Der ehemalige Primar der psychiatrischen Abteilung in Klagenfurt, Herwig Oberlerchner, will sein Fach öffnen und ein realistisches Bild seiner Patienten zeichnen. Das ist auch nötig, denn bis heute noch herrscht die Vorstellung, dass Psychiatrien abgeschlossene Anstalten sind, .
Herwig Oberlerchner: Einblicke. Geschichten aus der Psychiatrie. 240 S., Drava Verlag 2025, Softcover 24,00 Euro. ISBN: 978-3-99138-107-5
Oberlerchner nimmt seine Hörer mit auf eine Reise in die für viele unbekannte und mit Mythen und Fehlmeinungen durchsetzte Welt einer psychiatrischen Abteilung. Er gewährt im Wortsinn Einblicke, denn Oberlerchner liest aus seinem neuen Buch „Einblicke", erschienen im Drava-Verlag, und erklärt das Coverbild, das die Ruine des alten Hauptgebäudes von 1877 zeigt, hinter der ein Park sichtbar wird. Oberlerchner: „Ich wollte einen Einblick geben in diese oft ein bisschen unheimliche Binnenwelt einer psychiatrischen Abteilung."
Die Abteilung für Psychiatrie und Psychotherapeutische Medizin betreut psychisch kranke Menschen aus ganz Kärnten. In etwa 2.300 PatientInnen werden hier stationär behandelt und 11.600 ambulante Kontakte sind pro Jahr zu verzeichnen. Die häufigsten Krankheitsbilder sind Depressionen, Angsterkrankungen, Suchterkrankungen und psychotische Störungen. Die Abteilung verfügt über insgesamt 128 Betten und 20 ambulante Betreuungsplätze.
Der neue Standort ist über die Haupteinfahrt des Klinikum Klagenfurt a.W. erreichbar.
Kressl
Aber wozu, mit welchem Ziel? „Einerseits hat die psychiatrische Abteilung in Kärnten eine ganz außergewöhnliche Geschichte, die eben mit dem Neubau 1877 beginnt. Aber wir haben dann eine Ära in Klagenfurt zu betrauern, die 1938 begann und 1945 endete, nämlich die Ära der NS-Euthanasie. Wir waren in Kärnten mit der Tatsache konfrontiert, dass die damalige Landesirrenanstalt eine Tötungsanstalt war. Es wurden 739 Menschen ins Schloss Hartheim deportiert, weitere 700 Menschen danach in den 1940er-Jahren an der Abteilung in der Siechenanstalt und im Hinterhaus aktiv getötet. Die Auseinandersetzung mit dieser menschenverachtenden Ära der Medizingeschichte war zögerlich in Kärnten, insbesondere in den 50er-, 60er-, 70er-Jahren."
Der Hörgang bat Oberlerchner anlässlich des ÖGPP-Kongresses (2. bis 5. April 2025, Wien) zum Interview.
Der frühere Primar der Psychiatrischen Abteilung am Landesklinikum Klagenfurt, Dr. Herwig Oberlerchner, kam anlässlich eines Wien-Aufenthalts zum Interview in den Springer-Verlag.
Martin Krenek-Burger