetische Medikation mit Metamizol wurde beibehalten, Paracetamol und Buprenorphin konnten abgesetzt werden. Auf die schlafanstoßende Therapie mit Triazolam sowie Zolpidem wurde verzichtet, ergänzend wurde Quetiapin 25 mg eine Tablette zur Nacht bei Insomnie angeboten.
Dronabinol wurde insgesamt über 28 Tage im stationären Verlauf verabreicht und problemlos toleriert, in der nachfolgenden teilstationären Rehabilitation wurde die Medikation aufgrund des Therapieerfolgs bei guter Verträglichkeit weitergeführt.  

Tabelle: Dosierschema

25mg/ml ölige Dronabinol-Lösung

3 Tropfen = 2,5 mg

Tag 

morgens

mittags

abends

Tag 1

0

0

2

Tag 2-7

2

0

2

Tag 8-9

2

2

2

Tag 10-12

2

2

3

Tag 13

2

3

3

Ab Tag 14

3

3

3