Gesundheitswesen 2004; 66(3): 196-201
DOI: 10.1055/s-2004-813032
Originalarbeit

© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

ENfants - Verbesserung der Prävention und Frühförderung bei Kindern mit Verhaltens- und Entwicklungsstörungen im Ennepe-Ruhr-Kreis

Children: Improving Prevention and Early Advancement in Children with Disturbed Behaviour and Development in the Ennepe-Ruhr DistrictH. J Boschek1 , C. König1 , K. J. Kügler1
  • 1Kreisgesundheitsamt Ennepe-Ruhr (Leiter: Dr. med. Dipl.-Phys. H. J. Boschek)
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Publication Date:
15 April 2004 (online)

Zusammenfassung

Entwicklungsstörungen im Kindes- und Jugendalter sind ein wichtiges Public-Health-Problem, weil sie ein höheres Risiko für geringeren Erfolg in Schule und Beruf, für Probleme bei der sozialen Anpassung und für die seelische Gesundheit im späteren Leben darstellen. Das Kreisgesundheitsamt Ennepe-Ruhr entwickelt in Zusammenarbeit mit den örtlichen Sozial- und Jugendhilfeträgern ein Gesundheitsförderungsprogramm für Kinder und Jugendliche. Ein wichtiges Motiv für die Städte sind die kontinuierlich steigenden Kosten für Eingliederungshilfen. Zum Programm gehört eine Mütterberatung für Babys und Kleinkinder mit exzessiven Schrei-, Schlaf- und Angststörungen. Die frühe Intervention führt schnell zu Entlastung der Familien, der frühzeitigen Identifikation von Problemkindern und der Entwicklung elterlicher Ressourcen. Ein zentraler Programmteil ist ein Qualitätssicherungskonzept für die Frühförderung im Vorschulalter (§ 39 BSHG). Erste Ergebnisse zeigen, dass Frühfördermaßnahmen bislang relativ spät eingeleitet werden und Kooperation bzw. Hilfeplanung nicht immer optimal sind. Trotz erster Fortschritte gibt es noch kein systematisches Controlling der Effekte von Frühfördermaßnahmen. Die Public-Health-Forschung liefert Argumente für frühe Interventionen im Kindesalter. Diese verbessern die gesundheitlichen und sozialen Perspektiven, vor allem für Kinder aus Risikofamilien (Kinder von Alleinerziehenden, Familien mit Migrationshintergrund, Sozialhilfebezieher). Die Gesundheitsförderung für Kinder unter besonderer Berücksichtigung der Unterstützung der frühkindlichen Entwicklung und der sozialen Integration sollte ein prioritäres Ziel der kommunalen Gesundheitspolitik sein. Es gibt Hinweise, dass Maßnahmen diese auch positive finanzielle Resultate für die Gesellschaft erreichen können.

Abstract

Developmental behavioural disorders in early childhood are a serious public health problem, because they signify a higher risk of social, regulatory and emotional impairment in later life. The public health office in Ennepe-Ruhr develops in cooperation with the communities a programme of health promotion for children and their families. An important motive is continually rising costs for supporting children with developmental problems. An element in the programme is a project of counselling mothers with babies and toddlers with excessive crying, serious sleep disorders and anxiety problems. This example of early intervention promises short-term relief, early identification of problem children and the strengthening of parental resources. A key issue is the introduction of a systematic evaluation of all communal funding for measures of support for preschool children. It shows that such measures start relatively late, and the coordination at community level is not always optimal. Some progress has been made, but criteria to measure the efficiency of current health promotion are still lacking. According to public health research early intervention for risk groups (single mothers, migrant families or families depending on public assistance) promises to give children and their families a better social and health perspective in life. It should be a primary health target for communities to develop evidence-based health programmes for children, focussing on mental and social well-being. Studies indicate that such interventions might have positive financial results.

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Dr. med. Dipl.-Phys. H. J. Boschek

Kreisgesundheitsamt Ennepe-Ruhr

Hauptstr. 92

58332 Schwelm

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