Einleitung
Die systemische Sklerose (SSc) ist eine schwerwiegende autoimmune Multiorganerkrankung gekennzeichnet durch Inflammation, Fibrosierung und exzessive Kollageneinlagerung im Gewebe. Die Erkrankung führt zu verminderter Lebensqualität sowie drastisch verkürzter Überlebenszeit für betroffene PatientInnen. Die pulmonale Hypertonie (PH) und die interstitielle Lungenerkrankung (ILD) sind häufige pulmonale Manifestationen. Sie sind besonders gefürchtet und haben oft entscheidenden Einfluss auf den Krankheitsverlauf. Gemäß der derzeitigen Datenlage sind diese beiden pulmonalen Manifestationen für mehr als 30 % aller Todesfälle bei SSc-PatientInnen und bis zu 60 % der SSc-assoziierten Mortalität verantwortlich [1]. Im folgenden Text werden diese beiden Komplikationen daher genauer betrachtet.
Die pulmonale Hypertonie
Bei der pulmonalen Hypertonie kommt es zu einem Druckanstieg in den Pulmonalarterien auf > 20 mm Hg, gemessen mittels Rechtsherzkatheter [2]. Auch bei der SSc kann die Ursache mannigfaltig sein, weshalb die richtige Diagnostik und das korrekte klinische Management von essenzieller Bedeutung sind.
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Die korrekte Klassifizierung der PH ist besonders wichtig
Die PH wird gemäß World Health Organization (WHO) in 5 Gruppen unterteilt, je nachdem welche hämodynamische Konstellation sowie Begleiterkrankung vorliegt [2].
Die häufigste PH-Form bei SSc ist die pulmonal-arterielle Hypertonie
Die häufigste PH-Form bei SSc ist die pulmonal-arterielle Hypertonie (PAH), bei der primär die Lungengefäße von der Erkrankung betroffen sind (Gruppe-1-PH). Hier kommt es zu einem unumkehrbaren Gefäß-Remodeling der Pulmonalarterien (Abb. 1) und dadurch zu einer Erhöhung des pulmonalen Gefäßwiderstands auf > 2 „wood units“, die in weiterer Folge zu einer Nachlasterhöhung des rechten Ventrikels und unbehandelt zu Rechtsherzversagen und Tod führt. Für diese Gruppe der PH sind die klassischen bekannten PAH-Medikamente zugelassen [2].
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Die Grenze für die Diagnose einer PAH wurde in den aktuellen europäischen Leitlinien der PH beim mittleren Druck von ≥ 25 auf > 20 mm Hg und beim pulmonal-vaskulären Widerstand von 3 auf 2 „wood units“ geändert [2].
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Bei der SSc kann die korrekte Klassifizierung der PH Schwierigkeiten bereiten, wenn begleitend eine Beteiligung des Lungenparenchyms (SSc-ILD) vorliegt, die ebenfalls zu einer PH führen kann (Gruppe-3-PH). In diesem Fall handelt es sich dann um eine PH, die mit einer Lungenerkrankung primär assoziiert ist, und nicht um die „klassische“ PAH. Für diese Gruppe der PH werden die gezielten PAH-Medikamente in Europa nicht empfohlen, können aber in spezialisierten Zentren individuell erwogen werden, insbesondere in Fällen einer schweren PH [2].
Die Klassifizierung wird weiters erschwert, da PatientInnen mit SSc auch andere Komorbiditäten aufweisen können. Speziell bei der SSc kann es zu einer Fibrosierung des linken Ventrikels kommen. Daraus resultiert dann eine Linksherzerkrankung mit Erhöhung des pulmonalarteriellen Verschlussdrucks (PAWP = Druck im linken Vorhof) auf über 15 mm Hg, was einer postkapillaren PH entspricht. Liegt diese Konstellation vor, wird die PH in die WHO-Gruppe 2 eingeteilt. Bei den betreffenden PatientInnen sollten keine gezielten PAH-Medikamente eingesetzt werden, da wiederholt gezeigt werden konnte, dass diese sich negativ auf das Überleben auswirken. Die Optimierung der zugrunde liegenden Linksherzerkrankung (Gewichtsreduktion, Lebensstiloptimierung, Herzinsuffizienzmedikation etc.) wird hier empfohlen [2].
