Zentralbl Chir 2005; 130(6): 503-504
DOI: 10.1055/s-2005-918160
Laudatio

© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Laudatio anlässlich des 90. Geburtstags von Prof. Dr. A. Schmauss

To the 90th Birthday of Prof. Dr. A. SchmaussH. Wolff1
  • 1Rapsweg 26, 12683 Berlin
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Publication Date:
29 December 2005 (online)

Prof. Dr. Albert Schmauss (Abb. [1]) wurde in Viechtach/Niederbayern geboren, hier verbrachte er seine Kindheit, besuchte in Passau das Gymnasium und nahm nach erfolgreichem Abitur 1933 das Studium der Medizin in München auf. In den klinischen Vorlesungen beeindruckte Magnus als eloquenter Redner den cand. med. Schmauss sehr, während Lexer ihm als der große Fachmann in Erinnerung blieb. Nach dem Staatsexamen folgte schon am 1. August 1939 die Einberufung zu einer Gebirgsjägerformation der Wehrmacht. Bei den Feldzügen in Frankreich und Russland, im ärztlichen Dienst als Unterarzt später als Stabsarzt eingesetzt, lernte der junge Arzt schon bald die Brutalität des Krieges und das damit verbundene Elend kennen.

Abb. 1

1945 nach Viechtach zurückgekehrt und nach einer zweijährigen Tätigkeit als Assistenzarzt im Heimatkrankenhaus, begann er 1948 mit der chirurgischen Ausbildung bei Hasslinger in Potsdam, die er dann ab 1950 an der Charité fortsetzte. Bis 1962 war dann die Chirurgische Universitätsklinik der Charité bei Felix der chirurgische Weiterbildungsort und sein wissenschaftliches Betätigungsfeld, wo auch 1951 die Promotion und 1959 die Habilitation erfolgte. Sein großes Organisationstalent zeigte sich schon als Assistenzarzt. Im Auftrag von Felix organisierte er 1952 die II. und 1954 die III. Tagung der Chirurgen der DDR in Berlin, was in diesen Jahren wohl mit der Überwindung von großen Schwierigkeiten in der zerstörten Stadt - Ostberlin - verbunden war. 1962 ging Schmauss nach Greifswald und übernahm die Leitung der Chirurgischen Poliklinik an der Universitätsklinik Greifswald. Doch schon 1963 wurde er als Chefarzt an das Krankenhaus im Friedrichshain in Berlin berufen als Nachfolger von Kirsch, der an die Medizinische Akademie nach Dresden wechselte.

Dieses Klinikum im Friedrichshain war das bekannteste und bestens ausgerüstete städtische Krankenhaus in Ostberlin. Bis zu seinem altersbedingten Ausscheiden 1981 war die Chirurgische Klinik nicht nur seine treu umsorgte Arbeitsstätte, hier fanden auch sein fachliches Können und seine wissenschaftliche Tätigkeit ihre Erfüllung. Es entstand eine moderne chirurgische Behandlungsstätte, die sich in der Akut- und Viszeralchirurgie auszeichnete und ein Zentrum für schwere chirurgische Infektionen war. Als Lehrkrankenhaus der Charité wurden die Aufgaben der studentischen Ausbildung ebenso vorbildlich wahrgenommen wie die chirurgische Weiterbildung. Eine große Zahl hier ausgebildeter Chirurgen nahmen, verstreut in ganz Deutschland, leitende Positionen ein und sind bis heute ihrem Chef verbunden und dankbar.

Diese rein klinische Tätigkeit als Arzt und Operateur und auch als Lehrer der Assistenten war nur eine Seite der Persönlichkeit, die andere offenbarte einen weltoffenen und hilfsbereiten Menschen. Die Aufenthalte in Belgisch-Kongo im Auftrag der WHO, dann in China und Kambodscha, aber vor allem die Arbeit in Vietnam, sprechen für sein großes Solidaritätsverständnis. In Vietnam, in diesem leidgeprüften Land, hat er von 1956 bis 1958 den Aufbau der Chirurgischen Universitätsklinik Hanoi und des Vietnamesisch-Deutschen Krankenhauses in Hanoi entscheidend mitgestaltet und miteingerichtet. Immer wieder wurde der Jubilar nach Vietnam - insgesamt wohl 14-mal - gerufen. Die damit verbundenen Belastungen wurden nicht gescheut, es war für ihn eine Selbstverständlichkeit diesem durch Krieg geschundenen Volk uneigennützig zu helfen. Eine enge Freundschaft blieb bis heute erhalten.

