Klarer Kopf, moderne Wege

Patient:innen mit Schizophrenie, Depression und Migräne kämpfen mit zahlreichen Herausforderungen, die sie in ihrer Lebensführung mitunter massiv beeinträchtigen. Ein Symposium im Rahmen der 25. Jahrestagung der Österreichischen Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik (ÖGPP) evaluierte mögliche Lösungsansätze. ericmichaud / Getty Images / iStock × Aripiprazol 2-Monatsdepot in der Schizophrenie Der Nutzen von Antipsychotika zur Behandlung und Rezidivprohylaxe schizophrener Episoden ist unbestritten [1]. Daten einer finnischen Langzeit-Kohortenstudie an über 62.000 Patient:innen zeigen darüber hinaus, dass Antipsychotika auch die krankheitsassoziierte Gesamtmortalität verglichen mit Placebo signifikant reduzieren [2]. Die Ansprechraten sind umso größer, je früher mit der Therapie begonnen wird [3]. Umgekehrt korreliert die Dauer einer unbehandelten Psychose mit kognitiven Einschränkungen, die vor allem exekutive Funktionen wie planen und problemlösen betreffen und die Wahrscheinlichkeit für Rezidive erhöhen [4]. Dennoch setzen viele First-Episode-Patient:innen ihre Medikamente eigenhändig innerhalb von 30 Tagen nach Entlassung ab oder haben Probleme ihre Tabletten täglich einzunehmen [5]. Langwirksame Depotpräparate sind eine vielversprechende Behandlungsoption, welche die Compliance nachhaltig verbessern und dadurch Medikationslücken sowie Re-Hospitalisierungen verhindern können [6, 7]. Seit Jänner 2025 ist in Österreich nun erstmals eine Depotformulierung mit Aripiprazol erstattungsfähig, die nur noch alle zwei Monate appliziert wird und eine erhebliche Vereinfachung des Behandlungsalltags verspricht [8]. Die neue Formulierung konnte sich in der Studie von Harlin et al. gegenüber dem 1-Monatsdepot behaupten und mit einem guten Sicherheitsprofil und vergleichbaren Pharmakokinetik überzeugen [9]. Den Behandler:innen und Patient:innen steht es dabei offen 1) mit Aripiprazol 2-Monatsdepot 960 mg und einer zusätzlichen oralen Gabe von Aripiprazol über 14 aufeinanderfolgende Tage zu starten oder 2) sich für eine duale Injektion mit Aripiprazol 2-Monatsdepot 960 mg plus Aripiprazol 1-Monatsdepot 400 mg plus einmalig 20 mg Aripiprazol oral zu entscheiden [10]. Versäumte Dosen können beim 2-Monatsdepot bis zu sechs Wochen lang unkompliziert nachgeholt werden [10]. Abb. 1: Mittlere Plasmakonzentrationen über 2 Monate nach der 4. Dosis Abilify Maintena® 960 mg bzw. nach der 7. und 8. Dosis Abilify Maintena® 400 mg (modifiziert nach [9]) Springer Medizin Wien × Vortioxetin – Antidepressivum mit großem Potenzial Der zweite Teil des Symposiums widmete sich dem multimodal wirksamen Vortioxetin, einem Serotonin-Rezeptor-Modulator, der neben seiner inhibitorischen Wirkung auf den Serotonin-Transporter antagonistisch an 5-HT1D-, 5-HT3- und 5-HT7-Rezeptoren, partialagonistisch an 5-TH1B- sowie agonistisch an 5-HT1A-Rezeptoren wirkt [11]. Die differenzierte Modulation von Serotonin-Rezeptoren erhöht die Aktivität mehrerer Neurotransmittersysteme im Gehirn, moduliert deren nachgeschaltete Transmission und erhöht indirekt die Glutamat-Freisetzung [12, 13]. Dies könnte der Grund dafür sein, wieso Vortioxetin kognitive Funktionen verbessert und keine sexuellen Nebenwirkungen in Dosen bis 15 mg hervorruft [12–14]. Der fehlende Einfluss auf Leber-/Nierenfunktion, Körpergewicht und QTc-Zeit-Verlängerung als auch das geringe Interaktionspotenzial machen Vortioxetin zu einem einfach zu handhabenden Antidepressivum [14]. Vortioxetin verbessert signifikant die depressiven Symptome bei Patient:innen mit Major Depression in einer ähnlichen Effektgröße wie Venlafaxin [15]. Es ist eines von wenigen Antidepressiva, dessen Wirksamkeit und Sicherheit bei Patient:innen über 65 Jahren randomisiert- kontrolliert untersucht wurde [16]. Vortioxetin erwies sich hierbei gegenüber Duloxetin als vergleichbar effektiv, war jedoch besser verträglich und wurde seltener abgesetzt [16]. Jacobsen et al. schlossen auf SSRI eingestellte Patient:innen ein, die SSRI-induzierte sexuelle Funktionsstörungen beklagten, und randomisierten sie auf Vortioxetin oder Escitalopram [17]. Die Behandlung mit Vortioxetin verbesserte die sexuelle Funktion stärker als Escitalopram, bei erhaltener antidepressiver Wirksamkeit [17]. Zudem gibt es Hinweise darauf, dass Vortioxetin sich positiv auf emotionale Abstumpfung auswirkt, ein Phänomen über das viele Patient:innen in der Erholungsphase einer Depression klagen [18, 19]. i.v.