Eine weitere Ursache der pulmonalen Hypertonie, die auch bei der SSc vorkommen kann, ist die chronisch-thromboembolische PH (= CTEPH; Gruppe-4-PH), die in ca. 0,5–2 % aller PatientInnen nach einer symptomatischen Lungenembolie auftreten kann. Neben der operativen Sanierung (Pulmonalisendarterektomie), die den Goldstandard darstellt, sind auch die gezielten PAH-Medikamente in dieser Gruppe zugelassen [2].
Die Ursachen und damit auch das klinische Management der PH bei SSc sind sehr divers und komplex
Wie hier gut ersichtlich ist, sind die Ursachen und damit auch das klinische Management der PH bei SSc sehr divers und komplex. Bei Verdacht auf PH sollte daher eine ausführliche Diagnostik in einem spezialisierten Zentrum erfolgen. Damit wird sichergestellt, dass die PatientInnen die richtige Diagnose (PH-Klassifikation) und eine dementsprechend adäquate Therapie erhalten.
Epidemiologie der SSc-PH
Aus dem Blickwinkel der PH spielt die SSc eine besondere Rolle, da sie für 15–30 % aller PAH-Fälle in großen Registern verantwortlich ist [3]. Umgekehrt liegt die Prävalenz von PAH in SSc-Registern bei ca. 5–12 % [4] mit einer Inzidenz von 0,6–2 Fällen pro 100 PatientInnenjahre [5‐7]. Bei SSc-PatientInnen mit einem Hochrisikoprofil, z. B. bei Vorliegen einer verminderten Diffusionskapazität < 60 %, ist die Prävalenz mit 19 % sogar noch höher [8]. Wichtig anzumerken ist, dass in französischen sowie deutschen Registern ca. 30–50 % aller SSc-PH-Fälle postkapillarer Ursache waren (also in erster Linie nicht durch eine PAH, sondern am ehesten durch eine Linksherzerkrankung bedingt; [4, 8]), was die Bedeutung der korrekten klinischen Charakterisierung noch weiter untermauert. Neben der deutlich erhöhten Inzidenz der PAH bei SSc leiden die PatientInnen häufig auch an einer aggressiveren Form der PAH, die mit sogar noch höherer Mortalität verbunden ist als die idiopathische PAH. Zusätzlich zeigte sich im französischen Register, dass die PatientInnen im Mittel bereits 6 Jahre nach SSc-Diagnosestellung eine PAH entwickelt hatten [6].
Klinische Präsentation der SSc-PH
Klinisch präsentieren sich betroffene PatientInnen eher unspezifisch mit einer Belastungsdyspnoe als Leitsymptom, aber auch mit Müdigkeit, Angina pectoris, einer Synkope oder selten mit Husten oder Hämoptysen. Die Ruhedyspnoe sowie Zeichen der Rechtsherzdekompensation (Knöchelschwellung, Aszites) sind Zeichen einer fortgeschrittenen Erkrankung [2].
Diagnostik der SSc-PH
Der Goldstandard für die Diagnose einer PH, egal welcher Ursache, ist die invasive Rechtsherzkatheteruntersuchung. Wichtige Hinweise auf eine PH liefern im klinischen Alltag Routineuntersuchungen wie die Auskultation (betonter zweiter Herzton, Pansystolikum aufgrund der Trikuspidalklappeninsuffizienz), das EKG (Rechtstyp, rechtsventrikulärer „strain“ V2–V4, [in]kompletter Rechtsschenkelblock), die Röntgenuntersuchung des Thorax (Dilatation des Truncus pulmonalis, Rechtsherzhypertrophie) und die Laboruntersuchung (erhöhtes NT-pro-BNP). Die Lungenfunktion zeigt bei PH, wenn nicht gleichzeitig eine Lungenerkrankung vorliegt, einen unauffälligen Befund (evtl. leichtgradige Restriktion). Die DLCO ist jedoch meist leicht- bis mittelgradig reduziert, was oft mit einer respiratorischen Partialinsuffizienz einhergeht (pO2 vermindert, pCO2 normal oder ggf. durch Hyperventilation vermindert). Das wichtigste nichtinvasive diagnostische Tool stellt die Rechtsherzechokardiographie mit Abschätzung des systolischen Pulmonalarteriendrucks (sPAP) und der rechtsventrikulären Funktion und Dimensionen des rechten Herzens dar (Abb. 2). Ist das Trikuspidalinsuffizienzsignal > 3,4 m/s, ist die Wahrscheinlichkeit des Vorliegens einer PH hoch. Aufgrund des erhöhten Risikos, eine PH zu entwickeln, sollten SSc-PatientInnen einmal jährlich auf das Vorliegen einer PH mittels Echokardiographie gescreent werden [2].
