Geburtshilfe Frauenheilkd 2008; 68(1): 21-22
DOI: 10.1055/s-2007-989470
Nachruf

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Prof. Dr. Dr. h. c. Josef Zander - Nachruf

19. 06. 1918 - 01. 12. 2007M. Kaufmann, J. Baltzer
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Publication Date:
28 January 2008 (online)

Mit Josef Zander haben wir einen kritischen Forscher, zugewandten Lehrer, engagierten Kliniker und verlässlichen Freund verloren ([Abb. 1]).

Abb. 1 Prof. Dr. med. Dr. med. h. c. Josef Zander.

Prof. Zander gehörte zu den ersten deutschen Wissenschaftlern in der Medizin, dem es gelang, nach Jahren der Isolation wieder internationale Kontakte, basierend auf gegenseitigem Vertrauen, aufzubauen. Ihm kam die kompromisslose Haltung in den Jahren der Verdunklung zugute. Von entscheidender Bedeutung war ein USA-Forschungsaufenthalt im Department of Biochemistry der University of Utah bei Prof. Dr. L. T. Samuels von 1956 - 1957. Die dort erarbeiteten Forschungsergebnisse waren Thema seiner Habilitation „Progesteron in menschlichem Blut und Gewebe“ 1955 in Köln.

Auch anlässlich gemeinsamer Kongressreisen zur angesehenen Society of Pelvic Surgeons war beeindruckend, welche Achtung, Wertschätzung und Freundschaft Josef Zander von den amerikanischen bzw. internationalen Kollegen entgegengebracht wurde. Sein Urteil und seine Bewertung von Entwicklungen in der Medizin wurden äußerst geschätzt.

Von 1964 - 1969 war er Direktor der Universitätsfrauenklinik Heidelberg, Schwerpunkt waren damals endokrinologische Forschungen im neu geschaffenen Labor, sowie wegweisende Anregungen zu Untersuchungen der Pathologie der Blutgerinnung, insbesondere in Zusammenhang mit dem septischem Abort und der weitere Ausbau des histomorphologischen Labors.

1969 erhielt er den Ruf auf den Lehrstuhl für Geburtshilfe und Gynäkologie an der 1. Frauenklinik und Hebammenschule der Universität München. 1970 - 1986 war er Direktor dieser Klinik. Die genannten Schwerpunkte wurden auch in München fortgesetzt. Entscheidend waren seine richtungweisenden Impulse zu einer tumorangepassten Krebschirurgie „so radikal wie notwendig, so schonend wie möglich“.

Seine Überlegungen zu einer individualisierten Tumorchirurgie haben auch heute noch Gültigkeit. Beginnend mit der Aufstellung der Hypothese einer eingeschränkten individualisierten Operation wurde diese zunächst durch den Operationssitus und dann durch die Ergebnisse der feingeweblichen Untersuchung der Operationspräparate überprüft. Die endgültige Überprüfung bzw. Bestätigung der Eingangshypothese erfolgte durch die lückenlose Ermittlung des weiteren Verlaufs einschließlich der Überlebensraten der Patientinnen.

Gleiche qualitätssichernde Maßnahmen wurden auch für die Perinatologie erarbeitet, ausgehend von den regelmäßigen Perinatalkolloquien der Klinik wurde diese Systematik auf München bzw. Bayern übertragen.

Es resultierte letztendlich die bundesweite Perinatalstatistik.

Ein besonderes Anliegen Zanders war, dass diese Ergebnisse auch Eingang in den klinischen Alltag fanden. In intensiven Gesprächen mit seinen Patientinnen ging er in der Beratung und Begleitung auf die individuellen Probleme des jeweiligen Krankheitsbildes bzw. seiner Patientin und ihrer Angehörigen ein. Seinem kompetenten und persönlichen Rat sind die ihm anvertrauten Patientinnen gern gefolgt.

Er war begeisterter und die Studenten begeisternder Lehrer. Seine Vorlesungen, die er bis auf wenige Ausnahmen persönlich in didaktisch geschickter Weise abhielt, waren Magnet für die Heidelberger und Münchner Studenten. Seine Erfahrungen sind in zahlreichen Publikationen, Büchern und Handbüchern festgehalten. Generationen von jungen Kolleginnen und Kollegen haben ihr Wissen in Gynäkologie und Geburtshilfe aus diesen Publikationen bezogen.

Von besonderer Bedeutung war für Zander die Vermittlung von Wissen aus der Forschung für die Praxis im Rahmen seiner langjährigen Tätigkeit als verantwortlicher Schriftleiter der „Geburtshilfe und Frauenheilkunde“. Sein verehrter Lehrer Carl Kaufmann hatte bedeutenden Einfluss auf die Entwicklung des Faches durch seine über Jahrzehnte aktive Tätigkeit in der Schriftleitung. Er hatte die Zeitschrift mit begründet und war der Zeitschrift etwa 40 Jahre treu geblieben. Es war stets ein besonderes Anliegen von Josef Zander, gemeinsam mit Kurt Holzmann diese Arbeit engagiert und gewissenhaft fortzusetzen. Jedes Manuskript dürfte durch seine Hand gegangen sein, er wusste sehr wohl, welche Verantwortung gegenüber Autoren, Lesern und Verlag zu übernehmen war. Diese Verantwortung hat er mit großem Engagement, aber auch kompromisslos getragen. Seine Tätigkeit hatte bedeutenden Einfluss auf die wissenschaftlichen Veröffentlichungen in Gynäkologie und Geburtshilfe. Er hat „seiner GebFra“ als unbestechlicher kritischer und kluger Ratgeber darüber hinaus zu hohem internationalen Ansehen verholfen.

Charakteristisch für Prof. Zander war, dass er allen jenen, die sich zu seinen Schülern zählen durften, höchstes Interesse an ihrer wissenschaftlichen, beruflichen und persönlichen Entwicklung entgegengebracht hat sowie stete Freundschaft und Treue bewahrte.

Er hat selber einmal geschrieben, dass auch die bedeutendsten Leistungen in der Wissenschaft über kurz oder lang Geschichte sein werden, „das was bleibt, sind die Maßstäbe, an denen unser Denken und Handeln in der Gegenwart zu messen ist, sei es im Beruf, sei es in der ärztlichen Tätigkeit oder in der Wissenschaft“.

Prof. Josef Zander hat durch sein Wirken solche Maßstäbe mit hohem Anspruch gesetzt, Schriftleitung und Herausgeber verneigen sich vor dem Lebenswerk von Prof. Zander in Dankbarkeit und großer Trauer. Wir haben einen großartigen liebenswerten Freund verloren und gedenken seiner, indem wir sein Werk fortsetzen. Er wird uns unvergessen bleiben.

Im Namen der Herausgeber

Prof. Dr. Dr. h. c. Manfred Kaufmann

Prof. Dr. Jörg Baltzer

Prof. Dr. med. J. Baltzer

Jentgesallee 72

47799 Krefeld

Email: prof.baltzer@the-krefelder.de

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