Psychiatr Prax 2007; 34(4): 188-193
DOI: 10.1055/s-2006-940060
Psychiatriegeschichte
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Die Möbius-Stiftung - Eine Quellenstudie zur Geschichte der psychiatrischen und neurologischen Forschungsförderung

The Möbius-Foundation - A Source-Based Study in the History of Promoting Psychiatric and Neurological ResearchUlrich  Rottleb1 , Holger  Steinberg1
  • 1Archiv für Leipziger Psychiatriegeschichte an der Klinik und Poliklinik für Psychiatrie, Universität Leipzig
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Publication Date:
07 December 2006 (online)

Zusammenfassung

Um dauerhaft an den Neurologen und Psychiater Möbius zu erinnern und um beiden Disziplinen eine Fördermöglichkeit zu eröffnen, wurde 1908 die Möbius-Stiftung gegründet. Gemäß ihrer Satzung honorierte sie die Leistungen u. a. von Alzheimer, Kraepelin, Nonne, C. und O. Vogt oder Foerster. Innerhalb beider Fachgesellschaften erlangte die Stiftung deutschlandweite Bedeutung, wenngleich sie infolge der Inflation ab 1923 zur Inaktivität verurteilt war. Ihre Geschichte spiegelt exemplarisch die Umbrüche in Deutschland und der deutschen Psychiatrie in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts wider.

Abstract

The Möbius-Foundation was founded on the initiative of some co-workers and friends of Leipzig neurologist and psychiatrist Paul Julius Möbius, who had died in 1907. Their aim was to venerate the memory of Möbius and to gather support for his and their subjects. After a starting phase of structuring and consolidating, the „Möbius-Foundation” began, according to its statute, to honour achievements in the fields of neurology and psychiatry. The foundation gained reputation throughout Germany in both of these fields. Among the prizewinners of the „Möbius-Award” were Alois Alzheimer, Emil Kraepelin, Max Nonne, Cécile and Oskar Vogt, or Otfrid Foerster. The inflation of 1923 immensely reduced the capital stock of the foundation, sentencing it to inactivity. Until 1938 Johannes Bresler tried to revive the „Möbius-Foundation”. Later, the foundation was absorded by the GDNP (Society of German Neurologists and Psychiatrists). However, due to the outbreak of WW II in 1939, the foundation was not able to take up its work again. The history of the foundation mirrors en miniature both the social changes in Germany and German psychiatry in the first half of the twentieth century.

Literatur

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  • 11 Stadtarchiv Leipzig. Bestand: Stiftungsamt, Kapitelakten 36 M Nr. 41 Bd. 1 (= I), Bd. 2 (= II). 
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  • 14 Anonymus . Deutsche Goldschmiedearbeiten auf der Brüsseler Weltausstellung.  Dtsch Goldschmiede Z. 1910;  13 350-354
  • 15 Bresler J. Erster Bericht der Möbius-Stiftung.  Psychiatr Neurol Wschrft. 1908/09;  10 129-132
  • 16 Bresler J, Lehmann G, Edinger L. Zweiter Bericht der Möbius-Stiftung.  Psychiatr Neurol Wschrft. 1912/13;  14 497-500
  • 17 Möbius P J. Ueber die Veredelung des menschlichen Geschlechts. Neurologische Beiträge. Heft 5. Leipzig; Barth 1898: 130-152
  • 18 Bresler J. Über die Veredelung des menschlichen Geschlechts von P. J. Möbius nebst Anhang: Geisteskrankheit und Verbrechen bei Juden. Kreuzburg; Selbstverlag 1933

1 Max Lange (1868 - 1943), Bildhauer und Medailleur; lebte seit etwa 1900 in Leipzig, war Assistent am Pathologischen Institut der Universität und Lehrer für Plastische Anatomie an der Leipziger Akademie. 1909 wurde er Professor, als Künstler war er Autodidakt.

2 Klinke legte 1914 im Karger Verlag Berlin sogar eine ganze Monografie „Die operativen Erfolge bei der Behandlung des Morbus Basedowii” vor.

3 „Die Wirkungen kleiner Mengen Alkohol”; „Betrachtungen über geistige Prophylaxe”; „Kommunismus als Wahn und Verbrechen”; „Das Christentum als Religion der unbedingten Freiheit” (alle 1926); Armin Steyerthal: „Was ist Hysterie?” (1927); „Die deutsche Gemüts- und Nervenheilkunde und der preußische Ministerialerlaß betr. ,Polizeiliche Unterbringung Geisteskranker in öffentlichen Heil- und Pflegeanstalten.‘ Vom 21.1.1932” (1932); „Über die Veredelung des menschlichen Geschlechts von P. J. Möbius nebst Anhang: Geisteskrankheit und Verbrechen bei Juden” (1933); „Asphalt und Psychiatrie. Eine Erinnerung”; „Die zehn wichtigsten Kulturaufgaben der Anstalten für Geisteskranke” (beide 1935).

4 Anfrage vom 7.11.1934: „Der Reichsausschuß für Volksgesundheit ist im Auftrage des Herren Reichsminister des Inneren auf dem Gebiete der Bevölkerungspolitik, insbesondere der Erb- und Rassenkunde, Erb- und Rassenpflege, tätig. Wir beobachten auch laufend das auf dem Gebiete der Bevölkerungspolitik erscheinende Schrifttum; dazu gehört auch eine Stellungnahme zu den früher erschienenen Veröffentlichungen auf diesem Gebiete” ([11], I, S. 329).

5 Deutsche Forschungsanstalt für Psychiatrie der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft in München, heute Max-Planck-Institut für Psychiatrie.

Ulrich Rottleb

Archiv für Leipziger Psychiatriegeschichte, Klinik und Poliklinik für Psychiatrie

Johannisallee 20

04317 Leipzig

Email: holger.steinberg@uniklinik-leipzig.de

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