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Erhärtet sich der Verdacht auf eine PH, sollte die Vorstellung im spezialisierten Zentrum zur weiteren invasiven Abklärung mittels Rechtsherzkatheter erfolgen. Da SSc-PatientInnen eine besonders vulnerable Gruppe darstellen und einer möglichst frühzeitige PH-Abklärung bedürfen, kann die Überweisung sehr niederschwellig gehalten werden [9].
Früherkennung der PH
In den letzten Jahren rückte die Früherkennung des Lungenhochdrucks immer mehr in den Fokus. Noch bis vor Kurzem wurde der Lungenhochdruck mit einem mittleren pulmonalen Druck von ≥ 25 mm Hg definiert. In den aktuellen europäischen PH-Leitlinien wurde diese Grenze auf 20 mm Hg gesenkt [2] – erstens, da gezeigt werden konnte, dass dieser Druck die physiologische Grenze der Norm widerspiegelt [10], und zweitens, da mehr und mehr Studien darauf hinweisen, dass bereits eine milde pulmonale Druckerhöhung (i.e. zwischen 21 und 24 mm Hg) prognostisch relevant ist [11]. Die neue Definition lässt somit eine frühere Diagnose und ggf. frühere Therapie des Lungenhochdrucks zu.
Klinisch präsentieren sich Betroffene eher unspezifisch mit einer Belastungsdyspnoe als Leitsymptom
Eine zweite Möglichkeit, einen Lungenhochdruck frühzeitig zu erkennen, stellt die Belastungsuntersuchung dar. Speziell bei SSc-PatientInnen, die normale Ruhewerte aufweisen, konnte gezeigt werden, dass ein überproportionaler pulmonaler Druckanstieg bei Belastung („Belastungs-PH“) eine zukünftige Ruhe-PH vorhersagen kann [12, 13]. Zusätzlich ist die Belastungs-PH auch ein unabhängiger Parameter für das Langzeitüberleben bei SSc-PatientInnen [14, 15]. Somit ist die Untersuchung bei Belastung in diesem Kollektiv nicht nur diagnostisch, sondern auch prognostisch relevant. Eine spezifische PAH-Therapie ist bei Belastungs-PH jedoch derzeit, außerhalb klinischer Studien in Expertenzentren, nicht indiziert [9].
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Therapie der PH
Die Therapiemöglichkeiten basieren auf der im Einzelfall vorliegenden PH-Form (PH-Klassifikation). Bei der PAH haben sich die Therapiemöglichkeiten in den letzten Jahrzehnten vervielfältigt, sind abhängig vom Schweregrad und sollen im Verlauf nach regelmäßiger klinischer Reevaluierung je nach Ansprechen weiter angepasst werden. Die 3 Hauptpfeiler einer akkuraten Therapie beinhalten supportive Maßnahmen (LTOT, Rehabilitation, körperliches Training, psychologische Unterstützung, diuretische Therapie), die PAH-spezifische medikamentöse Therapie je nach Risikoprofil und die ständige Reevaluierung einer bestehenden Therapie [2].
Wichtig.
Die Einleitung einer PAH-gezielten Therapie sollte ausschließlich in einem spezialisierten Zentrum erfolgen [2].
Interstitielle Lungenerkrankung bei SSc
Epidemiologie und Risikofaktoren der SSc-ILD
Bei 50–65 % aller SSc-Patientinnen lassen sich in der hochauflösenden Computertomographie (HRCT) basal betonte interstitielle Veränderungen unterschiedlichen Ausmaßes nachweisen. In vielen Fällen sind diese im Verlauf progredient und die fortschreitende SSc-ILD ist letztendlich mit einem Drittel aller Todesfälle die häufigste zum Tod führende Komplikation bei SSc-PatienInnen. Aus diesem Grund ist bei allen PatientInnen ein frühzeitiges und regelmäßiges SSc-ILD-Screening unbedingt erforderlich. Wesentliche Risikofaktoren für eine progrediente SSc-ILD sind die diffuse kutane SSc, männliches Geschlecht, Anti-Scl-70-/Anti-Topoisomerase-I-Antikörper [16, 17].
