Psychiatr Prax 2008; 35(5): 258-261
DOI: 10.1055/s-2008-1081447
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Einführung einer Balanced Scorecard in einer Sozialpsychiatrischen Poliklinik

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Publication Date:
14 July 2008 (online)

 

Wenn man die Entwicklung der Gesundheitssysteme in den westlichen Industriestaaten betrachtet, so ist die Kostenfrage zum zentralen Punkt geworden. Aufgrund schwindender öffentlicher Mittel und trotz zahlreicher, meist umstrittener Strukturreformen, sind die Versicherungsbeiträge im Zuge dieses Prozesses stetig angewachsen. Aus gesundheitsökonomischer Sicht wurde versucht, diesem Problem auf der einen Seite mit der Begrenzung von Leistungen (Rationierung) zu begegnen, auf der anderen Seite wurden Strategien mit dem Ziel der verbesserten Nutzung der verfügbaren Mittel entwickelt (Rationalisierung). Diese Fokussierung auf die Gesundheitsausgaben hat auch vor der Psychiatrie nicht Halt gemacht. Die Psychiatrie und insbesondere die Gemeindepsychiatrie müssen sich somit der Herausforderung stellen, die erreichte Versorgungsqualität zu sichern und weiter auszubauen. An Visionen und Strategien mangelt es in diesem Zusammenhang meist nicht, ganz im Gegensatz zu operationalisierten Methoden zur Strategieumsetzung. In Industrieunternehmen und zunehmend auch in Krankenhäusern wie z.B. der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) kommt dabei unter anderem die Balanced Scorecard-Methodik zum Einsatz [1], [2], wobei es sich um eine ganzheitlich orientierte, ziel- und kennzahlenbasierte Managementmethode handelt, die Anfang der 90er-Jahre entwickelt wurde [3]. Die Balanced Scorecard-Methodik versucht die Erreichung von strategischen Zielen messbar und über die Ableitung von Maßnahmen umsetzbar zu machen. Dabei soll eine einseitige Ausrichtung der Unternehmenssicht auf finanzielle Aspekte vermieden und der Blick auf alle relevanten Teile gelenkt werden, um so ein ausgewogenes Bild zu erzielen. Eine Balanced Scorecard (BSC) beinhaltet in der Regel vier ausgewogene Perspektiven (Finanzen, Kunden, Prozesse und Potenziale), wobei für jede Perspektive konkrete strategische Ziele, Messgrößen, Zielwerte und Maßnahmen definiert werden. In der Literatur finden sich bisher nur vereinzelt Berichte über den Einsatz einer BSC in psychiatrischen Einrichtungen [4], [5], [6]. Das Anliegen dieser Arbeit ist die Entwicklung und Implementierung einer BSC im Versorgungsalltag einer sozialpsychiatrischen Poliklinik.

Bei ihrem Vorgehen orientierte sich die Sozialpsychiatrische Poliklinik auch an den Vorgaben, die sich aus der übergeordneten BSC ergeben, die für das gesamte Ressort Krankenversorgung an der MHH eingeführt worden ist. Sie hat deswegen unter Einbindung aller Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Poliklinik und der Mitwirkung eines Kollegen aus der Verwaltung, der die Funktion des unbeteiligten Moderators eingenommen hat, zunächst ihr Selbstverständnis und ihre Vision formuliert. Hieran schlossen sich eine Analyse der eigenen Stärken und Schwächen an sowie eine Betrachtung der Chancen und Risiken, welche das aktuelle Umfeld bietet (SWOT-Analyse) [7]. Eine gemeinsame Priorisierung der Ergebnisse der SWOT-Analyse diente dann als Grundlage für das Ableiten von Zielen, Messgrößen, Zielwerten und Maßnahmen für die BSC. Insgesamt hat sich dieser Prozess über drei Monate erstreckt (sechs Workshops von jeweils zwei Stunden Länge).

Literatur

  • 01 Dick B . Krieg JC . Schreiber W . Die "Balanced Scorecard" als Chance für die ärztliche Klinikleitung.  Gesundh ökon Qual manag. 2002;  7 166-172
  • 02 Conrad HJ. Balanced Scorecard als modernes Managementinstrument im Krankenhaus. Kulmbach: Baumann, 2001. 
  • 03 Kaplan RS, Norton DP. The Balanced Scorecard. Boston: Harvard Business School Press, 1996. 
  • 04 Schreiber W . Die Balanced Scorecard als Steuerungsinstrument psychiatrischer Krankenhäuser.  Psychiat Prax. 2007;  34 Suppl 1 S157-159
  • 05 Santiago JM . Use of the Balanced Scorecard to Improve the Quality of Behavioural Health Care.  Psychiatr Serv. 1999;  50 1571-1576
  • 06 Kahila K . Klikku N . Kaltiala-Heino R . Psychiatric treatment and research unit for aldolescent intensive care: the first aldolescent forensic psychiatric service in Finland.  J Psychiatr Ment Health Nurs. 2004;  11 240-244
  • 07 Simon H, van der Gathen A. Das große Handbuch der Strategieinstrumente: Alle Werkzeuge für eine erfolgreiche Unternehmensführung. Campus Verlag, 2002. 
  • 08 Elgeti H . Dialoge - Daten - Diskurse: Zur Qualitätsentwicklung im Sozialpsychiatrischen Verbund.  Sozialpsychiatrische Informationen. 2003;  33 24-29
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