-Migräneprophylaxe mit Eptinezumab Der dritte Vortrag konzentrierte sich auf die Prävention der Migräne, einer Erkrankung, welche die Lebensqualität der Betroffenen nicht nur während der Attacken stark einschränkt, sondern das Leben der Patient:innen auch dazwischen enorm belastet [20]. Hinzu kommt, dass die Prävalenz der Migräne bei Patient:innen mit psychiatrischen Diagnosen deutlich höher ist als in der Allgemeinbevölkerung [21]. Derweil Triptane in der Akuttherapie unangefochten das Mittel der Wahl darstellen, gab es in der Pharmakoprophylaxe mit den monoklonalen Antikörpern gegen CGRP einen Paradigmenwechsel [22]. Die Amerikanische Kopfschmerzgesellschaft befürwortet in einem Statement mittlerweile den Einsatz als Erstlinientherapie und unterstreicht damit die gute Wirksamkeit und Verträglichkeit dieser Behandlungsoption [23]. Von den vier verfügbaren Antikörpern gegen CGRP ist Eptinezumab der Einzige, der intravenös als Kurzinfusion verabreicht wird und sofort nach Gabe eine 100 %ige Bioverfügbarkeit erreicht [24]. Dies hat einen schnellen Wirkeintritt innerhalb von 24 Stunden zu Folge [24]. Aufgrund seiner langen Halbwertszeit bietet Eptinezumab bis zu drei Monate Schutz vor neuerlichen Migräneanfällen [24]. In zwei rezenten Netzwerk- Metaanalysen überzeugt Eptinezumab mit guter Verträglichkeit und einer medianen Reduktion der monatlichen Migränetage (MMD) bei chronischer Migräne um OR -2,10 (100 mg; 95 %- CI -2.95; -1.25) bzw. OR -2,60 (300 mg; 95 %-CI -3.45; -1.75) sowie hohen ≥50 %- und ≥75 %- Responderraten [25, 26]. In einer Real-World-Studie aus den Vereinigten Arabischen Emiraten an Patient:innen mit episodischer und chronischer Migräne profitierte mehr als der Hälfte (58,49 %) von einer MMD- Reduktion >75 % innerhalb von sechs Monaten [27]. DELIVER veranschaulicht, dass Eptinezumab auch nach mehreren erfolglosen Vortherapien effektiv in der Verringerung monatlicher Migränetage ist [28]. FKI Abilify Maintena® FKI Vyepti® FKI Brintellix® Referenzen 1. Leucht S et al (2012) Lancet 379(9831):2063–2071 2. Taipale H et al (2020) World Psychiatry 19(1): 61–68 3. Zhu Y et al (2017) Eur Neuropsychopharmacol 27(9): 835–844 4. Bora E et al (2018) Schizophrenia Res 193: 3–10 5. Kane JM et al (2013) World Psychiatry 12(3): 216–226 6. Marcus SC et al (2015) J Manag Care Spec Pharm 21(9): 754–768 7. Kishimoto T et al (2021) Lancet Psychiatry 8(5): 387–404 8. Österreichischer Erstattungskodex. Aktueller Stand 9. Harlin M et al (2023) CNS Drugs 37(4):337–350 10. Fachinformation Abilify Maintena 960 mg. Aktueller Stand 11. Gonda X et al (2019) Expert Opin Drug Discov 14(1): 81–89 12. Mørk A et al (2013) Pharmacol Biochem Behav 105: 41–50 13. Pehrson AL et al (2014) CNS Spectr 19(2): 121–133 14. Fachinformation Brintellix. Aktueller Stand 15. Alvarez E et al (2012) Int J Neuropsychopharmacol 15(5): 589–600 16. Katona C et al (2012) Int Clin Psychopharmacol 27(4): 215–523 17. Jacobsen PL et al (2015) J Sex Med 12(10): 2036–2048 18. Fagiolini A et al (2021) J Affect Disord 283: 472–479 19. Rosenblat JD et al (2019) J Affect Disord 243: 116–120 20. GBD 2021 (2024) Lancet Neurol 23(4): 344–381 21. Caponnetto V et al (2021) J Headache Pain 22(1):7 1 22. Chiang CC et al (2023) Neurology 101(24): e2560–e2570 23. Charles AC et al (2024) Headache 64(4): 333–341 24. Fachinformation Vyepti. Aktueller Stand 25. Haghdoost F et al (2023) Cephalalgia 43(4): 3331024231159366 26. Messina R et al (2023) Cephalalgia 43(3): 3331024231152169 27. Bader Y et al (2023) Neurol Ther 12(5): 1683–1693 28. Ailani J et al (2022) BMC Neurol 22(1): 205 Bericht: Mag. Christopher Waxenegger, MSc Quelle: 25. Jahrestagung, Österreichische Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik (ÖGPP); Satellitensymposium: Klarer Kopf, moderne Wege, 04. April 2025, Wien (Präsenz) Web: www.lundbeck.com/at Entgeltliche Einschaltung

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