Klinische Präsentation der SSc-ILD
Die SSc ist eine Erkrankung, bei der im Allgemeinen zu Beginn nicht die respiratorische Symptomatik führend ist. Oftmals beginnt das später komplexe Krankheitsbild mit dem Raynaud-Phänomen. Dieses zeigt sich bei limitierter kutaner SSc in vielen Fällen schon 5–10 Jahre vor Manifestation anderer Symptome oder im Fall der diffusen kutanen SSc auch 1–2 Jahre vor anderen Symptomen [18]. Zur Frühdiagnose hat hier besonders die Kapillarmikroskopie einen großen Stellenwert. Bei der initialen Diagnosestellung helfen die Klassifikationskriterien des American College of Rheumatology (ACR) bzw. der European League Against Rheumatism (EULAR).
Kommt es im weiteren Verlauf der Erkrankung zu einer interstitiellen Lungenbeteiligung, zeigt sich diese im Allgemeinen über langsam progrediente Symptome in Form von trockenem Husten, Dyspnoe und auskultatorisch basalem Knistern. In seltenen, schweren Fällen kann es zu einer reduzierten Brustmobilität kommen [19]. Auch wenn die respiratorische Symptomatik oft erst zu einem späteren Zeitpunkt auftritt, gibt es in Form der „SSc sine scleroderma“ eine Unterform der SSc, bei der sie führend ist [20].
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Bei Erstvorstellung soll in allen Fällen zeitnah eine pulmologische Evaluierung inklusive Auskultation (basales Knisterrasseln bei Fibrose), eine HRCT des Thorax und eine umfassende Lungenfunktionsprüfung erfolgen.
Diagnostik der SSc-ILD
PatientInnen mit SSc-ILD präsentieren sich häufig mit unspezifischen Symptomen wie zunehmender Dyspnoe und trockenem Husten, die über Monate bis Jahre fortschreiten können. Diese Symptome sind jedoch nicht spezifisch für ILD und können bei anderen pulmonalen oder kardialen Erkrankungen auftreten.
Bei SSc-PatientInnen ist eine systematische Screeningstrategie unerlässlich
Daher ist bei SSc-Patienten eine systematische Screeningstrategie unerlässlich. Regelmäßige klinische Beurteilungen und anamnestische Erhebungen helfen, subtile Anzeichen einer ILD frühzeitig zu erkennen und entsprechende Diagnostik gezielt einzusetzen.
Lungenfunktionstests
Lungenfunktionstests sind wesentliche Bestandteile der Diagnose und Verlaufsbeobachtung von SSc-ILD. Typische Veränderungen sind ein restriktives Lungenfunktionsprofil mit herabgesetzter forcierter Vitalkapazität (FVC) und reduzierter Diffusionskapazität für Kohlenmonoxid (DLCO; [21]). Dennoch gibt es zahlreiche Patienten, die trotz normaler Lungenfunktionstests bereits eine Fibrose in der Bildgebung aufweisen [21]. Daher stellt die Lungenfunktionsdiagnostik kein adäquates Screeningtool dar, ist jedoch sehr wichtig in der Verlaufsbeobachtung [22‐25].
Besonders in Kombination zeigen sich die FVC und die DLCO als gute Parameter zur Krankheitsprogressionsbeurteilung. So zeigen Goh et al. in ihrer Studie aus dem Jahr 2017, dass ein Abfall der FVC um > 10 % vom Ausgangswert bzw. 5–9 % innerhalb eines Jahrs und/oder ein Abfall der DLCO um > 15 % innerhalb eines Jahrs einen progredienten Krankheitsverlauf darstellen [26].
Das Risiko von Lungenschäden ist besonders in den ersten Jahren nach Auftreten der Krankheit erhöht
Das Risiko der Entwicklung von Lungenschäden ist besonders in den ersten Jahren nach Auftreten der Krankheit erhöht. Daher empfehlen sich besonders zu Beginn regelmäßige Lungenfunktionstests alle 4–6 Monate inklusive FVC und DLCO, zumindest in den ersten 3–5 Jahren [27]. Sollte es innerhalb dieses Zeitraums nicht zu einer SSc-ILD gekommen oder die Lungenfunktion stabil sein, können die Kontrollen auf einmal pro Jahr reduziert werden.
Bildgebung
Die HRCT des Thorax ist das zentrale diagnostische Instrument zum frühzeitigen Ausschluss einer SSc-ILD. Sie bietet eine detaillierte radiologische Darstellung der Lungenstruktur und erlaubt die Identifizierung spezifischer pathologischer Muster, die für die Erkrankung charakteristisch sind. Eine HRCT-Untersuchung sollte zeitnah bei allen, inklusive pulmonal asymptomatischen, SSc-Patienten nach initialer SSc-Diagnosestellung erfolgen [28].
