Psychiatr Prax 2007; 34: S242
DOI: 10.1055/s-2007-970994
Grußwort
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Grußwort der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und Nervenheilkunde e. V. (DGPPN) anlässlich des Europäischen Depressionstages 2006

Words of Welcome of the German Society of Psychiatry, Psychotherapy and Neurology e. V. (DGPPN) on the Occasion of the European Depression Day 2006Manfred  Wolfersdorf
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Publication Date:
20 November 2007 (online)

Sehr geehrter Herr Prof. Emrich,

sehr geehrter Herr Prof. Dietrich,

sehr geehrte, liebe Kolleginnen und Kollegen,

sehr geehrte Gäste,

anlässlich des diesjährigen Europäischen Depressionstages haben Sie unsere wissenschaftliche Fachgesellschaft um ein Grußwort gebeten. Im Namen des Vorstandes der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und Nervenheilkunde (DGPPN) darf ich die besten Grüße ausrichten und ein gutes Gelingen des diesjährigen Europäischen Depressionstages wünschen. Lassen Sie mich dazu ein paar Stichworte aufgreifen.

Die Depression gilt als die häufigste psychische Erkrankung in der Allgemeinbevölkerung. Diese Erkenntnis in den letzten zehn Jahren ist zwischenzeitlich auch in der Gesundheitspolitik in Deutschland und in Europa angekommen. So hat der Sachverständigenrat für die Konzertierte Aktion im Gesundheitswesen in seinem Gutachten von 2000/2001 „Bedarfsgerechtigkeit und Wirtschaftlichkeit” in Band III „Über-, Unter- und Fehlversorgung” depressive Störungen angeführt und damit erstmals seit seinem Bestehen eine psychische Erkrankung in den Fokus der Aufmerksamkeit gerückt. Vorausgingen die Studie von Murray und Lopez (1996) zu „The Global Burden of Disease”, in welcher die unipolare Depression eine zu vorderst führende Rolle hinsichtlich der dadurch bedingten Behinderung einnimmt. Ähnliches hat der World Health Report 2001 „Mental Health: New Understanding, New Hope” (WHO Genf 2001) mit seinem Hinweis auf die unipolare Depression als weltweit führender Ursache der durch Behinderung beeinträchtigten Lebensjahre genannt. Das im Oktober 2005 von der EU-Kommission für Gesundheit den Ländern vorgelegte „Greenbook” zielt auf die Prävention dreier Störungsbilder in der EU ab, auf die Prävention von Drogenmissbrauch, die Reduzierung der Suizidmortalität und die Verhütung depressiver Erkrankungen. Auch in Deutschland haben sich gesundheitspolitisch initiierte Arbeitgruppen (www.gesundheitsziele.de) bzw. die in der Psychiatrie und Psychotherapie/Psychosomatik tätigen Fachgesellschaften mit dem Thema Depression und Depressionsbehandlung in Form der Entwicklung von Leitlinien auseinandergesetzt.

Der Bundes-Gesundheitssurvey von 1998 (Wittchen und Jacobi 2001) hat eine 1-Jahres-Prävalenz für psychische Störungen in Deutschland von 31,1 % berichtet (Frauen 37 %, Männer 25,3 %). 8,3 % beträgt die 1-Jahres-Prävalenz für unipolare Depressionen, 4,5 % für die Dysthymia und 1,3 % für bipolare affektive Erkrankungen. Depressiv Kranke und deren Behandlung gilt inzwischen als ein berufsgruppenübergreifendes Thema, in welches Fachärzte für Psychiatrie und Psychotherapie/Nervenärzte, Ärztliche und Psychologische Psychotherapeuten, Allgemeinärzte sowie Fachärzte unterschiedlicher Profession eingebunden sind. In psychosomatischen Reha-Kliniken stellen depressiv Kranke über 50 % der dortigen Patienten, in den Fachkliniken für Psychiatrie und Psychotherapie beträgt der Anteil depressiv kranker Menschen heute zwischen 15 - 25 % und hat den Anteil der klassisch psychosekranken Menschen aus der Gruppe der Schizophrenien F2 überholt.

Die heutigen Behandlungsansätze für depressiv kranke Menschen und bei der Depression als Erkrankung umfassen vier Säulen: biologische Behandlung, psychologisch-psychotherapeutische Behandlungsansätze, soziotherapeutisch-sozialpsychiatrische sowie Selbsthilfekonzepte. Der Selbsthilfeansatz unter Einbeziehung der Betroffenen und Angehörigen gehört zu den jüngsten therapeutischen Entwicklungen des letzten Jahrzehnts für depressiv kranke Menschen in Deutschland.

Fassen wir zusammen: Die Depression ist die häufigste psychische Erkrankung in der Allgemeinbevölkerung; in ihren schweren Ausprägungen wird sie im stationären Bereich behandelt, wo es in den letzten drei Jahrzehnten auch deutliche Entwicklungen hinsichtlich spezifischer Therapieangebote (z. B. Depressionsstationen; stationäre Behandlungsmodule für depressiv Kranke) gab, sie ist die Erkrankung mit der höchsten Suizidmortalität, mit Behinderungsgefahr im Sinne von Arbeits- und Leistungsunfähigkeit, anderseits ist die Depression aber diejenige Erkrankung, bei der uns heute bei rechtzeitigem Erkennen und fachlich adäquatem Behandeln gute Möglichkeiten mit hoffnungsvollen Perspektiven auch für den Langzeitverlauf zur Verfügung stehen.

Ich darf noch einmal die besten Grüße der DGPPN ausrichten und wünsche der Veranstaltung einen intensiven und interessanten Verlauf.

Prof. Dr. med. Dr. h. c. Manfred Wolfersdorf

Sprecher Arbeitskreis Depressionsstationen, ehemals Mitglied des Vorstandes der DGPPN

Prof. Dr. med. Manfred Wolfersdorf

Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik, Bezirkskrankenhaus Bayreuth

Nordring 2

95445 Bayreuth

Email: manfred.wolfersdorf@bezirkskrankenhaus-bayreuth.de

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