Z Geburtshilfe Neonatol 2006; 210(5): 157-163
DOI: 10.1055/s-2006-951738
Editorial und Übersicht
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Die medikamentöse Geburtseinleitung - mehr als nur eine Entscheidung des Geburtshelfers?

Drug-Induce Labour - More than just a Decision by the Obstetrician?W. Rath1
  • 1Universitäts-Frauenklinik für Gynäkologie und Geburtshilfe, Aachen
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Publication History

Eingereicht: 21.9.2006

Angenommen: 26.9.2006

Publication Date:
13 November 2006 (online)

Zusammenfassung

Die Geburtseinleitung ist eine der häufigsten geburtshilflich indizierten Maßnahmen. Durch sie soll ein für Mutter und Kind besseres perinatales Ergebnis erreicht werden als durch eine abwartende Haltung, darüber hinaus soll die Geburtseinleitung eine vaginale Geburt ermöglichen und die Schwangere nicht mit dem Trauma eines Kaiserschnitts belasten.

Die Geburtshilfe steht heute in einem Spannungsfeld zwischen medizinischer Indikation, Wunsch der Schwangeren in Anerkennung ihres Selbstbestimmungsrechtes, den gesicherten Erkenntnissen aus der evidence based medicine und anderen paramedizinischen Einflussfaktoren. Aus klinischer Sicht des Geburtshelfers ist die individuelle geburtshilfliche Situation richtungsweisend, die die Dynamik der zugrunde liegenden Pathologie, deren Therapierbarkeit, einleitungsspezifische Risiken und den Erfolg auf eine vaginale Geburt zu berücksichtigen hat. Dabei gilt: je elektiver die Geburtseinleitung, um so mehr besteht das Mitspracherecht der Schwangeren und um so umfangreicher muss das Aufklärungsgespräch über Nutzen und Risiken der Geburtseinleitung sein. Bisherige Ergebnisse zu den häufigsten Indikationen der Geburtseinleitung weisen eine geringe Evidenzstärke auf. Dies gilt insbesondere auch für das immer häufiger werdende Problem der Geburtseinleitung nach vorausgegangenem Kaiserschnitt. Nach Auffassung des Autors sollte der Geburtshelfer seine klinische Erfahrung und Expertise (im Sinne der good clinical practice) in die risikoadaptierte Entscheidung zur Geburtseinleitung einbringen, insbesondere auch nach vorausgegangener Sectio, und nicht a priori einem „trendy - Cäsarismus” nachgeben, damit die Geburtshilfe als individuelle Kunst und Können des Geburtshelfers und nicht als ausschließlich „chirurgische Leistung” künftigen Generationen als verantwortungsvolle Säule der Frauenheilkunde erhalten bleibt.

Abstract

The induction of labour ist the most frequently indicated measure in obstetrics. In this way a better perinatal result for both mother and infant should be expected than from a wait-and-see policy. In addition, the induction of labour should make vaginal delivery possible and thus spare the mother from the trauma of a Caesarean section. Today obstetrics is positioned in a field of tension between medical indications, the maternal wish for recognition of her sovereign right of decision, confirmed knowledge from evidence-based medicine and other paramedical influences. From the point of view of the clinical obstetrician the individual medical situation is all important, whereby the dynamics of the primary pathology, possibilities for its treatment, particular risks of induction of labour, and the success of a vaginal delivery have to be taken into consideration. A main principle is the more elective ist the induction of labour the more comprehensively must the patient be informed about the risks and benefits of the procedure. Current results about the most frequent indications for the induction of labour reveal a low strength of evidence. This is particularly valid for the increasingly more frequent problem of induction of labour after a previous Caesarean section. In the author's opinion the obstetrician should employ all his/her clinical skill and experience (in the sense of good clinical practice) in the risk-adapted decision making with regard to the induction of labour, especially in cases of pervious Caesarean operations and not - a priori - follow the mode to ”trendy Caesareanism”. In this way, obstetrics will remain a domain demanding individual skill and ability from the future generations of responsible obstetrician and will not degenerate to solely a ”surgical performance”.

Dr. med. Univ.-Prof. W. Rath

Direktor der Universitäts-Frauenklinik für Gynäkologie und Geburtshilfe

Pauwelsstraße 30

52074 Aachen

Email: wrath@ukaachen.de

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