Psychiatr Prax 2003; 30: 41-44
DOI: 10.1055/s-2003-38551
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Das Recht des Klienten in der Gerontopsychiatrie auf ein eigenes, individuelles Weltbild. Wie können wir Betreuer lernen, dieses mit ihnen zu teilen?

The Right of the Old-Age-Psychiatric Client to his Own Individual View of the World - How Can We, the Persons Taking Care of them, Learn to Share this?Gunvor  Sramek1
  • 1Validation Training Institute, Wien/Österreich
Further Information

Publication History

Publication Date:
11 April 2003 (online)

Zusammenfassung

„Validation” nach Naomi Feil [1] ist der Name einer weltweit verbreiteten und anerkannten Methode für einen wertschätzenden Umgang mit hochbetagten Menschen. Validation beruht auf allgemein gültigen humanistischen Prinzipien. Man sieht hier den Menschen immer als ein individuelles Wesen mit einem guten Grund für sein jetziges Verhalten an. Das gilt sowohl für „noch orientierte” wie für „nicht orientierte” Menschen. Es gilt die unterschiedlichen Verhaltensweisen in verschiedenen Phasen der Desorientierung zu erkennen und zu kategorisieren. Wir sprechen hier von körperlichen und psychologischen Charakteristika der vier Phasen der Desorientierung. Zielgruppe sind Menschen, die gerade noch orientiert sind; die aber ihre jetzige Situation verleugnen und dadurch auffällig reagieren. Anschließend kommt die Gruppe der zeit- und ortsverwirrten Menschen. Später folgt die Gruppe der Menschen, die sich nur mehr nonverbal, über wiederholende Bewegungen ausdrücken können. Die letzte Gruppe sind Menschen, die regungslos vor sich dahinvegetierten. Parallel dazu gibt es jeweils dazupassende verbale und nonverbale Techniken, die für einen möglichst sinnvollen und wertschätzenden Umgang mit diesen alten Menschen benützt werden können. Die alten Menschen werden nicht korrigiert und nicht an der Realität orientiert, sondern in ihrer Welt begleitet. Wir nennen das: „In den Schuhen der anderen Person gehen”. Es gilt hier die Gefühlswelt ernst zu nehmen und mit dem anderen zu teilen. Wir geben dabei keine Stellungnahme ab, urteilen nicht und geben auch keine vorschnellen Lösungen an. Wir sind ehrlich und benützen keine gut gemeinten Lügen. Das Ziel dieser Validationsanwendungen ist einerseits eine Erleichterung und Verbesserung der Arbeitssituation der Angehörigen und Betreuer dieser alten Menschen; andererseits eine spür- und messbare Steigerung des Wohlbefindens und der Lebensqualität der hochbetagten Menschen.

Abstract

„Validation” after Naomi Feil is the name of a method which is used and recognized the world over as an appreciative way of dealing with the highly aged. Validation is based on universally valid humanist principles. A person is viewed as an individual being having a good reason for his current behavior. This is true for „still oriented” as well as for „ non-oriented ” persons. It is necessary to recognize and categorize the different behavioral patterns in the various phases of disorientation. Here we speak of the physical and psychological characteristics of the four phases of disorientation. The target group is persons who are just still oriented, but deny their current situation and thus react peculiarly. The next group is the time and place disoriented persons. Subsequently the group of persons who can express themselves solely by nonverbal means, i. e. repetitive movements, follows. The last group is motionless persons who simply vegetate. In addition, there are suitable verbal and nonverbal techniques that can be used in a most sensible and appreciative way of dealing with these highly aged. The aged persons are not corrected and not oriented according to reality, but are escorted in their world. We call this: „walking in the shoes of the other person”. It is necessary to take emotions seriously and to share them with others. We do not take position, we do not judge and we also do not offer hasty solutions. We are honest and do not use well-meant lies. The goal of applying validation is on the one hand the relief and improvement of the work situation of family and the people taking care of these aged persons, and on the other hand a noticeable and measurable increase of these highly aged persons welfare and quality of life.

Literatur

  • 1 Naomi Feil. Valrelation in Anwendung und Beispielen. Reinhardts Gerontologische Reihe 2001

Dipl.-VTI Gunvor Sramek

Gesellschaft zur Förderung seelischer Gesundheit

Hasnerplatz 4

8010 Graz · Österreich

    >