Das häufigste auftretende radiologische Muster bei einer SSc-ILD ist die nichtspezifische interstitielle Pneumonie (NSIP: überwiegend Milchglasinfiltrate, kein „honeycombing“, keine ausgeprägten Traktionsbronchiektasen) mit 70–80 %, gefolgt von der gewöhnlichen interstitiellen Pneumonie (UIP: wenige oder keine Milchglasinfiltrate aber „honeycombing“ oder ausgeprägte Traktionsbronchiektasen) in 10 % der Fälle (Abb. 3; [29]).
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HRCT-Muster bei SSc-ILD:
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Milchglasinfiltrate: Diese stellen unscharf begrenzte, erhöhte Dichteareale dar, die auf eine aktive Entzündung oder beginnende Fibrose hinweisen. Milchglasinfiltrate sind oft ein frühes Zeichen einer SSc-ILD und deuten auf reversible Krankheitsprozesse hin. Ihre Anwesenheit kann auf eine potenzielle Ansprechbarkeit auf eine immunsuppressive Therapie hindeuten.
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Retikuläres Muster: Diese Strukturveränderungen resultieren aus der Verdickung der interlobulären Septen und subpleuralen Lungenareale. Sie signalisieren eine fortschreitende Fibrosierung und sind häufig in Verbindung mit Milchglasinfiltraten zu finden. Das Vorhandensein von retikulären Veränderungen zeigt eine fortgeschrittenere Krankheitsphase an.
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Traktionsbronchiektasen: Diese entstehen durch den zunehmenden fibrotischen Zug an den Bronchien, was zu einer irreversiblen Erweiterung der Atemwege führt. Ihre Präsenz in der HRCT ist ein Hinweis auf eine bereits chronische und fortschreitende Erkrankung.
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„Honeycombing“: Diese schwerwiegenden Veränderungen sind gekennzeichnet durch kleine, regelmäßig angeordnete Zysten mit verdickten Wänden und stellen ein typisches Zeichen für eine fortgeschrittene Lungenfibrose dar. Entsprechende Strukturänderungen sind typischerweise in den subpleuralen Regionen der Lunge lokalisiert, weisen auf eine irreversible Zerstörung des Lungengewebes hin und sind oft mit einer besonders schlechten Prognose assoziiert.
Radiologische Zeichen einer pulmonalen Fibrose finden sich bei bis zu 90 % aller SSc-PatientInnen, Milchglasinfiltrate bei 50 % [29], „honeycombing“ bei bis zu einem Drittel der Patienten [30]. Das Ausmaß der Lungenveränderungen in der HRCT-Untersuchung korreliert invers mit der FVC und hängt stark mit der Mortalität zusammen [31]. Ein Lungenemphysem kann unabhängig von den bereits genannten Mustern vorhanden sein, wobei eine kombinierte pulmonale Fibrose mit auch Lungenemphysem in etwa 7–18 % der Patienten mit SSc-ILD auftritt und mit einer schlechteren Prognose assoziiert ist [32‐34].
Radiologische Zeichen einer pulmonalen Fibrose finden sich bei bis zu 90 % aller SSc-PatientInnen
Weitere, nichtlungenspezifische Veränderungen in der HRCT bei systemischer Sklerose können ein erweiterter Ösophagus, Weichteilkalzifikationen und vergrößerte mediastinale Lymphknoten sein [35‐37].
Die Thoraxsonographie zur frühzeitigen Erkennung einer SSc-ILD wird zunehmend diskutiert. Zum primären SSc-ILD-Screening wird aber zunächst weiterhin die HRCT empfohlen. Bei asymptomatischen PatientInnen mit einem unauffälligen HRCT zum Zeitpunkt der SSc-Erstdiagnose kann jedoch zur Verlaufskontrolle die jährliche transthorakale Ultraschalluntersuchung erwogen werden. Bei Vorliegen eines positiven Lungenultraschallbefunds wird dann eine ergänzende HRCT zur weiterführenden Abklärung als nichtinvasiver Goldstandard der ILD-Diagnose empfohlen [38].
Bronchoskopie
Die Bronchoskopie (BSK) spielt lediglich eine ergänzende Rolle in der Diagnostik der SSc-ILD. Sie wird vornehmlich dann verwendet, wenn die Diagnose unklar bleibt oder zusätzliche Informationen zur Beurteilung der Krankheit erforderlich sind.
