Gesundheitswesen 2005; 67 - 68
DOI: 10.1055/s-2005-865590

Bedeutung und Effekte der Gruppenprophylaxe aus fachlicher Sicht

J Einwag 1
  • 1Stuttgart

Erkrankungen der Zähne haben viele Namen: Karies, Gingivitis, Parodontitis, Erosionen, Abrasionen, Rezessionen usw. Sie galten bis vor kurzer Zeit als – für den Großteil der Bevölkerung – unvermeidlich. Karies und „Parodontose“ waren Schicksal, Zahnverlust im Alter war die Regel, nicht die Ausnahme.

Heute wissen es nicht nur die Fachleute – auch die Laien sehen, spüren, schmecken, erfahren es am eigenen Leibe:

„Zahngesundheit für alle ist prinzipiell möglich und auch konkret machbar – Zahnerkrankungen sind weitgehend vermeidbar oder zumindest kontrollierbar.“

Die Schlüsselworte heißen: Konsequente häusliche Prophylaxe („Oral Self Care“) und regelmäßige Inanspruchnahme risikorientierter professioneller Unterstützung („Professionelle Prävention“)!

Das Verhalten des Patienten wie auch die Verhältnisse in der Mundhöhle müssen bei der Planung und Umsetzung der individuell optimalen Prophylaxemaßnahmen berücksichtigt werden. Im Extremfall eines extrem motivierten Patienten mit idealen Verhältnissen kann dies bedeuten, dass sich die professionelle Betreuung weitgehend in der regelmäßigen Kontrolle der Gebissentwicklung erschöpft; ältere bettlägerige oder behinderte Patienten sind demgegenüber jedoch nahezu 100% auf professionelle Hilfe angewiesen.

Der Großteil der Patienten ist auf 2–4mal jährliche Unterstützung durch den Fachmann/die Fachfrau angewiesen.

Diese Grund-Erkenntnisse müssen von frühester Jugend an vermittelt werden. Nur so ist das Ziel lebenslanger Zahngesundheit zu realisieren.

Der Gruppenprophylaxe kommt in diesem Zusammenhang eine besondere Bedeutung zu. Im Rahmen der Gruppenprophylaxe wird eine soziale Norm etabliert bzw.(falls bereits im Elternhaus etabliert) verstärkt!

Spielerisch (im Kindergarten und der Schule) und informell (z.B. an Elternabenden) wird klargemacht, dass „im Jahre 2004 das karies- und gingivitisfreie Gebiss die normale Situation in der Mundhöhle eines Kindergarten – und Schulkindes darstellt.“ Zusätzlich wird sozial erwünschtes Verhalten eingefahren: „tägliche Mundhygiene ist selbstverständlich“.

Vereinfacht ausgedrückt beantwortet Gruppenprophylaxe somit die Frage nach dem „Warum“ („Weil es alle tun“, „weil man das so macht“).

Damit stellt Gruppenprophylaxe eine wichtige Voraussetzung für eine erfolgreiche Individualprophylaxe dar: Diese baut auf dem in der Gruppenprophylaxe vermittelten Grundkonsens („Prophylaxe macht Sinn“) auf. Die Schwerpunkte der Individualprophylaxe (Beantwortung der Frage nach dem Wie“ und „Womit“) können dann umso leichter vermittelt werden.