Und ein Drittes ist hervorzuheben; sein Engagement für die Fortentwicklung der Chirurgie im Allgemeinen und Speziellen. So hat sich Schmauss mit Beginn der 50er-Jahre unermüdlich dafür eingesetzt, die Chirurgie in der DDR voranzubringen, in Weiter- und Fortbildungsfragen, in Fragen der Spezialisierung, des Krankenhausbaus, der Ausstattung und vieles andere mehr. Durch sein offenes Wort an jeder Stelle und sein fachliches Gewicht hat er sich Gehör verschafft, ohne Aufgabe eigener Prinzipien. So wollte man in den 70er-Jahren durch zentrale Vorgaben die poliklinischen Einrichtungen von den stationären abkoppeln und verselbständigen. Unter seiner Regie wurde dieser Abtrennung entgegen getreten und es wurde erreicht, dass die funktionelle Einheit bestehen blieb. Heute in ganz Deutschland steht diese funktionelle Verflechtung von ambulanter und stationärer Chirurgie seit 10 Jahren auf der Tagesordnung. Auch sein Eintreten für eine disziplinierte Facharztausbildung, bei hohen fachlichen Ansprüchen, die er in den Facharztprüfungen durchsetzte, hat mit dazu beigetragen, dass das fachliche Niveau der Chirurgie einen vergleichbaren Standard erreichte, der bis heute nicht geleugnet werden kann.

Schmauss gehörte 1963 dem Gründungskomitee der Sektion Chirurgie der späteren Chirurgischen Gesellschaft der DDR an, zusammen mit den Professoren Matthes, Kirsch und Becker. Die Gründung einer eigenen Chirurgischen Gesellschaft war in den Jahren des kalten Krieges eine Voraussetzung für die Aufnahme innerdeutscher und internationaler fachlicher Beziehungen. Es galt der Gefahr einer Isolierung entgegenzuwirken und den wissenschaftlichen Austausch zu erhalten. Die Schaffung von Sektionen, Arbeitsgemeinschaften u. a. m. diente der fachlichen Fort- und Weiterbildung und war Ausdruck eines wissenschaftlichen Lebens, dadurch konnte der Fortschritt in der Chirurgie gewährleistet werden. In diesem Kontext ist auch seine erfolgreiche Teilhabe an der Aufnahme der Chirurgischen Gesellschaft der DDR in die Societé internationale zu sehen. Schmauss selbst ist Ehren- bzw. korrespondierendes Mitglied mehrerer nationaler und internationaler wissenschaftlicher Gesellschaften. Er war Schatzmeister seit der Gründung der Chirurgischen Gesellschaft der DDR, Vorstandsmitglied und Vorsitzender 1974/1975. Er ist Ehrenmitglied auch der Chirurgischen Gesellschaft Berlins. Er hat 12 Jahre das Zentralblatt für Chirurgie als Mitglied des Beirates erfolgreich mitgestaltet, über 150 wissenschaftliche Arbeiten publiziert, über 100 Vorträge gehalten und war mit Beiträgen an verschiedenen Fachbüchern beteiligt. Hauptarbeitsgebiete waren die Infektion - besonders Arbeiten auf dem Gebiet des Gasbrandes und Begutachtungsfragen - auch viele Anregungen zur Geschichte der Chirurgie haben wir durch ihn erfahren.

Durch sein fachliches Können, durch seine Wissenschaftlichkeit und durch sein großes Engagement als Arzt hat Schmauss die Internationalität unseres Faches vorgelebt und eine leistungsfähige Chirurgie für die Menschen in dem durch den Krieg abgetrennten Teil Deutschlands mitgestaltet, dafür verdient er hohe Anerkennung und unsere besten Wünsche begleiten ihn auch weiterhin.

Prof. Dr. med. Dr. h. c. H. Wolff

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