Krankenhauspsychiatrie 2005; 16(4): 168-173
DOI: 10.1055/s-2005-870937
Originalarbeit
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Zur Entwicklung der stationären Krankenhauspsychiatrie in Niedersachsen nach der Psychiatrie-Enquête

Development of Hospital Psychiatry in Lower Saxony (Germany) 29 Years after the Psychiatric Reform of 1975A.  Thiel1
  • 1Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Diakoniekrankenhaus Rotenburg
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Publication Date:
02 January 2006 (online)

Zusammenfassung

Anliegen: Die Arbeit untersucht die Entwicklung der Krankenhauspsychiatrie in Niedersachsen 30 Jahre nach der Psychiatrie-Enquête von 1975. Methode: Die Krankenhauspläne des Landes Niedersachsen und andere Dokumente wurden für den Zeitraum von 1985 - 2005 ausgewertet. Ergebnisse: In den 26 Jahren von 1978 - 2005 sank in Niedersachsen die Zahl der im Krankenhausplan des Landes ausgewiesenen geförderten Krankenhausbetten aller Fachbereiche um etwa 29 % von 61 628 auf 44 022. Im Gebiet Psychiatrie vollzog sich dieser Bettenabbau stärker als in den anderen Fächern. Hier sank allein seit 1985 die Zahl der psychiatrischen Betten um 37 %. Heute verteilen sich in Niedersachsen 4618 psychiatrische Betten auf 29 Kliniken. Die mittlere Bettenziffer (BZ) liegt damit bei 5,8 Betten pro 10 000 Einwohner. Die BZ der Kliniken mit Versorgungsauftrag schwanken ganz erheblich zwischen minimal 2,6 und maximal 12,5 Betten pro 10 000 Einwohner. Seit 1985 sind in Niedersachsen sieben zusätzliche psychiatrische Abteilungen an Allgemeinkrankenhäusern eröffnet worden, die allerdings deutlich geringere BZ als die meisten der älteren Fachkrankenhäuser haben. Schlussfolgerungen: Nach der Psychiatrie-Enquête ist mit der Eröffnung zusätzlicher psychiatrischer Abteilungen an Allgemeinkrankenhäusern die gemeindenahe Versorgung psychisch Kranker in vielen Gebieten verbessert worden. Die zu geringen BZ dieser jüngeren Abteilungen erschweren jedoch die Versorgung der Patienten und die Entwicklung moderner psychiatrischer und psychotherapeutischer Behandlungsangebote erheblich. Die Fortschreibung der Krankenhausplanung sollte sich an einer landesweit ausgewogenen Ressourcenverteilung zwischen den verschiedenen Kliniken orientieren und die weitere Verbesserung der Gemeindenähe fördern.

Abstract

Objective: The present study examines the development in Lower Saxony (Germany) three decades after the Psychiatric Reform of 1975. Methods: Several documents of the state of Lower Saxony were analysed concerning hospital planning and availability of psychiatric beds from 1985 to 2005. Results: Since 1985 the number of psychiatric beds fell by 37 % to 4618 in Lower Saxony. This means an availability of 5.8 psychiatric beds per 10,000 population. The availability of beds ranges from a low of 2.6 to a high of 12.5 beds per 10 000 population. Since 1985 seven psychiatric departments in general hospitals have been opened. These newer psychiatric departments have significantly fewer beds than most older psychiatric hospitals. Conclusions: The opening of seven new psychiatric departments in general hospitals meets the requirement of the Psychiatric Reform to improve psychiatric care in the community. However, the availability of beds shows significant differences between psychiatric hospitals and psychiatric departments in general hospitals.

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PD Dr. Andreas Thiel

Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie · Diakoniekrankenhaus Rotenburg

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