Gesundheitswesen 2005; 67(2): 101-106
DOI: 10.1055/s-2005-857880
Originalarbeit

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Was sagen uns Wiedereinweisungen über die Qualität der stationären Versorgung?

What do we Conclude from Re-Admissions on Quality of Inpatient Care?E. Swart1
  • 1Institut für Sozialmedizin und Gesundheitsökonomie, Medizinische Fakultät der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg
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Publication Date:
03 March 2005 (online)

Zusammenfassung

Das Augenmerk der Qualitätssicherung liegt zunehmend auf der Darstellung und Bewertung der Ergebnisqualität. Im Bereich der stationären Versorgung ergibt sich dabei das Problem, die Ergebnisqualität auch für die Zeit nach der Entlassung abzubilden. Die Häufigkeit von Wiedereinweisungen ist in diesem Zusammenhang ein häufig diskutierter Outcomeparameter. Doch können uns Wiedereinweisungen aussagefähige Hinweise auf die Versorgungsqualität geben, und welche Daten liefern dazu ggf. valide Informationen? Verwendet werden fallbezogene GKV-Routinedaten der AOK Sachsen-Anhalt nach § 301 SGB V aus den Jahren 2002 und 2003. Über eine pseudonymisierte KV-Nummer lassen sich alle Krankenhausaufenthalte eines Versicherten identifizieren und Wiederaufnahmen analysieren, unabhängig vom aufnehmenden Krankenhaus. Wiederaufnahmen sind ein häufig anzutreffendes Ereignis. Jeder Dritte der 2003 einmal stationär behandelten Patienten wurde im gleichen Jahr mindestens ein weiteres Mal wiederaufgenommen. Fast jeder fünfte Krankenhausfall (18 %) betrifft eine Wiedereinweisung innerhalb von 30 Tagen. Diese konzentrieren sich auf chronisch kranke, multimorbide und Krebspatienten. Darunter sind viele Patienten zu finden, die im Zuge festgelegter Therapien und Nachsorgen geplant wiederaufgenommen werden. Bei bestimmten Krankheiten wie Alkoholabhängigkeit deuten „Drehtürpatienten” mit häufigen Wiederaufnahmen auf Probleme im Zusammenspiel ambulanter und stationärer Angebote hin. Bei einer genauen Definition von Indexereignissen und nachfolgenden stationären Aufenthalten mit spezifischen Diagnosen und Eingriffen erweisen sich ungeplante Wiedereinweisungen als potenziell geeignete Qualitätsindikatoren. Wiedereinweisungen umfassen einen beträchtlichen Teil aller Krankenhausfälle und sind nicht grundsätzlich Ausdruck unzureichender Versorgungsqualität. Bei Beachtung methodischer und datentechnischer Aspekte ergeben sich bei tracerbezogener Definition spezifischer Ereignisse Hinweise auf die Qualität der stationären Versorgung. GKV-Prozessdaten können diese spezifischen Qualitätsindikatoren flächendeckend und einrichtungsübergreifend bereitstellen. Der hier vorgestellte Ansatz bedarf weiterer Validierung.

Abstract

Quality assurance in hospital care increasingly focusses on evaluation of outcome. Problems arise with displaying results of medical care beyond discharge. In this context hospital readmissions are often used as outcome variable. But it is unclear whether readmissions are meaningful indices of quality of hospital care and if so, where to get valid data on readmissions. We used claims data of the regional health insurance fund in Saxony-Anhalt (AOK Saxony-Anhalt) from 2002 and 2003 (850,000 insurees; nearly 300,000 cases per year). All hospital admissions of a insured person are identified by an anonymized id-number independent of the admitting hospital. By this way we can analyze readmissions individually. Readmission are frequent events in hospital care. Nearly one third of all patients were admitted at least a second time in 2003. 18 % of all hospital cases are readmissions within 30 days after discharge. Readmissions concentrated on chronical ill, oncological, or multimorbid patients. Many of the readmissions take place in the context of planned therapies or post-operative treatment. ‘Revolving-door patients’ with multiple readmissions point to problems in cooperation of ambulatory and hospital care. By defining tracer diagnoses and specific causes of redmissions unplanned readmissions may be identified as a quality indicator of suboptimal care. Readmissions don’t express suboptimal care per se. But taking into account methodological aspects a tracer approach with defining specific unplanned readmissions may provide meaningful outcome indicators. These can be derived from claims data fast, routinely, and with low costs. Further validation of the approach is needed.

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7 Die QSR-Steuergruppe besteht aus: Wolfgang Krahwinkel, Sabine Maria List, Thomas Mansky, Oda Rink-Brüne, Dieter Waldmann, Josef Zacher (HELIOS Kliniken GmbH); Jürgen Lütticke, Wulf-Dietrich Leber (AOK-Bundesverband); Christian Günster, Günther Heller, Henner Schellschmidt (Wissenschaftliches Institut der AOK); Bernt-Peter Robra, Enno Swart (Forschungs- und Entwicklungsinstitut für das Sozial- u. Gesundheitswesen Sachsen-Anhalt).

Dr. Enno Swart

Institut für Sozialmedizin und Gesundheitsökonomie, Medizinische Fakultät der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg

Leipziger Straße 44

39120 Magdeburg

Email: enno.swart@medizin.uni-magdeburg.de

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