Eine bronchoalveoläre Lavage (BAL) präsentiert sich in etwa 50 % aller SSc-ILD-PatientInnen mit unspezifischen Auffälligkeiten [39]. Häufig findet sich eine erhöhte Zellzahl, eine erhöhte relative Zahl an Neutrophilen und/oder Eosinophilen, seltener auch eine vermehrte Lymphozytenzahl verbunden mit einer Herabsetzung der CD4-CD8-Ratio [40]. Ein prognostischer Nutzen der BAL zeigte sich bisher jedoch nicht [41].
Eine histologische Probengewinnung mittels Lungenbiopsie ist nur bei unklaren radiologischen Befunden oder Verdacht auf Malignität indiziert. Die vorherrschenden histologischen Muster sind auch hier die NSIP und die UIP [42‐44]. Zum Zeitpunkt der Lungentransplantation ist das UIP-Muster am häufigsten vertreten [45].
Da sich aus der BSK derzeit noch keine eindeutige diagnostische, prognostische oder therapeutische Konsequenz ergibt, sollte sie nicht routinemäßig bei PatientInnen mit diagnostizierter SSc-ILD angewendet werden. Derzeit liegen noch nicht genug Daten vor, um zu sagen, ob der Einsatz von Kryobiopsien hieran etwas ändert [46]. Dennoch können Bronchoskopien in Einzelfällen bei Infektionen, unklaren radiologischen Befunden oder fraglichen Differenzialdiagnosen zur weiterführenden Abklärung angewandt werden.
Labor
Die Bestimmung autoimmuner Marker spielt eine unterstützende Rolle bei der Diagnose und Risikobewertung von SSc-ILD. Der Nachweis von Anti-Scl-70(Anti-Topoisomerase-I)-Antikörpern ist mit einem erhöhten Risiko für die Entwicklung einer SSc-ILD assoziiert, während Antizentromerantikörper eher mit einem erhöhtem Risiko für eine SSc-assoziierte PH korrelieren [47‐49].
Auch Entzündungsmarker können in der prognostischen Beurteilung eine wichtige Rolle spielen. Phänotypen mit permanent erhöhten Entzündungswerten (C-reaktives Protein > 5 mg/l) zeigten laut Guler et al. ein bis zu 6‑fach erhöhtes Mortalitätsrisiko 5 Jahre nach Beginn der Studie verglichen mit SSc-ILD-Patienten, deren Entzündungsparameter im Normbereich lagen [50].
Therapie der SSc-ILD
Ziele der Therapie sind die Verbesserung der Lebensqualität, eine Reduktion respiratorischer Symptome, eine Verbesserung oder zumindest Stabilisierung der Lungenfunktion bzw. Aufhalten/Verlangsamung der progredienten interstitiellen Veränderungen sowie schlussendlich ein verbessertes Gesamtüberleben.
Zur Erstlinientherapie werden aktuell Mycophenolat, Rituximab, Tocilizumab und Cyclophosphamid als Immunsuppressiva und Nintedanib als antifibrotische Substanz empfohlen [51].
Das Hauptaugenmerk der medikamentösen Therapie liegt auf der Immunsuppression und einer antifibrotischen Therapie
Da die frühen Stadien der SSc-ILD vorwiegend inflammatorisch getriggert sind – was sich auch in den typischen radiologischen Veränderungen mit überwiegend Milchglasinfiltraten, im Verlauf zunächst häufig einem NSIP-Muster entsprechend – nachvollziehen lässt, liegt das primäre Hauptaugenmerk der medikamentösen Therapie auf der Immunsuppression. Es kann jedoch je nach Ausmaß der interstitiellen Veränderungen oder bei rascher Progression sinnvoll sein, eine kombinierte immunsuppressive oder kombiniert immunsuppressiv-antifibrotische Therapie bereits bei Diagnosestellung oder im Krankheitsverlauf zu etablieren. Bei rein fibrotischen Veränderungen ohne Anhalt für eine intrapulmonale Inflammation steht dagegen die antifibrotische Therapie der SSc-ILD im Vordergrund. Die Intensität der Immunsuppression richtet sich in diesem Fall primär nach der Aktivität der extrapulmonalen Krankheitsmanifestation.
Aufgrund der Komplexität und des relevanten Morbiditäts- und Letalitätsrisikos der SSc-ILD sollten Therapieentscheidungen daher in jedem Fall im Rahmen einer multidisziplinären Fallbesprechung (ILD-Board) unter Berücksichtigung rheumatologischer, pulmologischer, radiologischer und ggf. histopathologischer Gesichtspunkte getroffen werden. Eine unter Umständen auch mehrfache Wiederholung des ILD-Boards kann je nach Krankheitsaktivität, Therapieansprechen, Auftreten schwerwiegender Neben- oder Wechselwirkungen der Therapien sinnvoll sein.
Immunsuppression
Eine klassische hochdosierte und prolongierte Kortikosteroidtherapie, wie sie in akuten Krankheitsstadien zahlreicher (auto)inflammatorischer Erkrankungen indiziert ist, ist bei der SSc möglichst zu vermeiden, da diese mit dem gehäuften Auftreten renaler Krisen, einer akuten Form des sklerodermiespezifischen Nierenversagens mit hoher Mortalität, assoziiert ist [52, 53]. Als Grenze wird hierfür eine Tagesäquivalenzdosis von 15 mg Prednisolon über 3 Monate postuliert [54]. Jedoch konnte gezeigt werden, dass intermittierende Kortikosteroidgaben als Prämedikation vor z. B. Rituximab kein Risiko darstellen [55].
Eine hochdosierte und prolongierte Kortikosteroidtherapie ist bei der SSc möglichst zu vermeiden
Zahlreiche klinische Studien überprüften die Wirksamkeit unterschiedlicher immunsuppressiver Substanzen im Hinblick auf eine Stabilisierung der Lungenfunktion (FVC, DLCO), eine Besserung respiratorischer Symptome und den Rückgang oder zumindest das Aufhalten progredienter fibrotischer Veränderungen in der HRCT des Thorax.
Cyclophosphamid war eines der ersten immunsuppressiven Medikamente, das in der Scleroderma Lung Study I einen positiven Effekt auf die SSc-ILD zeigen konnte [56]. Die Verabreichung erfolgt intravenös oder peroral. Aufgrund häufiger hämatologischer und infektiologischer Nebenwirkungen ist dieses jedoch schweren oder rasch progredienten Krankheitsverläufen vorbehalten, da andere Substanzen eine ähnliche Wirkung bei günstigerem Nebenwirkungsprofil aufweisen. Weiters ist eine Cyclophosphamidtherapie über Jahre aufgrund der kumulativen Toxizität nicht möglich.
Mycophenolatmofetil hemmt die Inosinmonophosphatdehydrogenase und in weiterer Folge die B‑ und T‑Zell-Proliferation. Es führt u. a. zu einer signifikanten Verbesserung der FVC, der DLCO, des mRSS und der Lebensqualität [57, 58]. In der Scleroderma Lung Study II war Mycophenolatmofetil (MMF) gegenüber Cyclophosphamid nicht unterlegen bei jedoch deutlich geringeren Nebenwirkungen [59] und wird aufgrund der bisher vorhandenen Daten in der Clinical Practice Guideline der American Thoracic Society 2024 als First-line-Therapie der SSc-ILD empfohlen [54]. Die Verabreichung erfolgt 2‑mal täglich peroral in einer Einzeldosis von 1–1,5 g (max. Tagesdosis 3 g). Ebenso wie bei Cyclophosphamid sind typisch auftretende Nebenwirkungen Blutbildveränderungen, insbesondere Leukopenie, und ein erhöhtes Infektionsrisiko.
In der FaSScinate-Phase-II-Studie wurde Tocilizumab untersucht, ein monoklonaler Antikörper gegen den Interleukin-6-Rezeptor, der in einer Dosis von 162 mg einmal wöchentlich subkutan verabreicht wird. Es konnte der primäre Endpunkt (Überlegenheit im „modified Rodnan skin score“ gegenüber Placebo) nicht erreicht werden, jedoch zeigte sich ein geringerer Abfall der FVC [54, 60]. Diese Wirkung konnte in der FocuSSced-Phase-III-Studie bestätigt werden [61], sodass eine Zulassung für die Behandlung der SSc-ILD durch die FDA im März 2021 erfolgte. Typische Nebenwirkungen sind z. B. Blutbildveränderungen, Leberwerterhöhungen bis hin zum akuten Leberversagen und ein erhöhtes Infektionsrisiko.
Eine weitere immunsuppressive Substanz mit Wirksamkeit auf eine bestehende sklerodermieassoziierte ILD ist Rituximab, ein monoklonaler Antikörper gegen das CD20-Oberflächenantigen von B‑Zellen. Je nach Studiendesign erfolgte die Verabreichung intravenös (375 mg/m2 pro Woche für 4 Wochen sowie nach 6 Monaten [62] oder je 1000 mg im Abstand von 14 Tagen mit Wiederholung nach 6 Monaten [63]) und war Cyclophosphamid auch bei PatientInnen mit schwerem oder rasch progredientem Verlauf nicht unterlegen bei jedoch geringerer Nebenwirkungsrate [64, 65]. Eine Kombination von Rituximab und MMF kann sich bei PatientInnen mit nachgewiesener NSIP (histologisch und/oder in der HRCT des Thorax) positiv auf die FVC und das progressionsfreie Überleben auswirken und zeigte ein günstiges Nebenwirkungsprofil bei nur gering erhöhtem Risiko vorwiegend viraler Infektionen [66].
Vorhandene Studien sowohl zur alleinigen als auch zur kombinierten Therapie mit Rituximab wiesen nur geringe Fallzahlen auf und waren insgesamt „underpowered“, sodass Empfehlungen zur Anwendung von Rituximab mit Vorbehalt ausgesprochen wurden [51].
Neue immunologische Behandlungskonzepte wie die CAR-T-Zell-Therapie sind vielversprechende Ansätze, aber noch Gegenstand klinischer Studien [67].
Antifibrotische Therapie
Nintedanib ist ein Tyrosinkinaseinhibitor, der aufgrund seiner hemmenden Wirkung auf die Gefäßbildung bereits seit Jahren in der Antitumortherapie eingesetzt wird. Es hemmt jedoch auch den Fibroblastenwachstumsfaktor und konnte in 2 Phase-III-Studien (SENSCIS [68, 69] und INBUILD [70]) einen positiven Effekt auf die Stabilisierung der Lungenfunktion bei Sklerodermie-ILD nachweisen. Die Verabreichung erfolgt in einer Dosis von 150 mg 2‑mal täglich peroral und ist insbesondere mit dem sehr häufigen Auftreten gastrointestinaler Nebenwirkungen (z. B. von Durchfällen 75,7 % vs. 31,6 % in der Placebogruppe) assoziiert [70, 71]. Sollte trotz symptomatischer Therapie eine Fortführung in dieser Dosis nicht toleriert werden, kann eine Dosisreduktion auf 100 mg 2‑mal täglich erfolgen.
Eine weitere antifibrotisch wirksame Substanz ist Pirfenidon, das in der Therapie der idiopathischen Lungenfibrose, jedoch nicht der SSc-ILD zugelassen ist. Hierfür fehlt es bis dato an ausreichender Evidenz und es sind größere Studien nötig, um einen möglichen positiven Effekt nachzuweisen.
Nichtmedikamentöse Therapien
Jedem Patienten und jeder Patientin sollte ein sofortiger Rauchstopp bei vorhandenem Nikotinkonsum dringend nahegelegt und bei vorhandenem Therapiewunsch eine medikamentöse Unterstützung sowie verhaltenstherapeutische Maßnahmen angeboten werden.
Impfungen gegen pneumotrope Erreger (COVID, Influenza, Respiratorische Synzytial-Virus, Pneumokokken, Pertussis) reduzieren das Risiko respiratorischer Infektionen, die das Auftreten schwerwiegender ILD-Exazerbationen triggern können. Bei vorhandenen Zeichen eines gastroösophagealen Refluxes kann eine PPI-Therapie sinnvoll sein. Eine Lungentransplantation kann für einen kleinen Anteil an PatientInnen mit SSc-ILD infrage kommen und nach Ausschluss von Kontraindikationen in Erwägung gezogen werden.
Einhaltung ethischer Richtlinien
Interessenkonflikt
M. Hermann, B. Guettler und K. Zeder geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht. F. Moazedi-Fürst, H. Flick und E.Talakic machen folgende Angaben: BeraterInnen-/ oder Vortragstätigkeiten bzw. finanzielle Unterstützung bei Forschungsprojekten oder Weiterbildungsveranstaltungen durch Boehringer Ingelheim und MSD. N. Kneidinger macht folgende Angaben: Berater-/ und Vortragstätigkeiten bzw. finanzielle Unterstützung bei Forschungsprojekten oder Weiterbildungsveranstaltungen durch Boehringer Ingelheim.
Für diesen Beitrag wurden von den Autor/-innen keine Studien an Menschen oder Tieren durchgeführt. Für die aufgeführten Studien gelten die jeweils dort angegebenen ethischen Richtlinien.
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